«Arcane» ist eine Produktion, die man als aussenstehende Person einem Unternehmen wie dem «League of Legends»-Macher Riot Games vielleicht nicht zugetraut hätte. Doch wer sich auf die emotionale Achterbahnfahrt einlässt, wird positiv überrascht.
Piltover ist eine Stadt, in der Fortschritt gross geschrieben wird, doch die Utopie hat auch ihre Schattenseiten: In der sogenannten Unterstadt leben die Menschen in ärmlichen Verhältnissen, während sie für die Bewohner*innen von Piltover schuften. Angeführt wird die Unterstadt von Vander (JB Blanc), einem ehemaligen Rebellen und dem Adoptivvater von Powder (Ella Purnell) und Vi (Hailee Steinfeld). Ein missglückter Einbruch gefährdet nicht nur die Beziehung zwischen den beiden Schwestern, sondern bringt die ohnehin schon instabile Beziehung zwischen Piltover und Unterstadt noch weiter ins Wanken.
Eine Videospielumsetzung mit ungewohnt viel Tiefgang
Riot Games, das Unternehmen hinter dem Online-Multiplayer-Hit «League of Legends» («LoL»), hat sich für «Arcane» mit Fortiche, einem französischen Animationsstudio, zusammengetan, um die Hintergrundgeschichten diverser Figuren zu erzählen, die «LoL»-Spieler*innen bestens bekannt sein dürften. Wer jedoch eine Serie erwartet, die nur etwas für Kenner*innen ist, täuscht sich. Während andere Videospielverfilmungen zwar häufig unterhaltsames Popcornkino bieten (siehe «Resident Evil» oder «Tomb Raider»), fehlt ihnen oft jeglicher Tiefgang. «Arcane» hingegen geht unter die Haut wie ein preisgekröntes Melodrama und lässt einen statt nach Popcorn nach Taschentüchern greifen.
«‹Arcane› geht unter die Haut wie ein preisgekröntes Melodrama und lässt einen statt nach Popcorn nach Taschentüchern greifen.»
Das hat unter anderem damit zu tun, dass sich die Serie Zeit nimmt, um sich auf die Figuren und deren Beziehungen zu konzentrieren. Vi und Powder sowie ihre Adoptivgeschwister stehen klar im Zentrum, und der eigentliche Plot nimmt erst ab etwa der dritten Episode richtig Fahrt auf, nachdem klar geworden ist, was nun auf dem Spiel steht. Auch wenn das Ende dann etwas klischeehafter wird, zahlt sich die Investition des Anfangs vor allem emotional aus.
Um diese Emotionen optimal zu inszenieren, hat Riot Games mit Fortiche einen perfekten Partner gefunden. Das Studio hat mit seinem Stil auch schon Marvel («Rocket & Groot») überzeugen können und mit Riot Games bereits andere Produktionen umgesetzt. In «Arcane» fällt vor allem die detaillierte Mimik auf, welche die emotionalen Wendungen der Geschichte hervorragend unterstreicht. Die Figuren und deren Innenleben erhalten dadurch auch viel Tiefgang und ermöglichen unter anderem im Umgang mit psychischer Gesundheit ungewohnt differenzierte Perspektiven. Dass ausgerechnet eine Produktion aus dem Umfeld der berühmt-berüchtigt toxischen «LoL»-Community so ausgereift daher kommt, überrascht – aber höchst positiv.
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Jetzt auf Netflix Schweiz
Serienfakten: «Arcane» / Creators: Christian Linke und Alex Lee / Regie: Pascal Charrue, Arnaud Delord / Mit: Hailee Steinfeld, Ella Purnell, Katie Leung, Kevin Alejandro, Jason Spisak, Toks Olagundoye, JB Blanc, Mia Sinclair Jenness / Frankreich, USA / 9 Episoden à 39–44 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Netflix
Riot Games ist eine Charakterstudie gelungen, die man dem Unternehmen wohl nicht zugetraut hätte. «Arcane» überzeugt sogar, wenn man sich mit «League of Legends» gar nicht auskennt.
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[…] A version of this review was previously published at https://www.maximumcinema.ch/arcane-von-christian-linke-und-alex-yee/ […]
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