Die zweite Staffel um das einstige Waisenkind Anne, ist eine gelungene Fortsetzung, die neben den kleinen und grossen Problemen des Älterwerdens, auch vor wichtigen gesellschaftlichen Themen nicht scheut. Wieder nimmt uns der aufgeweckte Rotschopf mit in ihre Welt, inmitten des kalten Kanadas zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Und wieder zeigt Anne, wie viel Schönheit auch hinter den scheinbar schlechten und kaputten Dingen stecken kann und welch Freude Grosszügigkeit und Aufgeschlossenheit bereiten können. Eine wirklich wertvolle Serie, deren Inhalt leider auch Bezug in der heutigen Zeit findet.
Die Geschichte beginnt, wo die erste Staffel endete. Die Cuthberts sind in finanzielle Nöte geraten und müssen Untermieter auf Green Gables aufzunehmen. Dass diese zwei Männer keine rechtschaffenden Menschen, sondern gewalttätige Verbrecher sind, weiss jedoch nur der Zuschauer. Marilla, Matthew und Anne führen ihren Alltag aus Arbeit, Schule und Familienleben. Letztere lässt sich dabei von ihrer Kreativität und Intellekt zu Tagträumen hinreissen und versucht sich, ihre Zukunft auszumalen, wobei sie sich von gängigen Konventionen nicht einschränken lässt. Die Nebenhandlung begleitet Gilbert Blythe, seines Zeichens Annes Freund und Rivale gleichermassen, auf seiner Reise auf einem Schiff als Kohlearbeiter. Dort lernt er Bash kennen, der in Trinidad aufwuchs, wo seine Familie einst als Sklaven arbeiteten. Es entsteht eine Freundschaft zwischen ihnen und beide zeigen einander, eine Welt die ihnen vorher fremd war.
Eine gelungene Fortsetzung
Eine gelungene Fortsetzung, die neben den kleinen und großen Problemen des Älterwerdens, auch nicht vor wichtigen gesellschaftlichen Themen scheut. Denn welch wahre Tragik «Anne with an E» offenbart, liegt abseits von vergleichbaren Coming-of-Age-Formaten. Obwohl die Serie vor 110 Jahren spielt, sind die Themen noch immer allgegenwärtig. So behandelt die zweite Staffel dieser CBC-Produktion neben der Rolle einer Frau zu Beginn des 20. Jahrhunderts, auch die Themen Homosexualität und Rassismus auf gekonnte Art und Weise. So sieht sich nicht nur Bash, in dessen Heimat die Sklaverei zwar theoretisch abgeschafft wurde, praktisch aber immer noch existiert, mit einer Welt konfrontiert, in der es keinen Platz für ihn zu geben scheint. Und auch die jungen Heranwachsenden müssen erkennen, dass Erwachsene nicht unfehlbar sind und sie für ihr Glück meist allein verantwortlich sind.
Neben der bekannten Hauptbesetzung von Amybeth McNulty, Lucas Jade Zumann und Geraldine James, kann auch die Verstärkung des Casts überzeugen. Cory Grüter-Andrew, der Annes sensiblen Klassenkameraden Cole Mackenzie darstellt, ist ebenso bereichernd, wie Dalmar Abuzeid als Sebastian «Bash» Lacroix.
Moira Walley-Beckett hat auch in der zweiten Staffel ein detailreiches Gesamtkunstwerk erschaffen, das ebenso verzaubernd wie lehrreich ist.
Es ist ein rothaariges Mädchen, dass heute, genau wie noch vor über einem Jahrhundert, versucht uns den Wert von Freundlichkeit und Grosszügigkeit zu zeigen. Der aufgeweckte Rotschopf überzeugt abermals mit beachtlichem Einfühlungsvermögen, mehr als nur einer kleinen Prise Theatralik und herzlicher Ehrlichkeit.
Ja, Anne sieht die Welt auf andere Weise als die meisten Anderen. Doch sieht sie sie wohl einfach als das was sie ist: ein Ort voll Schönheit, Wunder und Träume.
Die vorerst ersten beiden Staffeln sind auf Netflix zu sehen.
Trailer- und Bildquelle: https://www.netflix.com und www.cbc.ca
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