«Un profil pour deux» versucht, seinem Publikum eine auf Lügen und Manipulation aufbauende Geschichte als charmant-romantische Generationenkomödie zu verkaufen. Man muss kein Hellseher sein, um zu ahnen, dass das nicht gut kommen kann.
Der beste Grund, den neuen Film von Stéphane Robelin («Et si on vivait tous ensemble?») zu sehen trägt den Namen Pierre Richard. Der französische Slapstick-Star, der mit Filmen wie «Le grand blond avec une chaussure noire» (1972), «La moutarde me monte au nez» (1974), «La chèvre» (1981) oder «Les compères» (1983) europaweite Bekanntheit erlangte, spielt die Hauptrolle. Inzwischen 82 Jahre alt, hat Richard die Zeiten, in denen spektakuläres Stolpern sein Markenzeichen war, längst hinter sich gelassen. Nun ist er in dem Alter angekommen, in dem man unterschwellig tragische Seniorenfiguren spielen kann, die sich mit den Tücken der Moderne auseinandersetzen müssen.
Diese Rolle fällt in «Un profil pour deux» dem Witwer Pierre (Richard) zu, der von Alex (Yaniss Lespert), dem erfolg- und arbeitslosen Freund seiner Enkelin (Stéphanie Crayencour), das Internet erklärt bekommt – widerwillig zunächst. Doch nach den obligaten (flachen) Computerwitzen – man ahnt, was Pierre tut, wenn ihm gesagt wird, er solle «ein Fenster aufmachen» – kommt der eigensinnige Rentner in Fahrt und entdeckt die Welt des Online-Datings. So lernt er, getarnt als junger Mann, die rund 50 Jahre jüngere Flora (Fanny Valette) kennen, in die er sich Hals über Kopf verliebt. Als es zum Treffen kommen soll, rekrutiert Pierre den masslos überforderten Alex, um dem Mann, den Flora per Chat kennengelernt hat, eine ‹akzeptable› Form zu geben.
Mit seiner Mischung aus stiller Würde, grossväterlicher Unschuld und verschlagenem Schalk ist Pierre Richard der Höhepunkt in einer raffiniert konstruierten, letztlich aber unbefriedigenden Komödie. Robelins Humor fusst auf Missverständnissen und dem fast schon theaterhaften Stilmittel, den Informationsaustausch zwischen den Figuren möglichst fantasievoll zu unterbinden. Das mag clever sein, führt aber kaum zu grossen Lachern.
Darüber hinaus manövriert sich der Film mit dem Dreiergespann Pierre-Alex-Flora ziemlich schnell in eine erzählerische Sackgasse, aus der er sich bis zum Schluss nicht überzeugend befreien kann. So einfühlsam Pierres Chat-Nachrichten auch sein mögen, so sympathisch Alex der gutherzigen Flora auch sein mag – Tatsache ist, dass hier eine Frau gnadenlos hinters Licht geführt wird. Robelin, der auch das Drehbuch geschrieben hat, versucht, dieses Problem mit einem emotionalen Monolog aus der Welt zu schaffen, sorgt damit aber lediglich für Verwirrung, da die grossen Worte und die daraus folgenden Taten letztendlich nicht übereinzustimmen scheinen. Hauptsache Auflösung – ob sie nun Sinn ergibt oder nicht.
Das steht symptomatisch für einen Film, der satirischen, schwarzhumorigen und familiengerechten Humor im Rahmen einer erzählerischen Fingerübung unter einen Hut bringen will. «Un profil pour deux» weiss nicht, was er will – und das macht sich schmerzlich bemerkbar. Pierre Richard hat Besseres verdient.
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Kinostart Deutschschweiz: 20.7.2017
Filmfakten: «Un profil pour deux» / Regie: Stéphane Robelin / Mit: Pierre Richard, Yaniss Lespert, Fanny Valette, Stéphanie Crayencour, Stéphane Bissot / Frankreich / 97 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Frenetic Films
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