Mit den aktuellen Ein- und Ausreisevorschriften der Länder dieser Welt fällt es schwer, Ferienpläne ausserhalb des eigenen Landes zu schmieden. Doch wir alle vermissen die Spaghetti Vongole im italienische Küstendorf, die Éclairs in Paris, das Tanzen bis zum Umfallen in Berlin, das Subwayfahren in New York, die weiten Landschaften Südamerikas, und noch vieles mehr. Dem grauen Alltag, den vier Wänden entfliehen kann man aber trotzdem: Wir haben eine Liste von streambaren Filmen erstellt, mit welchen ihr in ferne Länder und Städte abtauchen könnt. Ganz unbeschwert, vom Sofa aus. Wir sagen: «Fasten your seatbelts» und los!
Barcelona: «Vicky Cristina Barcelona» von Woody Allen
Vor der sommerlichen Kulisse der katalanischen Hauptstadt verdreht Juan Antonio (Javier Bardem) in «Vicky Cristina Barcelona» (2008) den Freundinnen Vicky (Rebecca Hall) und Cristina (Scarlett Johansson) ordentlich den Kopf. Ob im Parc Güell, auf der Promenade Las Ramblas oder im Freizeitpark auf dem Tibidabo: Barcelona ist neben den verwickelten Liebesbeziehungen ebenso eine Attraktion wie das Staraufgebot in Woody Allens leichtfüssigem und überraschendem Liebesdrama. So werden die Zuschauer*innen mit einem Soundtrack voller spanischer Gitarrenklänge in ein reizvolles Sommerabenteuer in Barcelona entführt. / Streambar auf Hollystar und Youtube
Los Angeles: «La La Land» von Damien Chazelle
Ob Downtown, der Strand von Santa Monica, die Universal Studios oder das Griffith Observatory: Die ikonischen Schauplätze von Los Angeles werden kaum einem Film so stimmungsvoll eingefangen wie in «La La Land» (2016). Und wer träumt schon nicht davon, einmal mit dem Cabrio durch die Hollywood Hills zu kurven? Damien Chazelles Liebeserklärung an die «Stadt der Träume» macht jedenfalls richtig Lust darauf. / Streambar auf Apple TV und cinefile.ch
Indien: «The Darjeeling Limited» von Wes Anderson
Auf geht’s auf ein sprituelles Selbstfindungsabenteuer durch das farbenfrohe Indien mit Wes Andersons «The Darjeeling Limited» (2007)! Mit vielen schön arrangierten Slow-Motion-auf-den-Zug-renn-Szenen, herrlichen Dialogen und übermässigem Medikamentenkosmum der Brüder Francis (Owen Wilson), Jack (Jason Schwartzman) und Peter (Adrien Brody). Macht Lust, gleich eine Zugfahrt in Indien zu buchen! / Streambar auf Apple TV
Berlin: «Oh Boy» von Jan-Ole Gerster
Seit er sein Jura-Studium vor zwei Jahren geschmissen hat, lebt der Berliner Endzwanziger Niko (Tom Schilling) ziellos in den Tag hinein. Allein oder mit seinem Kumpel Matze (Marc Hosemann) schlendert er durch die vielseitige deutsche Hauptstadt und stolpert immer wieder in das Leben anderer Menschen. Durch die teils komischen, teils beklemmenden Begegnungen gewinnt Niko, wenn auch nur für kurze Momente, neue Perspektiven. Wie sein Protagonist driftet auch der Film durch Berlin und beschreibt auf charmante und selbstironische Weise die grossstädtische Orientierungslosigkeit. «Oh Boy» (2012) lädt dazu ein, sich vom Rhythmus einer Stadt treiben zu lassen – ohne Versprechungen, ohne Verbindlichkeiten. / Streambar auf Apple TV
Tlaxcala, Mexiko: «Nuestro tiempo» von Carlos Reygadas
Der Bundesstaat Tlaxcala liegt in Zentralmexiko und grenzt an die Bundesstaaten Hidalgo, México und Puebla. Hierhin entführt uns «Silent Light»-Regisseur Carlos Reygadas in «Nuestro tiempo» (2018): Der Grossmeister poetischer Bilder erzählt eine archaische Geschichte über Liebe, Tod, Neid, Begierde, Familie, Agonie und Verlust auf einer Stierranch. Ein Eintauchen in einen mexikanischen Beziehungszwist, aufgelöst im Westernlook, bebildert mit wunderbaren Landschaftsaufnahmen. 175 Minuten Mexiko-Nature-Porn. / Streambar auf filmingo
Dakar, Senegal: «Atlantique» von Mati Diop
In ihrem Langspielfilmdebüt nimmt sich die französisch-senegalesische Schauspielerin und Regisseurin Mati Diop grosse Themen auf ungewöhnliche Weise vor: «Atlantique» (2019) ist eine subtile Schauergeschichte über Liebe, Kapitalismus, Migration und den langen Schatten des Kolonialismus. Die vielen Szenen am Strand und in der senegalesischen Hauptsatdt Dakar laden zum Träumen und Nachdenken ein. / Streambar auf filmingo
Amazonas: «The Lost City of Z» von James Gray
Wunderschön bebildert von Darius Khondji, erzählt «The Lost City of Z» (2016) eine aufgeklärte postkoloniale Abenteuergeschichte inmitten des Amazonas, irgendwo zwischen Bolivien und Brasilien. Der starbesetzte Film mit Charlie Hunnam, Robert Pattinson, Sienna Miller und Tom Holland nimmt einen mit auf eine 140 Minuten lange Entdeckungsreise, die mit vielen Dschungelaufnahmen und der differenzierten Betrachtung indigener Kulturen zum Entdecken, Mitfiebern und Mitleiden einlädt. / Streambar auf Netflix
Tel Aviv: «Travelogue Tel Aviv» von Samuel Patthey
Samuel Patthey reiste für einige Monate nach Tel Aviv. Zurück kam er mit einem gut gefüllten Skizzenbuch und unzähligen Erinnerungen. Daraus hat der Schweizer Animationskünstler einen bezaubernden Kurzfilm geschaffen: «Travelogue Tel Aviv» (2017) ist ein charmanter Flickenteppich von einem Film, der Erinnerungen und Erlebtes in schemenhaften, mal groben, mal feinen Bildern vermischt, bis wir selber überzeugt sind, bei dieser Reise dabeigewesen zu sein. Der sechsminütige Zeichentrickfilm schöpft die Möglichkeiten seiner Technik gekonnt aus, spielt mit seinem Publikum und entwickelt so einen einzigartigen Sog. Diese unerschütterliche und doch so lebendige Stadt, in der zwischen Kampfgeräuschen und Hochzeitsjubel nur ein einziger Schnitt zu liegen scheint, zeigt uns Patthey in all ihrer Pracht. / Streambar auf Vimeo
Per Anhalter rund um den Globus: «Weit. Die Geschichte von einem Weg um die Welt» von Patrick Allgaier und Gwendolin Weisser
Der Film «Weit. Die Geschichte von einem Weg um die Welt» (2017) zeigt uns, wie faszinierend und abenteuerlich unsere Erde sein kann, wenn man den Mut hat, neue Wege zu gehen. Gwen und Patrick waren ganze dreieinhalb Jahre rund um den Globus unterwegs und haben auf ihrer spektakulären Reise ganze 50’000 Kilometer per Anhalter zurückgelegt. Was das Paar auf diesem weltumrundenden Trek erlebt haben, zeigt ihr atemberaubender Dokumentarfilm auf authentische und spannende Art und Weise. / Streambar auf Kino on Demand
Brügge: «In Bruges» von Martin McDonagh
Brügge – diese belgische Stadt bietet neben dem Belfried, einem Turm im flämischen Baustil, Wasserkanäle, die zu romantischen Bootsfahrten einladen. Mit ihrer historischen Architektur und der mittelalterlichen Altstadt ist Brügge wahrlich ein Touristentraum. In eben diesem sollen auch die beiden irischen Auftragsmörder Ray (Colin Farrell) und Ken (Brendan Gleeson) nach einem vollführten Attentat einige Tage untertauchen und auf weitere Instruktionen von ihrem Auftraggeber Harry (Ralph Fiennes) warten. Während der eine die Erkundungen innerhalb des beschaulichen belgischen Städtchens geniesst, weigert sich der andere, die romantische Architektur zu würdigen. Martin McDonaghs Meisterwerk «In Bruges» (2008) ist dabei keineswegs eine langweilige Kaffeefahrt, sondern ein skurriler, tragischer Trip, nicht nur durch das geschichtsträchtige Brügge, sondern auch durch Teile der menschlichen Psyche. / Streambar auf Apple TV
Wien, Paris und Griechenland: «Before Sunrise», «Before Sunset» und «Before Midnight» von Richard Linklater
«Girl Meets Boy on a Train to Vienna»: So könnte man die erste schicksalshafte Begegnung des Amerikaner Jesse (Ethan Hawke) mit der Französin Céline (Julie Delpy) kurz zusammenfassen. Nicht nur ist die legendäre «Before»-Trilogie emotional ansprechend, da die Chemie der beiden Hauptfiguren so schön prickelt – Regisseur Richard Linklater («Where’d You Go, Bernadette») drehte die drei Filme immer mit den gleichen Schauspieler*innen im Abstand von gut zehn Jahren –, sondern auch, weil Linklater diese Geschichten an wunderbaren Schauplätzen inszenierte. «Before Sunrise» (1995) spielt in in Wien, der Donaumetropole mit viel Lokalkolorit, bizarren Randfiguren, schönen Plätzen, Kaffeehäusern und ein wenig k.u.k.-Kitsch. «Before Sunset» (2004) wiederum zeigt Paris, die Stadt der Liebe, im besten Licht: Schifffahrt auf der Seine, Kaffee im Bistro, Spaziergang vor der Notre-Dame. «Before Midnight» (2013) schliesst die Trilogie mit Jesse und Céline als Paar und Eltern von zwei Zwillingen, die ihren Urlaub in Griechenland verbringen, vorläufig ab. Und auch beim dritten Mal dürfen wir mit am Tisch mit wunderbarem griechischen Essen und Wein sitzen, mit durch die Stadt Kalamata flanieren und aufs Ägäische Meer blicken, bis die rote Sonne hinterm Horizont versinkt. Für die einen vielleicht ein wenig kitschig, für die anderen eine der schönsten Liebesfilmreihen der Welt. Hach! / Alle drei Filme sind streambar auf Google Play
Tokio: «Whisper of the Heart» von Yoshifumi Kondō
Shizuku (Yōko Honna), die 14-jährige Protagonistin des Ghibli-Animes «Whisper of the Heart» (1995) von Yoshifumi Kondō, mag nicht viel von ihrer Heimatstadt, der japanischen Megacity Tokio, halten. Das suggeriert jedenfalls ihre ganz persönliche Version von John Denvers West-Virginia-Hymne «Country Roads»: «Concrete road, continuing forever, concrete road, cutting the forests, burying the valleys, killing the rivers.» Doch Kondō und Ghibli-Grossmeister Hayao Miyazaki («Spirited Away»), der hier das Drehbuch beisteuerte, finden die Magie im Grossstadtdschungel: den romantischen Antiquitätenladen, die zugfahrende Katze, die ganz eigene Faszination von Tokios Wolkenkratzern und Reihenhäusern, die – wie immer bei Ghibli – in atemberaubend detailliertem Zeichentrick eingefangen werden. / Streambar auf Netflix
New York: «Frances Ha» von Noah Baumbach
Brookyln, Chinatown, Washington Heights! Wie wir dieses New York mit all seinen Facetten, Plätzen, seinem Lärm, den Subwayzügen und Taxis, den Cafés, Bars und Restaurants und der unglaublichen Skyline vermissen. Klar, es gibt gefühlt eine Million Filme, die in dieser Stadt spielen, die angeblich diemals schläft, von «Manhatten» bis «Taxi Driver». Aber «Frances Ha» (2012) führt uns durch einen herrlich leichten Sommer in New York (und Sacramento und Paris) mit einer grandiosen Greta Gerwig in der Hauptrolle. Und wir wollen mitschwitzen und mittanzen in den Strassen des Big Apples. / Streambar auf filmingo
Los Angeles, New York, Paris, Rom, Helsinki: «Night on Earth» von Jim Jamrmusch
Einmal im Taxi um die Welt mit dem Kultregisseur Jim Jarmusch. «Night on Earth» (1991) bietet halsbrecherische Fahrten mit Roberto Benigni in Rom, haarsträubende Dialoge mit Winona Rider in Los Angeles, Trübseligkeit und Aki–Kaurismäki-Stimmung in Helsinki, ein chaotischer Armin Mueller-Stahl in New York und viel Poesie in Paris. All das bietet dieser filmische Roundtrip. Und dann noch mit Musik von Tom Waits! / Streambar auf Apple TV
North Carolina: «The Peanut Butter Falcon» von Tyler Nilson und Michael Schwartz
Auf den Spuren von Mark Twain erzählt «The Peanut Butter Falcon» (2019) eine anrührende Geschichte über Freundschaft und Behinderung, die sowohl positive als auch negative Überraschungen bereithält. Es sind vor allem die Szenen, in denen Zak (Zack Gottsagen) und Tyler (Shia LaBeouf) mit dem Floss die Outer Banks von North Carolina hinuntergondeln und einander zunehmend schätzen lernen, die dem Film zu seinem einnehmenden Charme verhelfen. Ein wunderbars Roadtrip-Abenteur per Auto, Floss und zu Fuss. Ein poetisches und bildstarkes Verreisen zu den Outer Banks, einer schmalen, 280 Kilometer langen Inselkette im Atlantik vor der Küste North Carolinas. / Streambar auf cinefile.ch und myfilm.ch
Italien, Indien, Bali: «Eat Pray Love» von Ryan Murphy
Mit Julia Roberts in Italien Pizza und Rotwein schlemmen, im sonnigen Indien das Meditieren lernen, und in Bali, umgeben von schönster Natur, Ruhe und Liebe finden? Genau das bietet «Eat Pray Love» (2010) von Ryan Murphy. Es ist ein Film, in dem die innere und äussere Reise Hand in Hand gehen, der Sehnsuchtsorte aufsucht und im Inneren die Balance findet. Basierend auf dem gleichnamigen autobiografischen Roman von Elizabeth Gilbert, zeigt das Roadmovie Liz (Roberts), die sich nach gescheiterter Ehe aufmacht, das zu suchen, was sie in ihrem scheinbar erfolgreichen, aber unerfüllenden Leben vermisst. Die bereisten Länder Italien, Indien und Indonesien erinnern in ihrer Darstellung vielleicht etwas zu sehr an geschönte Urlaubspostkarten, aber das kann einem in dieser Zeit ja nur recht sein – vor allem, wenn eine hinreissende Julia Roberts als Reisebegleiterin fungiert. / Streambar auf Netflix
Lombardei, Italien: «Call Me by Your Name» von Luca Guadagnino
Auch wenn draussen Kälte herrscht, wird man in diesem Film an die Schönheit des Sommers erinnert: Die schwelgerische Norditalien-Romanze «Call Me by Your Name» (2017) ist ein Fest für die Sinne, und wie kein anderer Film überträgt er die Farben der Verliebtheit auf die Leinwand. Wie gerne würde man sich in diese Filmwelt hineinbeamen. Er wirkt wie ein wunderschöner Tagtraum, ein niemals endender Sommertag, den man am liebsten lesend in der Hängematte am Flussufer verbringen würde. / Streambar auf Apple TV
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Titelbild aus dem Film «The Darjeeling Limited», Quelle: © 20th Century Fox / Im Verleih von Disney Schweiz
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