Die deutsche Netflix-Serie «Barbaren» widmet sich der sagenumwobenen Varusschlacht im Teutoburger Wald, wo sich Germanen und Römer einst gegenseitig die Köpfe einschlugen. Das Ergebnis fällt entsprechend blutig aus.
Im Jahr neun nach Christus sind die germanischen Stämme tief zerstritten. Gemein ist ihnen einzig der Hass auf die römische Besatzungsmacht, die immer höhere Tribute fordert. Unerbittlich treiben die Legionäre Getreide oder Vieh ein und nehmen Kinder besiegter Stämme als Geiseln. Ein Schicksal, wie es auch Arminius (Laurence Rupp) erlitten hat. Der Sohn eines cheruskischen Stammesführers wurde in seiner Kindheit als Friedenspfand nach Rom gebracht, dort aufgezogen und ausgebildet. Mittlerweile steht Arminius als Ritter im Dienst des römischen Heeres, und ausgerechnet er soll nun an der Seite seines Ziehvaters, des Statthalters Varus (Gaetano Aronica), die aufmüpfigen Germanen endgültig unterdrücken.
Zurück in der alten Heimat dauert es nicht lange, ehe Arminius auf Freunde aus Kindheitstagen trifft: Fürstentochter Thusnelda (Jeanne Goursaud) und Krieger Folkwin (David Schütter). Während die beiden die germanischen Stämme für den Widerstand gegen die Römer vereinen wollen, ist Arminius vor der aufziehenden Schlacht hin- und hergerissen zwischen den eigenen Wurzeln und seiner Loyalität zu Rom.
«Dass die Schlacht im Teutoburger Wald zwischen den übermächtigen Römern und den zahlenmässig und militärtechnologisch unterlegenen Germanen tatsächlich stattgefunden hat, davon zeugen römische Quellen sowie archäologische Funde.»
Dass die Schlacht im Teutoburger Wald zwischen den übermächtigen Römern und den zahlenmässig und militärtechnologisch unterlegenen Germanen tatsächlich stattgefunden hat, davon zeugen römische Quellen sowie archäologische Funde. Gleichwohl ranken sich bis heute nicht wenige Unklarheiten um das historische Ereignis, das im Laufe der Geschichte einer starken Mystifizierung unterzogen wurde. Für die Showrunner Arne Nolting und Jan Martin Scharf keine undankbare Ausgangslage: Der historische Rahmen ist abgesteckt, lässt jedoch genügend Spielraum für künstlerische Freiheiten.
Diese nutzen die Macher von «Barbaren», indem sie den historischen Stoff mit der Dreiecksbeziehung ihrer drei jungen Protagonist*innen Arminius, Thusnelda und Folkwin anreichern. Während die beiden Erstgenannten – wie auch Varus – historisch verbürgt sind, ist die Figur von Folkwin frei erfunden. Nichtsdestotrotz sorgen die Liebesgeplänkel, Intrigen und Familienzwiste ganz im Stile herkömmlicher Historienserien für ein kurzweiliges Vergnügen. Um nachhaltig in Erinnerung zu bleiben, fehlt es den Figuren jedoch an Tiefe. Am vielschichtigsten ist noch Arminius, der zwischen die Fronten gerät und in eine Identitätskrise stürzt. Folkwin hingegen darf nicht mehr sein als ein draufgängerischer Hitzkopf, und auch Thusneldas Charakterentwicklung von der selbstbewussten jungen Frau zur tödlichen Kriegerin fesselt zu wenig.
«Langeweile mag über die sechs Episoden dennoch keine aufkommen. Überhaupt möchte man der Serie erzählerische Mängel und so manchen holprigen Dialog verzeihen, denn sie trumpft dafür in Sachen Ausstattung und Szenenbild umso mehr auf.»
Langeweile mag über die sechs Episoden dennoch keine aufkommen. Überhaupt möchte man der Serie erzählerische Mängel und so manchen holprigen Dialog verzeihen, denn sie trumpft dafür in Sachen Ausstattung und Szenenbild umso mehr auf. Ob Legionärsuniform oder germanische Kriegsbemalung, römisches Lager oder cheruskisches Dorf, «Barbaren» kommt in seiner düsteren Ästhetik hochwertig daher und braucht sich nicht hinter Vorbildern wie «Vikings» (2013– ) zu verstecken. Ganz in der Tradition solcher Genrevertreter fliesst auch im Teutoburger Wald reichlich Blut, wenn die Kamera schonungslos bei jeder Brutalität draufhält.
Arne Nolting und Jan Martin Scharf erfinden das Rad insofern nicht neu und folgen getreu den Konventionen historischer Serien. Gleichwohl stellt «Barbaren» eine willkommene Bereicherung für die deutsche Serienlandschaft dar und vermag zu unterhalten. Die Möglichkeit einer Fortsetzung über den Ausgang der Varusschlacht hinaus ist ebenso vorhanden wie Luft nach oben. Und wen die Geschichte rund um Arminius, Thusnelda und Folkwin gänzlich kaltlässt, der kann sich an der Wiederbelebung einer toten Sprache erfreuen: In «Barbaren» sprechen die Römer konsequent Latein.
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Jetzt auf Netflix Schweiz
Serienfakten: «Barbaren» / Creators: Arne Nolting, Jan Martin Scharf / Mit: Jeanne Goursaud, Laurence Rupp, David Schütter, Gaetano Aronica, Bernhard Schütz, Nicki von Tempelhoff / Deutschland / 6 Episoden à 42–52 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Netflix
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