Im Laufe dreier immer besser werdenden Staffeln etablierte sich die animierte Netflix-Sitcom «BoJack Horseman» als eine der witzigsten und erwachsensten Serien im US-Fernsehen. Mit Staffel vier, die seit dem 8. September gestreamt werden kann, haben sich Series Creator Raphael Bob-Waksberg und Chef-Animatorin Lisa Hanawalt einmal mehr selbst übertroffen.
ACHTUNG: Dieser Artikel ist zwar überwiegend spoilerfrei, erwähnt aber in groben Zügen einige Handlungsstränge der vierten Staffel von «BoJack Horseman».
Wer schon einmal versucht hat, jemandem «BoJack Horseman» zu empfehlen, wird wissen, dass dies kein einfaches Unterfangen ist. Wo soll man nur beginnen? Dass die Serie in einer Welt spielt, wo Menschen und anthropomorphe Tiere miteinander leben? Dass als Hauptschauplatz die oberflächliche Glitzerwelt von Hollywoo – das ‹d› ging in der ersten Staffel verloren – dient? Dass der Titel gebende Protagonist ein gut 50-jähriges Pferd ist – grossartig gesprochen vom «Arrested Development»-Veteranen Will Arnett, der auch dem Lego-Batman seine Stimme leiht? Dass der konstant genervte BoJack Anfang der Neunzigerjahre als Star der Familien-Sitcom «Horsin‘ Around» unermesslich reich wurde, seit dem Ende dieses Karriereabschnitts aber an Depressionen leidet und im Alkohol- und Drogensumpf versinkt? Oder dass die Serie neben ihrem satirischen Biss vor allem mit kreativem Wortwitz und im Hintergrund versteckten Gags Lacher erzeugt?
Und wenn man das alles einmal losgeworden ist, gilt es, die letzte Herausforderung zu meistern: Man muss das angehende Publikum davon überzeugen, dass «BoJack Horseman» – bei aller Freude am Absurden, bei allem Sarkasmus – so menschlich, so einfühlsam und so existenziell ist wie kaum eine andere Fernsehserie derzeit. Ein Umstand, der sich, ganz im Sinne des staffelübergreifenden Humorkonzepts, wohl am besten mit folgendem Tweet zusammenfassen lässt:
Me: I like the funny horse cartoon
Bojack: you inherit your parents‘ trauma but you will never fully understand it
Me: haha the cops a cat
— minor dilficulties (@ruff_bluffs) September 10, 2017
Die Kreation von Raphael Bob-Waksberg und Lisa Hanawalt ist ungemein unterhaltsam, oft urkomisch, doch in fast jeder Episode schwingt – auch dank ausgezeichnet konzipierter und entwickelter Figuren – eine unermessliche Tragik mit. Die vierte Staffel ist keine Ausnahme – im Gegenteil.
Sie beginnt, wo die bislang letzte Folge aufgehört hat: mit BoJacks Flucht aus Hollywoo. Entsprechend fehlt er in der Staffelpremiere, die sich ganz der Politik widmet: BoJacks Freund Mr. Peanutbutter (Paul F. Tompkins), der allseits beliebte Hundeschauspieler und einstige Star eines «Horsin‘ Around»-Abklatsches, startet, angestachelt von Lobbyisten und seiner Ex-Frau Katrina (Lake Bell), eine populistische Kampagne, um den seriös arbeitenden Woodchuck Coodchuck-Berkowitz (Andre Braugher) als Gouverneur von Kalifornien abzulösen.
Dieser Handlungsstrang, in dessen Verlauf ein Skirennen, Schauspielerin Jessica Biel und ein Murmeltier mit Krebsscheren überraschend grosse Rollen spielen, ist eine ebenso offenkundige wie willkommene Reaktion der Autoren auf die US-Präsidentschaftswahl 2016. In den Episoden ‹See Mr. Peanutbutter Run› (Episode 1), ‹Commence Fracking› (E4) und ‹Underground› (E7) wird auf wunderbar abseitige, aber nichtsdestoweniger äusserst treffende Weise erkundet, wie Anti-Intellektualismus und das verführerische Versprechen von Volksnähe eine zielgerichtete amerikanische Politik praktisch unmöglich gemacht haben.
Es wäre sehr einfach gewesen, diesen Effekt mit einem simplen Donald-Trump-Verschnitt zu erzielen. Die Trump-Rolle stattdessen mit dem herzensguten – wenngleich naiven – Mr. Peanutbutter zu besetzen, unterstreicht sehr schön, dass die Probleme der modernen US-Politik weit über einen rassistischen und sexistischen Präsidenten hinausgehen.
Zu diesem Subtext trägt auch einer der Nebenplots um Diane Nguyen (Alison Brie), Mr. Peanutbutters Ehefrau und BoJacks ehemalige Ghostwriterin, bei. Diese avanciert zu einer prominenten Gegnerin von Mr. Peanutbutters politischen Positionen und wird in ‹Thoughts and Prayers› (E5) dank ihrer Arbeit als Kolumnistin bei einem pop-feministischen Online-Magazin unverhofft zu einer Advokatin für Waffenrechte. Zwar gehört die Episode nicht zu den absoluten Höhepunkten der Staffel, doch ihre fast schon entnervten Seitenhiebe gegen patriarchalische Privilegien dürften so mancher Zuschauerin aus dem Herzen sprechen – sei es Fernsehmoderator A Ryan Seacrest Types «I am totally unqualified to cover a news story this important, but as a straight white male, I will plow forward with confidence and assume I’m doing fine» oder Dianes resignierte Feststellung, «that this country hates women more than it loves guns».
Doch es ist nicht die politische Satire, die «BoJack Horseman» definiert. Auch die kürzlich ausgestrahlte «Rick and Morty»-Episode ‹The Ricklantis Mixup› hatte viel über Populismus und unterdrückerische Privileg-Strukturen zu sagen. Nein, was diese Serie zu einem derart einzigartigen Phänomen macht, ist, wie sie ihre Figuren entwickelt, wie sie deren Beziehungen ausleuchtet, wie sie mit den unzähligen Formen von Trauma umgeht, denen diese Charaktere ausgesetzt sind.
Das kann mitunter zu anrührenden, kathartischen Momenten führen. So erlaubt sich etwa Todd Chavez (der wie gewohnt brillante Aaron Paul), einst BoJacks arbeitsloser Mitbewohner, jetzt Mr. Peanutbutters Geschäftspartner und Mädchen für alles, endlich, sein Leben wenigstens ein bisschen nach seinen Bedürfnissen zu gestalten. Nachdem er drei Staffeln lang nur den anderen Figuren behilflich war – wofür ihm kaum je gedankt wurde –, entscheidet er sich in der herausragenden Folge ‹Hooray! Todd Episode!› (E3) für ein Privatleben: Er beginnt, zu seiner Asexualität zu stehen, und bemüht sich, diesen Aspekt seines Lebens auszuloten. Seine Besuche in der ‹Ace›-Gruppe gehören nicht nur zu den erfreulichsten Szenen der ganzen Staffel; sie gewähren einer sozial und kulturell marginalisierten Gruppe die ihr zustehende Repräsentierung.
Düsterer zu und her geht es zwischen Mr. Peanutbutter und Diane, die im Zuge seiner Gouverneurskampagne ihre Beziehung neu bewerten müssen. Das hängt auch damit zusammen, dass Diane, insbesondere in ‹Underground›, mit einer neuen Form jener Selbstzweifel zu kämpfen hat, die in der zweiten Staffel ein Hauptmotiv waren: Sie fragt sich, ob sie mit ihrem privilegierten Leben überhaupt unzufrieden sein darf; ob sie die fast bedingungslose, aber nicht selten unpassend zur Schau gestellte Liebe Mr. Peanutbutters wirklich verdient.
Es ist keine kategorische Absage an Romantik – ja, nicht einmal an die Tiefe der Gefühle, die sie und Mr. Peanutbutter füreinander hegen. Vielmehr ist die Aussprache der beiden gegen Ende des Staffelfinales eine Erinnerung daran, dass es die perfekte, niemals getrübte Beziehung des Hollywoo-Ideals – die Art Beziehung, die Todd mit der Schauspielerin Courtney Portnoy (Sharon Horgan) den Paparazzi vorspielen muss – schlicht nicht gibt. Dass auch in diie Liebe Zeit und Arbeit investiert werden muss.
Das spüren auch Princess Carolyn (Amy Sedaris), BoJacks Ex-Freundin und sporadische Managerin, und ihr Partner Ralph Stilton (Raúl Esparza), die sich in der vierten Staffel ihren Kinderwunsch zu erfüllen versuchen. Dies spielt sich zunächst im Hintergund von ‹Commence Fracking› und ‹The Judge› (E8) – wie ‹Thoughts and Prayers› eine solide, aber nicht herausragende Episode – ab, bevor Princess Carolyn in ‹Ruthie› (E9) ihren Moment im Rampenlicht bekommt. Es sind bittersüsse, melancholische – und grossartige – 25 Minuten über die Geschichten, die man sich erzählt, um in seinem Leben einen Sinn oder mindestens eine Richtung zu finden. Sie mögen nicht immer echt sein, aber: «It makes me feel better.»
Und damit wären wir bei BoJack angelangt, der hier in vielerlei Hinsicht alle diese Ansätze – den steinigen Weg zur Selbstakzeptanz, die Notwendigkeit, über Probleme zu reden, das Narrativ, das man sich aus dem eigenen Leben webt – in sich vereint und eine weitere Dimension hinzufügt: den langen Schatten des familiären Einflusses. Denn die vierte Staffel liefert einen grossen Teil der Antwort auf die Frage, wie BoJack zu dem misanthropischen, unsicheren, beziehungsscheuen, sich selbst hassenden Wrack wurde, das sich Ende der letzten Staffel in seinen Tesla setzte und in die Wüste fuhr.
Zu den sanften Klängen von Americas Soft-Rock-Hit «A Horse with No Name», hier interpretiert von Michelle Branch und Patrick Carney, fährt BoJack in ‹The Old Sugarman Place› (E2) quer durch die Wüste und weiter in Richtung Osten, nach Michigan («Where families used to vacation before the popularization of air travel to more exciting places!»).
«I’ve been through the desert on a horse with no name / It felt good to be out of the rain / In the desert you can remember your name / Cause there ain’t no-one for to give you no pain», singt Branch, Americas Worte wie massgeschneidert für den Moment: Wann immer BoJack in Hollywoo erkannt wird, kennen ihn die Menschen nicht beim Namen, sondern nur als «the horse from ‹Horsin‘ Around›». Auch sein üblicher Voicemail-Gruss – «It’s BoJack. Horseman. Obviously» – impliziert eine tief sitzende Angst vor dem Vergessenwerden.
In Michigan angekommen, verschanzt sich BoJack monatelang im alten Sommerhaus seiner verstorbenen Grosseltern, den reichen Sugarmans. Seine einzige Bezugsperson, ganz dem Liedtext entsprechend («The first thing I met was a fly with a buzz»), in dieser Zeit ist sein Nachbar, die verwitwete Fliege Eddie (Colman Domingo), die schwer an ihrem eigenen Trauma zu tragen hat.
Diese Staffel mag keine aus dem Rest hervorstechende Konzept-Episode enthalten wie die wortlose Unterwasser-Folge ‹Fish Out of Water› in der dritten Staffel – für viele das bisherige Highlight der ganzen Serie. Doch ‹The Old Sugarman Place› kommt einer derartigen ‹Clou-Episode› schon ziemlich nahe. Denn während BoJack in der leer stehenden Sugarman-Bruchbude seine Gedanken sortiert, wird immer wieder in die Vergangenheit zurückgeblendet – als das Haus noch in perfektem Zustand war und die Pferde darin noch ein einigermassen glückliches Leben führten.
So lernt das Publikum die Sugarmans kennen: den zeitgemäss sexistischen Patriarchen Joseph (Matthew Broderick), seine Ehefrau Honey (Jane Krakowski mit einer Tour de force) und deren zwei Kinder, Crackerjack (Lin-Manuel Miranda) und die kleine Beatrice (Wendie Malick), BoJacks Mutter. Wie genau in diesem Familienleben die Risse entstanden sind, die auch 70 Jahre später und Tausende von Kilometern entfernt noch zu spüren sind, soll jede Person für sich selbst herausfinden können. Für den Moment genügt es zu sagen, dass Beatrice im Haus, in dem sich BoJack vor der Welt versteckt, Vorstellungen von Liebe und dem Umgang mit schwierigen Gefühlen eingetrichtert bekam, die sie denkbar schlecht darauf vorbereiteten, eine fürsorgliche Mutter zu sein. So viel sei verraten: ‹The Old Sugarman Place› ist nicht nur ein Meisterwerk einer Episode – sie ist womöglich das traurigste Stück Animations-Fernsehen seit «Futurama» in ‹Jurassic Bark› (2002) die Geschichte von Frys altem Hund erzählte.
Am Ende der Folge kehrt BoJack schliesslich nach Hollywoo zurück, wo ihn prompt eine neue Herausforderung erwartet: Der Pferde-Teenager Hollyhock Manheim-Mannheim-Guerrero-Robinson-Zilberschlag-Hsung-Fonzerelli-McQuack (grossartig: Aparna Nancherla) – sie wurde von acht polyamorös-schwulen Männern adoptiert – steht bei ihm vor der Haustür, voller Überzeugung, dass er ihr biologischer Vater ist.
Doch davon scheint BoJack noch am wenigsten schockiert zu sein. Was ihn gänzlich aus der Fassung bringt, ist, dass es Hollyhock gut zu gehen scheint – scheinbar ein Unikum in der Familie Horseman. Sie ist intelligent, fröhlich, fühlt sich wohl in ihrem den strengen Schönheitsstandards Hollywoos nicht entsprechenden Körper und wehrt jeden Versuch BoJacks, Verantwortung für sie zu übernehmen, entschieden ab: «I have eight dads. I don’t need another one.»
Hollyhock ist denn auch der Grund für einen radikalen Schritt in BoJacks Leben: Er bemüht sich, seiner potenziellen Tochter zuliebe, mit der demenzkranken Beatrice, die er aus tiefstem Herzen hasst und die ihn plötzlich für ihr altes Hausmädchen Henrietta hält, in regelmässigeren Kontakt zu treten.
Diese Neuausrichtung dient einer weiteren aussergewöhnlichen Episode, ‹Stupid Piece of Sh*t› (E6), als Prämisse – gewissermassen die Umkehr des ‹Fish Out of Water›-Konzepts: BoJacks innerer, ihn permanent beschimpfender Monolog wird hörbar gemacht, seine inneren Konflikte visualisiert durch grobe Karikaturen der Protagonisten. Es ist ein herzzerreissender Blick ins Innere einer Figur, die wir ohnehin bereits intimer zu kennen glauben als viele andere Fernsehcharaktere. ‹Stupid Piece of Sh*t› macht BoJacks äusserste Schicht – sein feindseliges, zynisches Verhalten – transparent und enthüllt eine von Unsicherheiten und Angstzuständen zerfressene Person, die sich selber immer noch als hilfloses Kind in einer Welt sieht, in der alles in seiner Verantwortung liegt – und somit alles, was schief läuft, seine Schuld ist.
Zurück zu verfolgen, woher diese Gedanken kommen, ist das grosse Projekte dieser Staffel, und dieses findet im dritten Teil der Schlüsselepisoden-Trilogie ihren dramatischen Höhepunkt: Auf ‹The Old Sugarman Place› und ‹Stupid Piece of Sh*t› folgt ‹Time’s Arrow› (E11), das erschütterndste Stück Animations-Fernsehen seit, nun ja, ‹The Old Sugarman Place›.
Benannt nach dem Sugarman-Familienmotto – «Time’s arrow marches forward» –, erzählt die Episode, wie Beatrice zu jener herrischen, kalten und unnachgiebigen Mutter wurde, der BoJack einen Lebensabend im billigsten, deprimierendsten Altersheim von Hollywoo wünscht. Sie erzählt, wie die junge Millionenerbin Beatrice, frustriert mit dem starren Traditionssinn ihres Vaters, mit dem angehenden Schriftsteller Butterscotch Horseman (wie BoJack gesprochen von Will Arnett) durchbrennt. Sie erzählt in Schwindel erregenden Zeitsprüngen und Parallelmontagen von der Vererbbarkeit von toxischem Verhalten.
«Time’s arrow neither stands still nor reverses. It merely marches forward.» Das mag an sich stimmen, doch wie so oft ist die Realität komplexer als alte Sprichwörter. BoJack ist das Produkt der Erziehung von Beatrice und Butterscotch. Beatrice ist das Produkt der Erziehung von Honey und – vor allem – Joseph. Und obwohl wir es nicht explizit zu Gesicht bekommen, ist die Stossrichtung klar: Auch Joseph war das Produkt der Erziehung seiner Eltern. Und so weiter und so fort. Verzerrte Vorstellungen von Liebe und Zuneigung, ein vorbelastetes Verständnis davon, wie die Welt funktioniert – sie ziehen sich durch die Generationen hindurch. Sie prägen Beziehungen, Attitüden, Verhaltensmuster. Wie hiess es im eingangs zitierten Tweet so schön? «You inherit your parents‘ trauma but you will never fully understand it.»
Und genau darum kann die Wichtigkeit von offener Kommunikation nicht stark genug betont werden. Der Welt mit emotionalem Ballast entgegenzutreten, ohne diesen Ballast richtig einordnen zu können, ist die Condition humaine – doch es hilft, offen über die Wunden zu reden, die diese hinterlässt. BoJack hätte es verdient, in einem liebenden Umfeld über seine komplizierten Gefühle sprechen zu dürfen, ohne eingeredet zu bekommen, dass dieses Verlangen ein Zeichen von charakterlicher Schwäche ist. Beatrice hätte es verdient, dasselbe zu tun, ohne belehrt zu werden, dass dies ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt mindert. Honey hätte es verdient, ihr Trauma zu verarbeiten, ohne zu einer Last für die Familie erklärt zu werden.
Das ist die Kunst von «BoJack Horseman». Die Serie vereint subtile, hochintelligente, bis ins kleinste Detail konzipierte, zutiefst bewegend vorgetragene Gedanken über Depression und den immer noch starken gesellschaftlichen Reflex, sich über das Auseinandersetzen mit den eigenen Gefühlen lustig zu machen, mit einem Nebenplot über Todd, der eine Horde Clowns zu Zahnärzten umschulen will. Und es funktioniert – ohne dass das Drama die Komödie überschattet – und ohne dass die Komödie das Drama trivialisiert.
Folgerichtig ist nicht ‹Time’s Arrow› das Staffelfinale, sondern ‹What Time Is It Right Now› (E12). Hier werden die Figuren noch einmal zusammengetrommelt; Todds Geschäftsidee entwickelt sich in eine unerwartete Richtung; Mr. Peanutbutter und Diane konfrontieren ihre Probleme; und Princess Carolyn und BoJack sprechen sich auf der Ebene aus, auf der sie sich verstehen – der professionellen: Beide sind bereit, zusammen ein neues Projekt in Angriff nehmen.
Zwar verfügt auch diese Episode über ihre düsteren Seiten, doch insgesamt setzt sie hinter eine oft tragische Staffel einen hoffnungsvollen Punkt. Schon der Titel widersetzt sich der Gnadenlosigkeit der vorhergehenden Folge. Die Zeit mag kalt und gefühllos voranschreiten, doch wie sich dieser ewige, immer gleich getaktete Marsch in Richtung Vergessenheit für das Individuum anfühlt, liegt im Auge des Betrachters. «What time is it right now?» – ein Satz, der vordergründig als Parodie auf Hollywoo(d)s Adaptionswut dient – suggeriert, dass Zeit verhandelbar, das schmerzliche Wissen um ihren Fortgang vernachlässigbar ist.
Auch nach der simplen, zu Tränen rührenden Schlussszene ist BoJack noch eine gebrochene Figur. Seine Probleme werden sich in der fünften Staffel nicht in Luft aufgelöst haben. Sein Verhältnis zu seiner Familie, seiner eigenen Geschichte, bleibt für ihn ebenso zerrüttet wie nebulös. Doch für einen Moment gewähren ihm die Umstände jenes Gefühl, von dem in «A Horse with No Name» die Rede ist: «It felt good to be out of the rain.» Der metaphorische Regen war omnipräsent in dieser schlichtweg grandiosen Staffel – und er wird zurückkehren in diese Ausnahme-Serie. Aber BoJack, bei all seinen Fehlern, hat es verdient, und sei es nur kurz, einmal die Zeit anzuhalten, durchzuatmen und die Sonne zu geniessen.
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Die vierte Staffel «BoJack Horseman» ist seit dem 8. September auf Netflix verfügbar.
Serienfakten: «BoJack Horseman» / Series Creator: Raphael Bob-Waksberg / Mit den Stimmen von: Will Arnett, Alison Brie, Paul F. Tompkins, Amy Sedaris, Aaron Paul, Aparna Nancherla, Wendie Malick, Andre Braugher, Raúl Esparza, Matthew Broderick, Jane Krakowski, Lake Bell, u.v.m. / USA / 12 Episoden à 25 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Netflix
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