Michael Bays «Transformers»-Reihe ist längst zum Synonym für Hollywood-Blockbuster aus der untersten Qualitätsschublade geworden. Gut, haben sich die Macher des Spin-Off-Prequels «Bumblebee» anderswo inspirieren lassen.
Es gibt viele Gründe, warum Michael Bays epische «Transformers»-Materialschlachten – fünf an der Zahl seit 2007 – irritieren: Überlänge, allzu verworrene Geschichten, unübersichtlicher Schnitt, penetrantes Product-Placement, pubertärer Humor, dubiose Frauen- und Minderheitenfiguren. Und dann wäre da noch das kuriose Verhältnis, das der «Armageddon»-Regisseur mit seinem Quellenmaterial pflegt: Mehrfach hat Bay die originalen Transformers-Actionfiguren von Hasbro – die Autos, die sich in Roboter verwandeln – als «kindisch» bezeichnet. Er ist stolz darauf, dem Stoff einen angeblich «erwachsenen» Anstrich verpasst zu haben.
Nicht zuletzt deshalb wirkt «Bumblebee» von Travis Knight («Kubo and the Two Strings») wie ein erfrischendes neues Kapitel im «Transformers»-Kanon. Das Prequel, das davon erzählt, wie der gute Autobot B-127 alias Bumblebee 1987 auf der Flucht vor den bösen Decepticons auf der Erde landet und sich mit dem Teenager Charlie (Hailee Steinfeld) anfreundet, ignoriert Bays ermüdenden Zynismus. Stattdessen orientieren sich Knight und Drehbuchautorin Christina Hodson an Filmen wie Steven Spielbergs «E.T.» (1982) oder Brad Birds «The Iron Giant» (1999), in denen der Kontakt zwischen Mensch und Alien eher emotional-tragikomisch als actionreich dargestellt wird.
«Bumblebee» trägt sein Herz auf der Zunge – und ist somit eine überaus sympathische, wenn auch nicht eben subtile, Hommage an die Sentimentalität gewisser Achtzigerjahre-Klassiker. Die Freundschaft zwischen der introvertierten Charlie und ihrem tollpatschigen Riesenroboter, dem sowohl das US-Militär (darunter der wunderbare John Cena) als auch zwei Decepticons (gesprochen von Angela Bassett und Justin Theroux) auf den Fersen sind, sorgt nicht nur für zahlreiche witzige Momente, sondern berührt auch mit einer Einfühlsamkeit, die nach dem fast schon pathologischen Machismo von Bays Vorgängerfilmen wie ein kleines Wunder wirkt.
«‹Bumblebee› berührt mit einer Einfühlsamkeit, die nach dem pathologischen Machismo von Bays Vorgängerfilmen wie ein kleines Wunder wirkt.»
Dieser Mut zur emotionalen Aufrichtigkeit zahlt sich auch in Knights Actionszenen aus. Gerade die erste Szene – der letzte Widerstand der Autobots gegen das Decepticon-Regime auf dem Transformer-Heimatplaneten – hallt diesbezüglich noch lange nach, da sie eine nahezu perfekte Visualisierung dessen ist, was ein Kind sich vorstellt, wenn es in seinem Zimmer mit seinen Transformers-Figuren spielt: Roboter verwandeln sich blitzschnell in Autos, Flugzeuge und Hubschrauber; sie ringen miteinander, funktionieren Extremitäten zu Schusswaffen um, bewerfen ihre Gegner mit mechanischen Bluthunden, rufen sich kernige Einzeiler zu, die eines Arnold Schwarzenegger würdig wären. Die Szene ist kindlich im besten Sinne – eine elegante Erinnerung, daran, dass die Transformers Spielzeuge sind. Und «Bumblebee» ist der erste Realspielfilm, der sich vor dieser Tatsache nicht zu fürchten scheint.
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Kinostart Deutschschweiz: 20.12.2018
Filmfakten: «Bumblebee» / Regie: Travis Knight / Mit: Hailee Steinfeld, Jorge Lendeborg Jr., John Cena, Angela Bassett, Justin Theroux / USA / 114 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Paramount Pictures
Grosses Kino werden die «Transformers» wohl nie sein. Doch anders als seine Vorgänger glänzt «Bumblebee» mit sympathischen Figuren und emotionaler Aufrichtigkeit.
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