Das 21. Zurich Film Festival findet vom 25. September bis zum 5. Oktober 2025 statt. Die Gala-Premieren und ihre Stargäste machen immer jede Menge Schlagzeilen – doch auch in den anderen Sektionen wartet hochkarätiges Kino. Wir haben fünf ganz besondere Filme herausgepickt.
«The Mastermind» von Kelly Reichardt
Nachdem sie jahrelang von der Schweizer Kinolandschaft ignoriert wurde, wäre es Kelly Reichardt («Certain Women», «Showing Up») zu gönnen, dass sie nun auch in diesen Breitengraden etwas mehr Bekanntheit erlangt. Ihr neuer Film «The Mastermind» wäre eine gute Gelegenheit, die aufmerksamste Figuren- und Milieu-Beobachterin im amerikanischen Indie-Kino von ihrer «populären» Seite kennenzulernen. Mit Josh O’Connor («Challengers») und Alana Haim («Licorice Pizza») in den Hauptrollen erzählt sie hier die Geschichte eines Kunstdiebs, der in den Siebzigerjahren ein delikates Doppelleben führt. Wer weiss, vielleicht wird «The Mastermind» nach «First Cow» (2019) ja das zweite Reichardt Werk, das einen Schweizer Kinostart erhält.
«Kontinental ’25» von Radu Jude
Das rumänische Enfant terrible Radu Jude, bekannt für provokative Satiren wie «Bad Luck Banging or Loony Porn» (2021) und «Do Not Expect Too Much from the End of the World» (2023), ist das perfekte Antidot zur Glamour-Überdosis, die sich am ZFF manchmal einstellen kann. Seine zweitneueste Regiearbeit «Kontinental ’25» – die neueste, «Dracula», feierte in Locarno Weltpremiere – erzählt vom Selbstmord eines obdachlosen Mannes im transsilvanischen Cluj und von den Auswirkungen, welche diese Tat auf die Gerichtsvollzieherin Orsolya (Eszter Tompa) hat. Inspiriert wurde die Tragikomödie übrigens vom Roberto–Rossellini-Klassiker «Europa ’51» (1952).
«Mārama» von Taratoa Stoppard
Das ZFF ist nicht unbedingt für sein breites Genre-Angebot bekannt – dafür sorgen Festivals wie das Brugggore oder das NIFFF. Und doch wird das Programm immer wieder von Titeln ergänzt, die mit den Konventionen des klassischen «Festivalfilms» spielen. Dieses Jahr ist es Taratoa Stoppards historischer Horrorfilm «Mārama», der im England der 1850er Jahre spielt und eine junge Māori-Frau (Ariāna Osborne) zeigt, die, in bester Gothic-Tradition, in einem Herrenhaus von Visionen und verdrängten Kolonialschrecken heimgesucht wird.
«Dossier 137» von Dominik Moll
Spätestens seit seinem Thriller «La Nuit du 12» (2022), der zum grossen César-Abräumer avancierte, ist der deutsch-französische Regisseur Dominik Moll eine grosse Figur im französischen Kino an der Schnittstelle zwischen Mainstream und Arthouse. Sein jüngster Wurf, «Dossier 137», ist inspiriert von der Gelbwestenbewegung und beleuchtet das wacklige Fundament des Rechtssystems anhand einer eskalierten Demonstration. Neben Hauptdarstellerin Léa Drucker («Incroyable mais vrai») ist auch «Saint Omer»-Durchstarterin Guslagie Malanda zu sehen.
«Silent Friend» von Ildikó Enyedi
Seit dem Ende der 18-jährigen Schaffenspause, die Ildikó Enyedi zwischen 1999 und 2017 einlegte, ist die ungarische Filmemacherin zu einem essenziellen Namen im zeitgenössischen europäischen Kino geworden. Nach «On Body and Soul» (2017) und «The Story of My Wife» (2021) fährt sie in «Silent Friend» nun die ganz grossen Geschütze auf: Mit einem beeindruckenden internationalen Cast, angeführt von Tony Leung Chiu-wai («In the Mood for Love»), Léa Seydoux («La Bête») und der Zürcherin Luna Wedler («Blue My Mind»), erzählt Enyedi drei lose miteinander verbundene Geschichten, die sich in den Jahren 1908, 1972 und 2020 abspielen. Bei den Filmfestspielen von Venedig wurde Wedler mit dem Schauspielpreis ausgezeichnet.
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Titelbild aus «Dossier 137» / © Filmcoopi
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