Mit einer herausragenden Juliette Binoche in der Hauptrolle erzählt das episodische Drama «Un beau soleil intérieur» von den Tücken von Beziehungen, Liebe und Verliebtheit.
Gemeinsam mit der Schriftstellerin Christine Angot adaptierte Regisseurin Claire Denis («Chocolat», «White Material») das Buch «Fragments d’un discourse amoureux» (1977) des französischen Philosophen Roland Barthes zu einem lose gestrickten Film über die geschiedene Pariser Künstlerin Isabelle (Juliette Binoche). Diese wandert von einer kurzlebigen Beziehung zur nächsten, mehrfach mit verheirateten Männern – vom unhöflichen Snob (Xavier Beauvois) bis hin zum feinfühlig-exzentrischen Theaterschauspieler (Nicolas Duvauchelle). So richtig erfüllend ist keine dieser Affären, weshalb Isabelle sich zu fragen beginnt, ob sie die Chance auf die grosse Liebe verpasst hat.
Barthes‘ Gedankenfragmente über die Liebe in einen Film zu verwandeln, ist keine leichte Aufgabe, und zu behaupten, Denis und Angot hätten sie mit Bravour gemeistert, wäre zuviel des Guten. «Un beau soleil intérieur» ist ein ansprechendes Porträt über das Sex- und Liebesleben einer Frau Mitte 50, überzeugt aber mehr mit einzelnen Momenten als mit übergreifender Brillanz.
Anders als etwa in Mia Hansen-Løves thematisch vergleichbarem «L’avenir» (2016) läuft hier einiges ins Leere: Während Isabelles Grundsatzdiskussion über die fehlende Substanz einer Beziehung oder ihr Besuch bei einem Seher (unvergesslich: Gérard Depardieu) merklich Spuren hinterlassen – letztere ist eine der besten Szenen überhaupt in diesem Jahr –, scheinen ihre Auseinandersetzung mit ihrem Ex-Mann (Laurent Grévill) oder ihr abenteuerliches Verhältnis mit einem Provinzler (Paul Blain) beinahe nebensächlich. Das mag seine Berechtigung haben – so imitiert der Film Isabelles frustrierende Suche nach «dem Richtigen» –, wirkt auf Dauer aber eher ermüdend.
Doch «Un beau soleil intérieur» kann sich durch solide Dialoge und – vor allem – hervorragende Schauspieler auszeichnen und damit über strukturelle Schwächen hinweg helfen. Gerade Juliette Binoche demonstriert einmal mehr, warum sie es verdient, im selben Atemzug wie die grosse Isabelle Huppert («Elle», «Happy End») genannt zu werden. Dank ihr erhält Isabelle das nötige Profil, die nötige Tiefe, um Denis‘ Experiment, Barthes‘ schematischen Text in einen emotionalen Film umzumünzen, letztlich doch gelingen zu lassen.
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Kinostart Deutschschweiz: 21.12.2017
Filmfakten: «Un beau soleil intérieur» / Regie: Claire Denis / Mit: Juliette Binoche, Xavier Beauvois, Philippe Katerine, Josiane Balasko, Bruno Podalydès, Gérard Depardieu, Valeria Bruni Tedeschi, Laurent Grévill, Paul Blain, Nicolas Duvauchelle, Alex Descas / Frankreich / 94 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Frenetic Films
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