Heute Abend gehen mit der Verleihung des Prix de Soleure die 53. Solothurner Filmtage zu Ende. Unsere Redaktion war dieses Jahr vor Ort und hat sich viele hoffnungsvolle Schweizer Filme angesehen. Hier unsere persönlichen Favoriten – Maximum Swiss Cinema, das hoffentlich bald im Kino Erfolg feiern wird:
Aline Schlunegger, diverse Kurzfilme:
Auch dieses Jahr gab es an den Solothurner Filmtagen drei «Talents»-Blöcke, die verschiedene Kurzfilme von aufstrebenden Filmemachern vorstellten. Darunter war von Animationen über Dokus bis Spielfilmen alles mit dabei. In «Kinder der Nacht» von Kim Allamand, treffen zwei Mädchen unter makabren Umständen aufeinander. Auf cinematische und berührende Weise entwickelt sich eine tragische Geschichte. In «Sono Pippa» von Yasmin Jörg versucht eine alternde, gescheiterte Schauspielerin ihr Leben wieder auf die Reihe zu bringen. Ein unterhaltsamer und herzwärmender Kurzfilm, der auf mehr hoffen lässt. Der Animationsfilm «Living Like Heta» von Bianca Caderas, Isabella Luu und Kerstin Zemp überzeugt mit wunderbar abstrakten Bildern einer noch abstrakteren und absurden Welt. Der Erstling von Mattia Beraldi, «Occhio di falco», beeindruckt mit hochstilisierten, dokumentarischen Aufnahmen rund um die Hawk-Eye-Technologie, die im Tennis bei Zweifelsfällen angewendet wird.
Aurel Graf, «Chris the Swiss» von Anja Kofmel:
«Chris the Swiss» verbindet zwei Filmgattungen, die in der Schweiz momentan auf extrem hohem Niveau produziert werden: Dokumentar- und Animationsfilm. Kofmel schafft es, die Geschichte des in Serbien gefallenen Schweizer Kriegsreporters Christian Würtenberg mittels verschiedener Erzählebenen zu einem stimmungsvollen und emotionsgeladenen Ganzen zu verbinden. Anja Kofmel – Christian war ihr Cousin – macht sich auf die Suche nach den Spuren, die zu seinem Tod geführt haben. Was sie dabei entdeckt, schockiert, regt zum Nachdenken an und ist durch die immer wieder vorkommenden Animationen auch ästhetisch äusserst ansprechend.
Christine Albrecht, «Das Erste und das Letzte» von Kaspar Kasics:
Jacqueline von Kaenel ist eine aussergewöhnliche Frau. Klug und analytisch erzählt sie dem Kinozuschauer von ihrer äusserst komplexen Kindheit und ist dabei überhaupt nicht bitter – obwohl sie allen Grund dazu hätte.
Ihre ernüchternde Diagnose lautet Bauchspeicheldrüsenkrebs, viel Hoffnung auf Überleben gibt es in ihrem Fall nicht. Kaspar Kasics lässt in seinem Dokumentarfilm «Das Erste und das Letzte» von Kaenel ihr Leben im Angesicht ihrer eigenen und sehr greifbaren Vergänglichkeit reflektieren. In langen Monologen erzählt sie von ihrer von Schlägen und Kontrolle geprägten Kindheit und lässt den Zuschauer an der Verarbeitung ihres Traumas teilhaben.
Kasics betont, beim Film gehe es um das Leben, nicht um den Tod. Und obwohl erst die Konfrontation mit dem eigenen Tod von Kaenels Reflexion möglich machte, hat er mit “Das Erste und das Letzte” eine rücksichtsvolle und feinsinnige Hommage an das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen geschaffen.
Joel Singh, «Tranquillo» von Jonathan Jäggi:
Das Zürcher Independent Film Projekt «Tranquillo» (Interview mit den Filmemachern) erzählt die Geschichte von Peter, einem urbanen und rastlosen Mittzwanziger, der ehrgeizig in Zürichs Partyszene mitmischt. Ein chronisch auftretender Tinnitus löst bei ihm jedoch selbstzerstörerische Impulse aus, in denen er sich mehr und mehr isoliert, seine Beziehung beendet und sich von seinen Freunden distanziert. Doch stürzt er sich von einem Extrem ins andere, was ihn an seine körperlichen und mentalen Grenzen stossen lässt. «Tranquillo» ist ein No-Budget Film, der fast gänzlich ohne Subventionen realisiert wurde. Besonders die einmal dreckige und einmal hochästhetische Bildsprache in Kombination mit den sehr authentischen Dialogen machen das Erstlingswerk zu etwas Besonderem. So fällt es schwer den Film in ein bestehendes Genre zu zwängen.
Lest hier unser Interview mit der Produzentin und dem Regisseur.
Simon Kümin, «Vakuum» von Christine Repond:
Meredith (hervorragend: Barbara Auer) und André (ebenfalls stark: Robert Hunger-Bühler) sind seit 35 Jahren verheiratet und bereiten gemeinsam das Jubiläumsfest vor. Doch plötzlich beginnt Meredith am Bild der intakten, glücklichen Ehe zu zweifeln, als sie überraschend erfährt, dass sie HIV-positiv ist. Ihr Verdacht fällt schnell auf ihren Mann.
Christine Reponds zweiter Film dreht sich um Vertrauen und Vergeben, Nähe und Verletzlichkeit. Eindringlich mit einer Kamera (Aline Laszlo), die an den beiden Hauptdarstellern klebt,ihre inneren und äusseren Kämpfe zeigt und dennoch ruhig in schönen Bildern erzählt, ist der Regisseuren ein wunderbarer Film gelungen, der zurecht für den «Prix de Soleure» nominiert worden ist.
Bildquellen: Solothurn Filmfestival.
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