Es gab noch keine Smartphones, Männergesichter waren bartlos und Teenager pumpten eher süsslichen Rauch in ihre Lungen statt Gewichte im Gym. Ein unbekannter Musiker namens Beck schrammte ein paar simple Akkorde auf einer Gitarre und rappte einen improvisierten Text dazu – kurz darauf ging «Loser» um die Welt und wurde zur Hymne. Eine Generation hatte genug vom Hedonismus des vorigen Jahrzehnts und allem Politischen ihrer Eltern. Helden waren Verlierer – auch auf der Leinwand. Und niemand vorher oder nachher hat es geschafft, diesen Loser besser darzustellen als Steve Buscemi. Die Kombination aus Unfähigkeit und Unbeholfenheit weckt ein Gefühl, das gern und häufig auf Leinwand projiziert wird: Mitleid. Zum 60. Geburtstag Buscemis am 13. Dezember 2017 stellen wir unsere 5 Lieblingsfilme mit ihm vor:
1. «Fargo»
Jerry Lundegaard (William H. Macy) steckt in finanziellen Schwierigkeiten und heuert zwei Ganoven am, um seine Frau zu entführen. Später will er seinen Schwiegervater erpressen und ihm eine Million Dollar abknüpfen. Ein wunderbarer Plan, wenn da nicht die komplette Unfähigkeit aller Beteiligten wäre, zu der die Herzlichkeit der hochschwangeren Polizistin (Frances McDormand) und die tief verschneite Landschaft Minneapolis‘ so herrlich kontrastieren. Die Rolle des nervösen, überforderten Gangsters ist Steve Buscemi auf den Leib geschnitten, sie ist die beste seiner ganzen Karriere.
2. «Ghost World»
Ein wunderbarer Coming-of-Age-Film mit der jungen Scarlett Johansson und der aus «American Beauty» berühmten Thora Birch. Die beiden spielen Aussenseiterinnen, die nach der Highschool nicht so recht wissen, wie das Leben weitergehen soll. Wie der armselige Einzelgänger in ihr Leben tritt, nimmt die Ironie vorweg, die diesen Film unterlegt. Ohne jemals kitschig oder sentimental zu werden, schafft «Ghost World» den Spagat zwischen Teenager-Film und schwarzer Komödie. Schön, berührend und melancholisch.
3. «The Big Lebowski»
Alle lieben den Dude (Jeff Bridges in seiner Paraderolle), weil es nie zuvor oder danach einen einnehmenderen Loser gab. Das Leben des Althippies besteht aus Bowling, White Russians und dem Rauchen von Joints. Als aus dem Nichts ein paar Schläger beim Dude aufkreuzen und ihn und seinen Lieblingsteppich malträtieren, beginnt eine temporeiche, aberwitzige Komödie, die Donny (Steve Buscemi) am Ende arg zusetzt. Eine wunderbare Komödie und der beste Film der Coen-Brüder.
4. «Reservoir Dogs»
Skurrile Dialoge, ein wunderbarer Soundtrack, Themen aus B-Movies, exzessive Gewalt und eine nicht chronologisch erzählte Geschichte: Mit diesem Mix schaffte es der mässig talentierte Schauspieler Quentin Tarantino, als Regisseur berühmt zu werden. «Reservoir Dogs» war sein erster Kinofilm und erzählt einen Raubüberfall, bei der eine Gruppe Männer verraten wurde. Die Suche nach dem Maulwurf ist tempo- und wendungsreich. Nicht Tarantinos bester Film, aber ein guter Auftritt von Steve Buscemi als Mr. Pink.
5. «Living in Oblivion»
Die Geschichte rund um Regisseur Nick Reve und seinen Low-Budget-Film ist in drei Teile gegliedert. Dabei geht sehr viel schief und Film und Fiktion vermischen sich stärker, als es allen am Set lieb sein kann. In der Hauptrolle spielt Steve Buscemi einen positiven, motivierenden Regisseur, der ständig an sich und seiner unfähigen Crew verzweifelt. Äusserst lustig – ein zu Unrecht in Vergessenheit geratener Film.
Titelbild: Wikipedia (Taken 2009 at Sundance)
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