Best-of 2020: Das sind die 24 Lieblingsfilme und -serien der Maximum-Cinema-Redaktion
Ein spezielles Kinojahr neigt sich dem Ende zu. Wir schauen auf 2020 zurück und präsentieren – wie letztes Jahr – die 24 Lieblingstitel unserer Redakteurinnen und Redakteure. Viel Spass mit dem Maximum-Cinema-Best-of 2020!
«Uncut Gems» von Josh und Benny Safdie
Ein Film, wie gemacht für das stressige Jahr 2020: Ein windiger New Yorker Juwelier, gespielt vom grossartigen Adam Sandler, plappert, spekuliert und zockt sich immer tiefer in den Schuldenstrudel hinein – und das Regieduo Josh und Benny Safdie («Good Time») inszeniert dieses Spiel mit dem Feuer als ebenso atemlosen wie atemberaubenden Thriller. Unmöglich, nach diesen nervenaufreibenden 135 Minuten nicht tief durchzuatmen – und dankbar zu sein, wie packend ein Film doch sein kann. / Lieblingsfilm von Alan Mattli / Zur ausführlichen Kritik
«Knives Out» von Rian Johnson
Wer hat es getan? Wer tötete den brillanten Krimiautor Harlan Thrombey (Christopher Plummer) in seinem fürstlichen Anwesen, am Abend seines 85. Geburtstags? Alle Geburtstagsgäste, grösstenteils aus Thrombeys eigener Familie, kommen fortan als Täter in Frage. Denn offensichtlich hatte jeder sein eigenes kleines Süppchen mit den Familienpatriarch am kochen und scheint verdächtig. In fesselnder Whodunnit-Manier überzeugt Rian Johnsons «Knives Out» – nicht nur dank Daniel Craig als Privatermittler Benoit Blanc, denn auch der Rest des namhaften Casts ist absolut sehenswert. Johnson weiss gekonnt mit den Erwartungen der Zuschauer zu spielen und hat ein wahrlich amüsantes Filmerlebnis geschaffen, das nicht nur alteingesessene Agatha–Christie-Fans begeistern dürfte. / Lieblingsfilm von Delfina Thon / Zur ausführlichen Kritik
«Onward» von Dan Scanlon
Die Prioritäten waren klar gesetzt: Der ambitionierte Seelentrip «Soul» von Oscar-Gewinner Pete Docter sollte das Pixar-Flaggschiff des Filmjahres 2020 sein, während dem Elfen-Roadmovie «Onward» eine derart untergeordnete Rolle zugeteilt wurde, dass der Film kaum beworben wurde und in den Wirren des Corona-Lockdowns auch völlig vergessen ging. Doch zu Unrecht: Während «Soul» hinter den Erwartungen zurückbleibt, überzeugt «Onward» von Dan Scanlon auf der ganzen Linie. Der rasante Film über zwei Elfenbrüder ist vielschichtig, fantasievoll und hallt nach. Einer der besseren Pixar-Filme der vergangenen Jahre. / Lieblingsfilm von Olivier Samter / Zur ausführlichen Kritik
«The Eddy» von Jack Thorne
«The Eddy» ist eine filmische Version von Free Jazz über eine Jazz-Bar mit dem Namen «The Eddy» in Paris – und ist eine der spannendsten Miniserien des Jahres. Dass man es hier mit einem strukturell originellen Werk zu tun hat, zeigt sich einerseits darin, dass jede Episode eine*n neue*n Hauptdarsteller*in hat. Anderseits arbeiteten diverse namhafte Regisseur*innen bei «The Eddy» mit – von Damien Chazelle («La La Land») über Houda Benyamina («Divines») bis Alan Poul («Westworld») –, welche die Free-Jazz-Struktur zementieren. Eine Netflix-Produktion, die sich abhebt von ihren normalem und ach so opulent ausgestatteten Sets und das Pariser Leben tausendmal besser auffängt als zwei Minuten von «Emily in Paris». / Zur ausführlichen Kritik
«Little Women» von Greta Gerwig
Als Frau ernst genommen zu werden, war niemals einfach – schon gar nicht als Künstlerin. Diese zentrale These bildet den Kern von Greta Gerwigs Film, in welchem sie die Geschichte vom Aufwachsen der March-Schwestern auf frische, aufregende und berührende Art und Weise neu erzählt und dabei dem wohlbekannten Stoff von Louisa May Alcott aktuelle Relevanz und sehr viel Leben einhaucht. Mit einem ungemein intelligenten Skript und empathischer Regie gelingt Gerwig («Lady Bird») so nicht nur Wohlfühlkino vom Feinsten – sondern auch eine wunderschöne und komplexe Ode an die Hoffnungen, Träume und Talente junger Frauen. / Lieblingsfilm von Sara Bucher / Zur ausführlichen Kritik
«Normal People» von Lenny Abrahamson und Hettie Macdonald
Die Story von «Normal People» ist schnell erzählt: Sie folgt der intensiven, zärtlichen und komplexen Beziehung zwischen Connell (Paul Mescal) und Marianne (Daisy Edgar-Jones), die sich in der Schule in einem irischen Kaff kennenlernen. Ihre Liebe ist manchmal ganz einfach, manchmal kompliziert; sie trennen sich, kommen wieder zusammen, lieben, streiten… Trotz der Unbeständigkeit ihrer Beziehung gibt es ein unleugbares und unantastbares Band zwischen den beiden, das sie über Jahre begleitet und immer wieder aufeinandertreffen lässt. Die Adaption des gleichnamigen Erfolgsromans von Sally Rooney erzählt die herzerwärmende und melancholische Geschichte zweier Menschen so berührend und authentisch, dass man nicht anders kann, als mit den beiden mitzuweinen, mitzulachen, mitzulieben und mitzuleiden. / Lieblingsserie von Christine Albrecht / Zur ausführlichen Kritik
«Corpus Christi» von Jan Komasa
Daniel hat die letzten fünf Jahre seines Lebens in einer Jugendstrafanstalt verbracht und dort zu Gott gefunden. Als er endlich wieder frei ist, bleibt ihm das Leben als Geistlicher aufgrund seiner Vorgeschichte jedoch verwehrt. Und doch gelingt es ihm – dank einer ziemlichen Prise Glück und Schläue – einer Gemeinde als neuer Priester vorzustehen. Der Protagonist, gespielt vom enigmatischen Bartosz Bielenia, wird so zu einem absurden spirituellen Führer im ländlichen Polen, ein Mensch, der Gutes will, aber dabei nicht immer zu den richtigen Mitteln greift und letztendlich nicht ankommt gegen das Schlechte und die Gewalt. Das Gewalttätige schlägt sich in «Corpus Christi» auch in den düsteren Bildern nieder, welche die Zuschauer*in in die bedrückende Welt Daniels hineinziehen und einen nicht mehr loslassen. / Lieblingsfilm von Mirjam Schilliger / Zur ausführlichen Kritik
«Kühe auf dem Dach» von Aldo Gugolz
«Kühe auf dem Dach» zeigt, was der Schweizer Dokumentarfilm draufhat – atmosphärisch, berührend und nah am Leben. Aldo Gugolz («Rue de Blamage») begleitet Fabiano auf einer abgelegenen Tessiner Alp, um die es schlecht steht: Die wirtschaftliche Situation ist angespannt, das Dach des Stalls wird marode, und ihren Alpkäse will auch niemand mehr kaufen. Weit weg vom idyllischen Heimatfilm zeichnet Gugolz eine regnerische, bedrückte Bergwelt und einen Menschen, der von den Fängen des Schicksals nicht los zu kommen scheint. Albträume von tanzenden Kühen und ein Schuldgefühl, verknüpft mit einem ungelösten Todesfall im Tal, verfolgen Fabiano. / Lieblingsfilm von Eveline Stalder
«Tenet» von Christopher Nolan
«Tenet» von Christopher Nolan war geniales grosses Mindfuck-Kino in einem Jahr, das an sich schon Mindfuck genug war. Aber trotzdem freuten sich alle auf diesen tausendfach verschobenen Film-Event, weil allein nur die Erwartungen an einen Nolan schon einiges vergessen lassen. Der Film mit einem kantigen John David Washington in der Hauptrolle riss einen aus der Pandemie-Paranoia heraus und verfrachtete einen in tolle Sets und ein spannendes Vexierbild aus Film. «Tenet» ist wie Ebbe und Flut, mit einem Uhrzeiger gemalt. / Lieblingsfilm von Dafina Abazi / Zur ausführlichen Kritik
«I’m Thinking of Ending Things» von Charlie Kaufman
Einer dieser Filme, bei denen man am Schluss kurz innehalten muss. Nicht nur, weil man das Gezeigte verarbeiten muss, sondern auch, weil man sich so sehr freut, endlich mal wieder eine wahre Filmperle erlebt haben zu dürfen. «I’m Thinking of Ending Things» von Charlie Kaufman ist so ein Filmerlebis, wo einem plötzlich der Boden unter den Füssen weggezogen wird, um anschliessend durch poetische Fantasie- und Parallelwelten hindurchzuschwimmen. Der Film überzeugt durch sein eigenständiges Drehbuch, wunderbare Kadragen und die grandiose Hauptdarstellerin Jessie Buckley. / Zur ausführlichen Kritik
«Petite fille» von Sébastien Lifshitz
«Petite fille» ist das berührende Portrait der achtjährigen Sasha und ihren Eltern. Obwohl sie biologisch männlich geboren wurde, war für Sasha schon immer klar, dass sie ein Mädchen ist – und das ist auch ihren Eltern bewusst. Einfühlsam und ohne voyeuristisch zu sein begleitet Sébastien Lifshitz die Familie und zeigt auf, welche Hürden es zu überwinden gibt – institutionelle und gesellschaftliche, innerhalb und ausserhalb der Familie. Eine Perle von einem Film. / Lieblingsfilm von Aurel Graf
«Les Misérables» von Ladj Ly
«Il n’y a ni mauvaises herbes ni mauvais hommes. Il n’y a que de mauvais cultivateurs.» Mit diesem Zitat von Victor Hugo endet Ladj Lys Spielfilmdebüt und bringt damit die vorangehenden 105 Minuten so genau auf den Punkt, dass es einem nur noch kalt den Rücken hinunterläuft. Der Franzose hat mit «Les Misérables» einen Film über die Pariser Banlieue-Problematik geschaffen, der Wut, Ungerechtigkeit und Machtlosigkeit so eindrücklich auf die Leinwand bringt, wie man es selten gesehen hat. / Lieblingsfilm von Aline Schlunegger / Zur ausführlichen Kritik
«Favolacce» von Damiano und Fabio D’Innocenzo
Es war einmal in einer sterilen Reihenhaussiedlung in einem Vorort Roms: In der sengenden Sommerhitze versucht so manche Familie, den perfekten Schein zu wahren. Doch unter der Oberfläche brodeln Neid und Missgunst, Frustration und Verzweiflung, Wut und Aggression. Die bürgerliche Fassade wird von den Gebrüdern D’Innocenzo mit emotionaler Wucht, kunstvollen Bildern und einem Hang zum Grotesken schleichend zersetzt. «Favolacce» erzählt von Perspektivlosigkeit und dauerfrustrierten Eltern, die ihren Kindern emotionale Reife abverlangen. Ein bitterböses, von einem harten Realismus durchzogenes Märchen, das aufgrund seiner beklemmenden Atmosphäre nachhaltig in Erinnerung bleibt. / Lieblingsfilm von Yanick Ammann / Zur ausführlichen Kritik
«El hoyo» von Galder Gaztelu-Urrutia
Aus unserer Lieblings-Streamingplattform entsprang diesen Frühling eine düstere Plattform, die es in sich hat: In «El hoyo» von Galder Gaztelu-Urrutia wird ein vermeintlicher Selbstfindungsaufenthalt im «vertikalen Zentrum für Selbstverwaltung» für Goreng (Iván Massagué) zum Überlebenskampf. Das gesellschaftskritische, mit vielen Metaphern angereichterte Horrormärchen aus Spanien lässt die Spielregeln von «Hunger Games» und das Coronalos, das uns im Westen zugekommen ist, harmlos aussehen, und noch heute rätseln wir, inwiefern denn nun genau die Panna cotta «el mensaje» ist. / Lieblingsfilm von Lola Funk
«The Assistant» von Kitty Green
Zwar einer der leiseren Filme, die 2020 im Kino liefen, aber einer jener Filme, die man nicht so schnell vergisst. «The Assistant» zeigt einen Tag im Leben von Jane (Julia Garner): Sie ist frischgebackene College-Abgängerin und hat eine Stelle als persönliche Assistentin im Büro eines grossen Filmmoguls erhalten. Die Hoffnung, im Filmbusiness Fuss zu fassen, bedeutet erst einmal, gute Arbeit als Assistentin zu liefern. Sie koordiniert Termine und Treffen mit (zu) jungen «Bewerberinnen» für den Chef, räumt die Exzesse der letzten Nacht auf und versucht, seine wütende Frau am Telefon abzuwimmeln – selbst wenn Letzteres unweigerlich dazu führt, von ihm am Telefon zur Schnecke gemacht zu werden. Den Chef sieht man niemals, und doch ist er in jeder Szene präsent, was den Film umso beklemmender macht. Ein starker Film, der gerade durch das Nicht-zeigen von bestimmten Dingen sehr viel sichtbar macht. Wenn «The Assistant» noch läuft, wenn die Kinos wieder öffnen: unbedingt anschauen! / Lieblingsfilm von Corinna Haag
«Babylon Berlin» von Tom Tykwer, Achim von Borries und Henk Handloegten (3. Staffel)
Auch die dritte Staffel von «Babylon Berlin» lässt einen abtauchen ins Berlin der wilden Zwanzigerjahre. Dieses Mal ermittelt das Duo Gereon Rath (Volker Bruch) und Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries) in der glamourösen Filmwelt und lässt sich dabei von neuen technischen Erfindungen in der Kriminalistik unterstützen. Spannend, unterhaltsam und durchaus auch etwas nachdenklich stimmend, kann man in zwölf Episoden die neuen Abenteuer der beiden verfolgen. Bereits ist eine vierte Staffel angekündigt, die sicher wieder genauso Spass macht. / Lieblingsserie von Franziska Merz / Zur ausführlichen Kritik
«BoJack Horseman» von Raphael Bob-Waksberg (6. Staffel, Teil 2)
2019 war das Jahr der misslungenen Serienabschlüsse, von «Game of Thrones» bis «Star Wars: The Rise of Skywalker». Doch schon im Januar 2020 zeigte die letzte Halbstaffel der animierten Netflix-Sitcom «BoJack Horseman», dass es auch anders geht: In acht Episoden, die, wie gewohnt, die bemerkenswerte Balance zwischen herzzerreissend, existenziell und urkomisch-absurd halten, wurde die vielleicht beste Serie aller Zeiten (sic) an ein melancholisches, bittersüsses, unterschwellig hoffnungsvolles Ende geführt. / Lieblingsserie von Alan Mattli / Zur ausführlichen Kritik
«The Climb» von Michael Angelo Corvino
Mike (Michael Angelo Corvino) ist ein egoistischer Macho und hält es für angebracht, seinen besten Freund Kyle (Kyle Marvin) darüber zu unterrichten, dass er mit dessen Verlobten geschlafen hat. Somit wäre diese Freundschaft beendet. Fürs Erste. Denn wie es so ist in langjährigen, innigen Beziehungen, lässt sich auch dieser toxische Bund nicht so leicht auflösen. Die Höhen und Tiefen, Absurditäten und Turbulenzen einer Männerfreundschaft, charmant und urkomisch in mehreren Kapiteln dargestellt, verleiht dem Buddykomödien-Subgenre eine längst überfällige und somit erfrischende neue Dimension. / Lieblingsfilm von Beate Steininger / Zur ausführlichen Kritik
«Wolfwalkers» von Tomm Moore und Ross Stewart
Das Mädchen Robyn (Honor Kneafsey) reist zusammen mit ihrem Vater (Sean Bean) nach Irland, um dabei zu helfen, die lokale Wolfspopulation auszurotten. Aber als sie im Wald auf die gleichaltrige Mebh (Eva Whittaker) trifft, ändert sich alles: Mebh ist nämlich ein Wolfwalker – sie kann sich in einen Wolf verwandeln. Die wachsende Freundschaft von Robyn und Mebh allein macht den Film schon wunderbar. Die Macher rücken die Geschichte der Mädchen ganz in den Fokus, ohne der Affiche noch eine Liebesgeschichte aufzuzwingen. Absolut bezaubernd ist ausserdem der handgezeichnete Animationsstil: Viele Szene wirken so, als stammten sie direkt aus einem Märchenbuch. Nach «Song of the Sea» ist dem Animationsstudio Cartoon Saloon damit ein weiteres Animationsmeisterwerk gelungen. «Wolfwalkers» ist aktuell nur auf Apple TV+ streambar. / Lieblingsfilm von Nicoletta Steiger / Zur ausführlichen Kritik
«His House» von Remi Weekes
Eine weitere Netflix-Trouvaille: Das Feature-Debüt des englischen Regisseurs Remi Weekes erzählt genreüberbordend von der Integration eines aus dem Südsudan geflohenen Pärchens, dem von der zuständigen Behörde ein ganzes Haus im Norden Londons zugesprochen wird, in dem die Geister ihrer Vergangenheit ihr Unwesen treiben. «His House» ist sozialkritischer moderner Horror im Stile Ari Asters, der direkt dem Unterbewusstsein unserer Protagonisten entspringt – ein ästhetisch ausgefeilter Leinwand-Albtraum über Heimat, Identität und zwei von zahlreichen Opfer der Flüchtlingskrise. / Lieblingsfilm von Lola Funk
«Von der Rolle» von Verena Endtner
Familienpolitisch ist die Schweiz konservativ: Nach der Geburt des ersten Kindes treten Mütter meist beruflich kürzer; nur einer von zehn Vätern arbeitet Teilzeit, und der Vaterschaftsurlaub, den die Schweiz als letztes europäisches Land 2021 einführt, dauert gerade einmal zwei Wochen. «Von der Rolle» zeigt drei heterosexuelle Paare mit Kindern, die das anders machen. Unaufgeregt gibt der Dokumentarfilm einen Einblick in ihren Alltag, der gerade durch seine konkreten Fragen zum Wer, Wann und Wie bei Betreuung und Hausarbeit zum Nachdenken über gesellschaftliche Normen und die eigenen Vorstellungen von Familie anregt. / Lieblingsfilm von Karla Koller / Zur ausführlichen Kritik
«Lovers Rock» von Steve McQueen
Der zweite Film der «Small Axe»-Anthologie, Steve McQueens fünfteiliger Hommage an die karibische Community von London, ist ein hinreissendes Meisterwerk des atmosphärischen Erzählens. McQueen, den man sonst eher mit getragener Kost wie «Shame» (2011) oder «12 Years a Slave» (2013) assoziiert, entführt sein Publikum in «Lovers Rock» an eine ausgelassene Hausparty irgendwo im Westlondon der Achtzigerjahre, wo gegessen, gesungen, geliebt und vor allem getanzt wird. Ein immersiveres Filmerlebnis gab es 2020 wohl nicht zu sehen. / Lieblingsfilm von Alan Mattli / Zur ausführlichen Kritik
«Breaking Surface» von Joachim Hedén
Die beiden erwachsenen Schwestern Ida (Moa Gammel) und Tuva (Madeleine Martin) sind erfahrene Taucherinnen – ein Tauchgang gehört zu jedem Familientreffen. Aber die Natur ist unberechenbar, und so geht dieses Mal trotzdem etwas schief. Die Schwestern finden sich in einem Wettkampf gegen die Zeit im eisigen Meer Norwegens wieder, während der Sauerstoff knapp wird und Hilfe nicht erreichbar scheint. Regisseur Joachim Hedén hat ein hochspannendes Thriller-Kammerspiel im Wasser kreiert, das während keiner der rund 80 Minuten an Intensität nachlässt. Die beiden Darstellerinnen sind grossartig, und die Kamera fängt die klaustrophobische Unterwasserstimmung in beeindruckenden Bildern ein. «Breaking Surface» ist auf DVD und Blu-ray erhältlich. / Lieblingsfilm von Nicoletta Steiger
«Berlin Alexanderplatz» von Burhan Qurbani
Ich war skeptisch, aber auch gespannt, als ich hörte, «Berlin Alexanderplatz» solle neu verfilmt werden, da ich mir nicht vorstellen konnte, wie das gewaltige Buch von Alfred Döblin und der Stoff der 1920er Jahre in die Gegenwart gebracht werden könnte. Der Sprung ins Hier und Jetzt ist Burhan Qurbanis Verfilmung dabei mehr als gelungen. Kraftvoll und wuchtig, grell und surreal, trist und melancholisch, fast romantisch führt uns die Erzählung vor Augen: Die Gesellschaft da draussen ist feindselig. Können wir dem jemals entkommen? Das schrille, aber unaufdringliche Bild-, Farb- und Soundkonzept entspricht dem expressionistischen Ton von Döblins Grossstadtroman und schafft sich so einen eigenen Kosmos, aus dem man herausgeht und weiss: Erst wenn man ganz unten angekommen ist, kann man wieder aufstehen und von Neuem anfangen. / Lieblingsfilm von Olaf Kah
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Bildquellen: Still aus «Normal People» © Photography Enda Bowe/BBC/Element Pictures/Hulu / Netflix-Titel: @Netflix 2020 / Ansonsten: Filmverleiher Schweiz / Filmstill «Babylon Berlin»: Sky Show / Bildcopyrights: © Frédéric Batier/X Filme Creative Pool GmbH/ARD Degeto Film GmbH/Sky Deutschland/WDR/Beta Film GmbH / Bildstill aus «Wolfwalkers»: Apple TV+ © 2020 Apple Inc. All rights reserved. / Bildstill aus «Lovers Rock»: © Des Willie/BBC/McQueen Limited /
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