Diagonale Graz: Das sind 5 österreichische Filme, die den zwei Festivalleitern fest am Herzen liegen
Vom 13. – 18. März 2018 werden an der 21. Ausgabe der Diagonale Graz 167 Filme in 142 Vorstellungen über die Leinwand flimmern – dies seit 2015 unter der Leitung der zwei Intendanten des Festivals: Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber. Einen Überblick über das abwechslungsreiche Programm des Festivals des österreichischen Films findet man hier: Diagonale18.
Wir wollten von den Intendanten wissen, welche 5 österreichischen Filme ihnen ganz fest am Herzen liegen. Das sind ihre #MaximumFive:
1. «American Passages» von Ruth Beckermann
Ruth Beckermann ist eine der interessantesten, weil vielseitigsten und pointiertesten Regisseurinnen des österreichischen Kinos. 2016 gewann sie mit ihrer filmischen Adaption des Briefwechsels zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan «Die Geträumten» u.a. den Grossen Diagonale Preis. Sieben Jahr zuvor unternahm sie eine filmische Dérive-Bewegung durch die USA. Entstanden ist ein beeindruckendes Passagen-Werk, das mit der Wahl Barack Obamas zum US-Präsidenten beginnt und am Roulettetisch in Las Vegas endet. Wie bezeichnend, wie aktuell.
2. «NORDRAND» von Barbara Albert
Österreich 1995: Youssou N’Dour und Neneh Cherrys Kultsong „7 Seconds“ verortet Barbara Alberts allerorts gefeiertes und im Wettbewerb von Venedig uraufgeführtes Spielfilmdebüt in seiner Zeit. Jasmin, Tamara, Valentin, Senad und Roman, fünf junge Menschen unterschiedlicher Herkunft streben am Nordrand Wiens nach ihrem individuellen, kurzzeitig auch gemeinsamen Glück. Der Wunsch zu lieben und geliebt zu werden führt sie zumindest für einen Augenblick zueinander – «And when a child is born into this world … It has no concept … Of the tone the skin is living in … It’s not a second … 7 seconds away … Just as long as I stay».
3. «Low Definition Control (Malfunctions #0)» von Michael Palm
Vielleicht der formal und inhaltlich versierteste Essay über unsere Gegenwart im Zeichen der politics of everyday fear, die den öffentlichen Raum zum Risikobereich ausweiten: Überwachungskameras und präventives Sicherheitsdenken lenken Verhalten und (Selbst-)Wahrnehmung – der potentielle Feind scheint überall. Michael Palm folgt einer stetigen Technologisierung des Sehens in Kriminologie, Alltag und Medizin. Zu den Expert/innenanalysen aus dem Off montiert er Super-8-Aufnahmen in Schwarz-Weiss. Zwischen Science und Fiction wird der öffentliche Raum zum dystopischen Tatort – für Unschuldsvermutung bleibt darin kein Platz.
4. «Postadresse: 2640 Schlöglmühl» von Egon Hummer
Ein Zentralwerk des österreichischen Dokumentarfilms – ein Film voll der Traurigkeit und Schönheit. Nachdem die lokale Papierfabrik im niederösterreichischen Schlöglmühl in den 1980er-Jahren schliesst, werden auf einen Schlag rund 300 Angestellte arbeitslos. Egon Humer dokumentiert das aus der Arbeitslosigkeit resultierende Vakuum, das in Melancholie, Alkoholismus, mitunter auch Depression mündet – und damit das Verebben einer einst vitalen Provinz-Gemeinde.
5. «Himmel oder Hölle» von Wolfgang Murnberger
Das autobiografisch gefärbte Frühwerk des österreichischen Erfolgsregisseurs Wolfgang Murnberger erzählt von der Sehnsucht nach dem Kino – und von jener im Kinoraum. Und auch vom kollektiven Voyeurismus und den fantastischen Geschichten – gespeist aus Western und anderen Filmgenres –, die sich über das Leinwandbild spielerisch in das eigene Coming-of-Age übersetzen. Ein Film voller Momente zwischen Kino und Welt, Bildern und Körpern. Und vielleicht der schönste Film über das Aufwachsen am Land – im Dazwischen von Postnazismus, katholischem Mief und globalen, popkulturellen Sujets.
Mehr zu Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber:
Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber haben einander bei der Arbeit auf Filmfestivals kennengelernt. Von 2009 bis 2014 waren die beiden für das Internationale Jugend Medien Festival YOUKI verantwortlich. Seit 2015 leiten Höglinger und Schernhuber die Diagonale, das Festival des österreichischen Films, das alljährlich im Frühling in Graz stattfindet.
Wofür steht #MaximumFive?
Maximum Cinema (MXC) ist ein unabhängiges Schweizer Online Filmmagazin, das rund um das Thema Film, Kino und Serien informiert und inspiriert. Unter #MaximumFive lassen wir Persönlichkeiten oder Unternehmen fünf besondere Filme vorstellen. Filme, die sie inspiriert haben, sie zum Nachdenken, Weinen oder Lachen gebracht haben oder ganz einfach Meisterwerke, die sie unseren Lesern besonders ans Herz legen möchten. Hier gibt es mehr #MaximumFive.
Titelbild: © Miriam Raneburger / Diagonale
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