Wenn der Ehemann betrügt, die Gesundheitsvorsorge zu teuer ist und man im Schuldenberg beinahe versinkt, bleibt nicht viel anderes übrig als einen Kleinladen zu überfallen. Die neue Serie «Good Girls» führt drei Vorstadtfrauen unverhofft in die Spirale der Kleinkriminalität, das auf eine humoristische und doch auch widersprüchliche Art und Weise.
Drei Freundinnen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Ruby (amerikanische Stand-up Comedian Retta) sorgt sich Tag und Nacht um ihre kranke Tochter, die schon bald dem Tod geweiht ist sollte sie die teuren Medikamente nicht erhalten. Vorzeigeehefrau Beth (Christina Hendricks, bekannt als Sekretärin Joan aus «Mad Men») bewältigt ihren Alltag rund um ihre vier Kinder und ihren Ehemann scheinbar mit Links. Beths Schwester Annie (Mae Whitman) zankt sich mit ihrem Ex, um das Sorgerecht ihrer Tochter, die eigentlich lieber ein Junge wäre. Der ganz normale Wahnsinn eben. Bis eines Tages den drei klar wird, dass das Geld wirklich zu knapp ist und es wortwörtlich um Leben und Tod geht. Rubys Tochter braucht dringend die teuren Medikamente. Beth findet raus, dass ihr Ehemann eine Affäre mit seiner Sekretärin führt und einen immensen Schuldenberg angehäuft hat und Annie, die in der Mutter-Tochter Beziehung eher selbst das Kind ist, wird bewusst, dass sie den Rechtsstreit um das Sorgerecht unbedingt gewinnen muss. Die drei Freundinnen sehen keinen anderen Ausweg aus ihrer jeweils verzwickten Situation, als einen Supermarkt zu überfallen. Überraschenderweise gelingt ihnen das mit Erfolg. Doch das ist nur der Anfang und die drei Mütter fallen immer tiefer in die Spirale der Kriminalität.
«We robbed a grocery store and we actually got away with it» «Like some smooth criminals!»
Die neue Serie auf Netflix Schweiz überzeugt vor allem durch Wortwitz und Situationskomik, die nicht selten ernsthaft zum Lachen bringt. Ausserdem überrascht die Serie mit unvorhersehbaren Wendungen, die die drei Figuren immer wieder in Situationen bringt, die den Unterhaltungsgrad von soliden Produktionen absolut gerecht wird. Allerdings vermag sie nicht sich von jeglichen Stereotypen zu lösen und die drei Protagonistinnen erfahren auch nicht wirklich eine Entwicklung. Durch die zehn Episoden hindurch wird schnell klar was hier in Zeiten von #metoo und Feminismus Debatten in Hollywood versucht wird. Leider nicht überzeugend. Oftmals finden sich die Frauen in Situationen wieder, die traditionell und vor allem medienkulturell eher Männern zugeschrieben werden. Wie etwa der Überfall im Supermarkt oder einen Hauseinbruch. Während man das absolut glaubwürdig hätte inszenieren können, müssen sich die drei in der Serie mit einem Youtube-Tutorial abmühen, um herauszufinden, wie man eine Tür aufbricht. Natürlich gibt es auch Szenen, die man wohl als «badass» bezeichnen könnte, doch diese sind so rar gesät, dass keine Figur aus ihrer stereotypischen Rolle auszubrechen vermag. Wie der Titel bereits ankündigt, handelt es sich eben um «Good Girls» und das wollen wir scheinbar auch noch 2018 über unseren Bildschirm flimmern sehen.
Good try, but try better!
Nichtsdestotrotz ist «Good Girls» sehenswert. Einerseits, weil sie doch auch authentische, berührende Momente – zum Beispiel rund um die Mutterliebe – einbaut und auch ernsthaft zum Nachdenken bringt. Andererseits ist die Serie absolut unterhaltend und bringt trotz der widersprüchlichen Inszenierungen zum Lachen. Good try, but try better!
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Regie: Jenna Bans / Darsteller: Christina Hendricks, Retta, Mae Whitman, Matthew Lillard, Reno Wilson, Manny Montana, Lidya Jewett and Isaiah Stannard
«Good Girls» ist auf Netflix Schweiz verfügbar / Trailer- und Bildqellen: Netflix
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