Best of 2023: Das sind die 35 Lieblingsfilme und -serien der Maximum-Cinema-Redaktion
Das Kino- und Serienjahr 2023 ist zu Ende. Wir blicken zurück und präsentieren – wie letztes Jahr – die 35 Lieblingstitel unserer Redakteurinnen und Redakteure. Viel Spass mit dem Maximum-Cinema-Best-of 2023!
«Past Lives» von Celine Song
Eine Leinwandgeschichte voller Poesie, die mit wenigen Worten eine authentische Geschichte über die Liebe und das Leben zeichnet. Ein Film wie eine warme Decke, die einen im Kinosaal wärmt. Es sind Blicke voller Zärtlichkeit und Wut, die Celine Song so wunderbar einfängt. «Past Lives» zeigt in harmonisch inszenierten Bildern verletzliche, zärtliche, mutige und schreckliche Momente, in denen so bewusst gelebt und geliebt wird. Diese Dringlichkeit und Lebendigkeit dringt von der Leinwand direkt ins Herz. Unvergesslich schön – auch dank des grossartigen Soundtracks. / Dafina Abazi / Verfügbar auf Sunrise TV, Filmingo, Kino on Demand, blue TV, Apple TV, Google Play, Sky, DVD und Blu-ray / Zur ausführlichen Kritik / Zur Podcast-Diskussion
«Killers of the Flower Moon» von Martin Scorsese
Nach «The Irishman» legt Regie-Legende Martin Scorsese ein weiteres Epos über die amerikanische Geschichte vor: «Killers of the Flower Moon» beleuchtet die Mordserie, die in den Zwanzigerjahren das Reservat der Osage heimsuchte – und stellt dabei hochgradig relevante Fragen über die rassistischen Wurzeln der modernen USA. Scorsese nimmt dabei gängige Western- und Krimi-Konventionen auseinander und schafft damit ein atemberaubendes Stück historisches Kino. / Alan Mattli / Aktuell im Kino und verfügbar auf Apple TV, blue TV, Sky, Google Play, Microsoft Store und Rakuten sowie DVD und Blu-ray (ab 25.1.2024) / Zur ausführlichen Kritik
«Aftersun» von Charlotte Wells
Eine Vater-Tochter-Geschichte, die einem auf völlig unsentimentale Weise tief zu Herzen geht. Charlotte Wells hat mit «Aftersun» sowohl den Film mit dem tollsten Leinwandpaar als auch dem beeindruckendsten Filmende des Jahres abgeliefert. / Pascal Gut / Verfügbar auf DVD und Blu-ray / Zur ausführlichen Kritik
«Barbie» von Greta Gerwig
Wenn Menschen 2023 speziell verkleidet den Kinobesuch zum Event machten, dann lief nicht etwa ein neuer Marvel– oder «Star Wars»-Film, sondern Greta Gerwigs «Barbie». Der erfolgreichste Film des Kinojahres belebte den (feministischen) Diskurs – auch weil dem Film gerade in dieser Hinsicht nicht alles perfekt gelang. Den Spagat zwischen der Abrechnung mit dem «Barbie»-Klischee und dem PR-Vehikel, das es für den Spielzeughersteller Mattel sein sollte, meisterte der Film nicht immer gleich souverän. Und doch trug die bessere Hälfte von «Barbenheimer» viele Gedanken ins Mainstream-Kino, die dort bisher keinen Platz fanden. «Barbie» ist ein zuckersüsser Fiebertraum, ein wilder und bunter Film, der mit grossartigen Performances von Margot Robbie und Ryan Gosling und einem abgefahrenen Soundtrack für gute Stimmung sorgte. / Olivier Samter / Verfügbar auf Sunrise TV, blue TV, Apple TV, Google Play, Microsoft Store, Rakuten, Sky, DVD und Blu-ray / Zur ausführlichen Kritik / Zur Podcast-Diskussion
«Saltburn» von Emerald Fennell
Willkommen bei «Saltburn», einem filmischen Trip in die britische Oberschicht. Geschickt erzählt und visuell exzessiv verschachtelt, nimmt uns Emerald Fennell («Promising Young Woman») mit auf eine Achterbahnfahrt mit viel Tempo, einem atemberaubenden Soundtrack und einer Besetzung, die Spass macht – allen voran Barry Keoghan («The Killing of a Sacred Deer», «The Banshees of Inisherin») mit einer Performance, die einen in den Bann zieht, ob man will oder nicht. Wer diese Horror-Drama-Satire auf der grossen Leinwand sehen kann, hat Glück, denn dort gehört dieser spannende Film auch hin – nichts für schwache Nerven! / Simon Keller / Verfügbar auf Prime Video / Zur ausführlichen Kritik
«Tár» von Todd Field
Nach 16 Jahren Pause meldete sich US-Regisseur Todd Field («In the Bedroom», «Little Children») mit seinem neuen Werk «Tár» zurück. Das fast dreistündige Psychodrama, das er für Hauptdarstellerin Cate Blanchett schrieb, handelt von der fiktiven Dirigentin Lydia Tár, die durch ihr zwielichtiges Verhalten in Ungnade fällt. Die grossartig inszenierte Charakterstudie lebt nicht zuletzt von der präzisen schauspielerischen Leistung Blanchetts und liefert ordentlich Stoff zum Diskutieren und Nachdenken. So wird «Tár» auch bei der zweiten und dritten Visionierung sicher nicht langweilig. / Elena Stern / Verfügbar auf blue TV, Sky, Microsoft Store, Apple TV, Google Play, Rakuten, DVD und Blu-ray / Zur ausführlichen Kritik / Zur Podcast-Diskussion
«Fallen Leaves» von Aki Kaurismäki
Der finnische Meister der Lakonie ist zurück: In der tragikomischen Romanze «Fallen Leaves» erzählt Aki Kaurismäki («Le Havre», «The Other Side of Hope») in seinem unverwechselbaren Stil von von einer einsamen Supermarktangestellten (Alma Pöysti) und einem alkoholkranken Bauarbeiter (Jussi Vatanen), die sich im Schatten des Weltgeschehens – Ukrainekrieg, kapitalistische Ausbeutung, Wirtschaftskrise – ineinander verlieben. Der Humor ist staubtrocken, die Bildgestaltung und das Retro-Dekor sind wunderschön, und die Menschlichkeit, die Kaurismäki in seiner simplen Fabel zelebriert, erinnert daran, wie wichtig es ist, sich selbst in düsteren Zeiten eine bessere Welt vorzustellen. / Alan Mattli / Aktuell im Kino und verfügbar auf Filmingo sowie DVD und Blu-ray (ab 18.1.2024) / Zur ausführlichen Kritik
«Anatomie d’une chute» von Justine Triet
Der diesjährige Gewinner der Palme d’Or in Cannes hat es in sich: Die renommierte Schriftstellerin Sandra (Sandra Hüller) wird des Mordes an ihrem Ehemann Samuel (Samuel Theis) verdächtigt. Es gibt keine Zeug*innen; nur der gemeinsame Sohn Daniel (Milo Machado Graner), der mit einer Sehbehinderung lebt, war zum Zeitpunkt von Samuels tödlichem Sturz anwesend. Es beginnt ein zermürbender Prozess, in dem nicht nur die Beziehung des Ehepaars, sondern vor allem auch Sandras Leben seziert wird. Regisseurin Justine Triet schafft es in «Anatomie d’une chute» – mithilfe einer beeindruckenden Leistung von Sandra Hüller («Toni Erdmann») in der Hauptrolle – ihr Publikum mit subtilen Stilelementen, Zwischen-den-Zeilen-Kommentaren und unscheinbaren Blicken satte zweieinhalb Stunden durchgehend zu fesseln. Das soll ihr erst jemand nachmachen. / Aline Schlunegger / Aktuell im Kino und verfügbar auf Apple TV sowie DVD und Blu-ray (ab 29.2.2024) / Zur Podcast-Diskussion
«Perfect Days» von Wim Wenders
Wie sieht ein perfekter Tag aus? Diese Frage würde wahrscheinlich jede*r von uns anders beantworten. Für Hirayama (Kōji Yakusho) liegt die Besonderheit seines Lebens in seinem strukturierten Alltag als Reinigungskraft in den öffentlichen Toiletten Tokios. Er hat die Gabe, die Schönheit in allem zu sehen, vor allem aber in seiner Liebe zur Musik, zu Büchern und zu den Bäumen, von denen er gerne Fotos macht. «Perfect Days» des deutschen Regisseurs Wim Wenders zeigt auf wunderbare Weise, dass keine komplexe Sprache notwendig ist, um tiefe Emotionen und die Essenz unserer Menschlichkeit zu vermitteln. / Elena Stern / Aktuell im Kino
«Oppenheimer» von Christopher Nolan
Vor lauter «Barbenheimer»-Memes sollte eines nicht vergessen werden: «Oppenheimer», Christopher Nolans dreistündiges Biopic über J. Robert Oppenheimer (Cillian Murphy), den «Vater der Atombombe», ist ein grossartiger Film – womöglich sogar Nolans bester. Der mitreissende Dialogfilm, der Oppenheimers Rolle in der Konstruktion der grössten Massenvernichtungswaffe aller Zeiten in den Kontext der imperialen amerikanischen Nachkriegspolitik stellt, ist eine hervorragende Mischung aus Nolan’schem Spektakel und thematischer Substanz, die Hoffnung macht: Wenn ein dermassen ausladender und dichter Film – der sein Publikum obendrein mit dem Gefühl aus dem Kino entlässt, es werde höchstwahrscheinlich einer nuklearen Apokalypse zum Opfer fallen – einer der erfolgreichsten Kassenschlager des Jahres werden kann, dann ist das Kino vielleicht doch nicht so moribund, wie ihm nachgesagt wird. / Alan Mattli / Aktuell im Kino und verfügbar auf Sunrise TV, Google Play, Microsoft Store, blue TV, Apple TV, Rakuten, Sky, DVD und Blu-ray / Zur ausführlichen Kritik / Zur Podcast-Diskussion
«Asteroid City» von Wes Anderson
Nach einem Jahr von furchtbaren AI-Imitationen und TikTok-Trends waren die Reaktionen auf Wes Andersons neuesten Streich nicht ganz so begeistert, wie sie hätten sein können – oder vielleicht sollen. Denn «Asteroid City» beweist einmal mehr, dass Anderson weit mehr ist als imitierbare Ästhetik. Hinter den bekannten Pastellfarben und symmetrischen Einstellungen liegt ein subtiles und emotional vielschichtiges Stück über Trauer, den Kern Amerikas, und was es bedeutet, Kunst zu schaffen. Klingt gross – und ist es auch. / Sara Bucher / Verfügbar auf Sunrise TV, Microsoft Store, blue TV, Apple TV, Google Play, Rakuten, Sky, DVD und Blu-ray / Zur ausführlichen Kritik / Zur Podcast-Diskussion
«The Banshees of Inisherin» von Martin McDonagh
Wer trockenen schwarzen Humor mag, darf «The Banshees of Inisherin» nicht verpassen. In einem winzigen irischen Dorf leisten sich zwei äusserste sturköpfige Männer, gespielt von Colin Farrell und Brendan Gleeson, ein symbolisches Tauziehen um ihre Freundschaft, das zunehmend ausartet und bald auch andere Bewohner der kleinen Insel durcheinanderrüttelt. Scharfe Dialoge, urchige Ehrlichkeit und fehlbare, aber trotzdem liebenswerte Figuren machen diesen Film zum Vergnügen. Und dass die Kamera die irische Insellandschaft in schönen, stimmigen Bildern einfängt, schadet auch nicht. / Nicoletta Steinger / Verfügbar auf Disney+, Sunrise TV, blue TV, Google Play, Microsoft Store, Rakuten, Sky, Apple TV, DVD und Blu-ray / Zur ausführlichen Kritik
«BlackBerry» von Matt Johnson
Ironischerweise war «BlackBerry» genauso ein Flop wie das Produkt, von dem er handelt. Doch das hat dieser sehr gute Film nicht verdient: Hier erzählt Regisseur Matt Johnsons vom Aufstieg und Fall des titelgebenden Mobiltelefons. Dabei versucht der Film weniger, alle Ereignisse wahrheitsgemäss wiederzugeben, und mehr, die Geschichte möglichst unterhaltsam zu erzählen. Resultat ist eine vielschichtige Komödie. / Aline Locher / Verfügbar auf Apple TV und Microsoft Store
«Succession» von Jesse Armstrong (4. Staffel)
Die HBO-Serie «Succession» von Jesse Armstrong über den Erbfolgekrieg in einem Medienkonzern bietet einen facettenreichen und spannenden Einblick in die Welt des Corporate America. Die Story – welches der drei Kinder bekommt den Chefposten des scheidenden Papas? – ist nicht neu, und das Thema Familienfehde wird seit Jahrhunderten immer wieder erzählt. Neu ist nur die Verlegung in die digitalisierte Welt der modernen USA. Und auch in der vierten Staffel sind es vor allem wieder diese stark gezeichneten, ekelhaften und egoistischen Pakete von Nachfolge-Intrigant*innen, die diese Serie von anderen abheben. Der Kampf um Aufmerksamkeit, die Gier nach Geld und Macht ist fiebrig und abwechslungsreich inszeniert, das Ensemble rund um Brian Cox überzeugt, und der Soundtrack macht die Serie zu einer Art «Hamlet» der Big-Data-Generation. Eine Serie, wie man sie nur alle paar Jahre sieht. / Simon Keller / Verfügbar auf Sky, Google Play, Microsoft Store und DVD
«Simple comme Sylvain» von Monia Chokri
In «Simple comme Sylvain» prallen zwei Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten aufeinander, die ein echtes Liebespotenzial haben. Der Kern des Films ist die Situationskomik, die entsteht, wenn diese Menschen jenseits der 40 bereit sind, ihr Liebesleben völlig umzukrempeln. Obwohl das französischsprachige Kino oft Liebesfilme in Schwermütigkeit zelebriert, schafft Regisseurin Monia Chokri durch eine poppige Inszenierung, warme Farben und scharfe Zooms eine neue Komik, Sinnlichkeit und Rhythmus. / Beate Steiniger
«Roter Himmel» von Christian Petzold
Den neuesten Film von Christian Petzold («Transit», «Undine») zu schauen, fühlt sich so an, wie in einen Sommernachtstraum einzutauchen: Leon (Thomas Schubert) und Felix (Langston Uibel) verbringen den Sommer in einem Strandhaus an der Ostsee. Erst bei ihrer Ankunft erfahren sie, dass sie die Bleibe mit der aufgeweckten Nadia (Paula Beer) teilen müssen. Griesgram Leon passt das gar nicht in den Kram, und noch viel weniger passt ihm ihr Liebhaber Devid (Enno Trebs). Doch schon bald lodern unter den vier jungen Leuten noch ganz andere Gefühle auf. Aber auch die Waldbrände in der Umgebung kommen immer näher. Vor der Kulisse der malerischen Ostsee und mit dem betörendsten Theme-Song seit Langem – «in my mind» von Wallners – zieht «Roter Himmel» sein Publikum so subtil wie eindringlich in den Bann eines scheinbar endlosen Sommers. / Aline Schlunegger / Verfügbar auf Sunrise TV, Filmingo, Kino on Demand, blue TV, Apple TV, Google Play, Sky, DVD und Blu-ray / Zur ausführlichen Kritik / Zur Podcast-Diskussion
«The Boy and the Heron» von Hayao Miyazaki
Der streckenweise erratisch und bruchstückhaft erzählte «The Boy and the Heron» mag nicht Hayao Miyazakis bester Film sein, doch wenn er damit wirklich seine Karriere beenden wird, ist dem japanischen Anime-Regisseur mit seiner 13. Regiearbeit ein würdiger Abschluss gelungen. «The Boy and the Heron» erzählt von einem Jungen, der im Japan des Zweiten Weltkriegs aufs Land zieht – und dort von einem mysteriösen Reiher in eine Parallelwelt geführt wird. Der in Ansätzen auf Genzaburō Yoshinos wunderbarem Jugendbuch «How Do You Live?» (1937) basierende Film ist ein melancholisches und träumerisches Werk über Abschied und das Erwachsenwerden, das sich nur Hayao Miyazaki so hätte ausdenken können – und das von Joe Hisaishi einen seiner besten Musikscores spendiert bekommt. / Olivier Samter / Aktuell im Kino / Zur ausführlichen Kritik / Zur Podcast-Diskussion
«Wonka» von Paul King
Wie viele Prequels allseits bekannter Figuren braucht die Welt noch? Wenn sie so charmant daherkommen wie «Wonka», dann gerne noch viel mehr. «Paddington»-Regisseur Paul King erzählt mit viel Musik, Tanz und Herz aus den Jugendjahren des späteren Schokoladenfabrikanten Willy Wonka. Timothée Chalamet spielt, tanzt und singt sich durch eine herrlich ausgestattete, bonbonbunte Welt, dass es eine Freude ist. Begleitet wird er von einem vor Spielfreude platzenden Ensemble, das von einer herrlich fies-durchtriebenen Olivia Colman bis zu einem schrägen, miesepetrigen Hugh Grant reicht. Während in den früheren Verfilmungen Gene Wilder gelegentlich und Johnny Depp etwas zu oft die düsteren Seiten von Roald Dahls Figur durchblitzen liessen, ist Chalamets Interpretation durch und durch naiv, gutmütig, einfallsreich und einfach grundsympathisch. «Wonka» ist pure, zuckersüsse Kinomagie und könnte sich durchaus einen Platz in der Liste der Filme, die man regelmässig zu Weihnachten schaut, sichern. / Matthias Ettlin / Aktuell im Kino / Zur ausführlichen Kritik
«The Wheel of Time» von Rafe Judkins (2. Staffel)
Wie alle mächtigen Magierinnen der Aes Sedai hat Moiraine Damodred (Rosamund Pike) in ihrem Leben nur ein Ziel: den wiedergeborenen Drachen vor den Mächten des Bösen zu schützen. Rand al’Thor (Josha Stradowski) ist dieser wiedergeborene Drache – ein Mensch, der dazu bestimmt ist, die Welt zu retten oder sie zu zerstören. In «The Wheel of Time» treffen grossartig inszenierte Welten auf einzigartige Figuren, die einem schnell ans Herz wachsen. Die Serie basiert auf den gleichnamigen Büchern von Robert Jordan aus den 1990er Jahren, und nach zwei erfolgreichen Staffeln ist mindestens eine weitere bereits in Arbeit. Ein Muss für alle Fantasy-Fans. / Elena Stern / Verfügbar auf Prime Video
«Talk to Me» von Danny und Michael Philippou
Eine esoterische Mutprobe unter übermütigen Teenager, die schiefgeht: Die Brüder Danny und Michael Philippou bedienen sich in «Talk to Me» eines klassischen Horrormusters und machen daraus einen wunderbar originellen Film. Sie tauchen in die tatsächlichen Ängste der Teenager ein, anstatt Klischeemonster aufzufahren, und kreieren daraus einen Film, der dem Horrorgenre dennoch zu jedem Zeitpunkt gerecht wird. / Nicoletta Steiger / Verfügbar auf Kino on Demand, blue TV, Apple TV, Google Play, Sky, DVD und Blu-ray
«La chimera» von Alice Rohrwacher
Der glamouröse Cameo, zu dem das Luzerner Vierwaldstätterseebecken in «La chimera» kommt, ist nicht der einzige Grund, den neuen Film der italienischen Regisseurin und Drehbuchautorin Alice Rohrwacher («Lazzaro felice») zu sehen. In ihrer magisch überhöhten Geschichte einer Gruppe von Raubarchäologen, die in der Toskana der Achtzigerjahre etruskische Gräber ausräumen, denkt sie mit der für sie typischen formalen Spielfreude nicht nur über das moralische Dilemma der Archäologie nach, sondern legt auch eine ebenso berührende wie gewitzte Auseinandersetzung mit wirtschaftlicher Ungleichheit, dem italienischen Stadt-Land-Graben und den mystischen Verbindungen zwischen den Menschen und der Erde vor. Kurzum: Mit «La chimera» erhärtet sich der Verdacht, dass Rohrwacher eine der spannendsten Künstlerinnen des europäischen Gegenwartskinos ist. / Alan Mattli / Aktuell im Kino in der Romandie und im Tessin / Zur ausführlichen Kritik
«Influencer» von Kurtis David Harder
Der Titel und der Beginn des Films dürften einige Zuschauer*innen nicht ansprechen: Die Influencerin Madison (Emily Tennant) ist auf einem Solo-Trip in Thailand und lässt ihre Follower minutiös an ihrem Urlaub teilhaben. «Influencer» nimmt aber schnell Fahrt auf und wird für die eine oder andere Person zu einem Kampf ums Überleben. Die Musik passt perfekt und die schauspielerische Leistung ist gut – ein durch und durch cooler Film. / Aline Locher / Verfügbar auf blue TV, Apple TV, Google Play, Rakuten, DVD und Blu-ray
«The Fall of the House of Usher» von Mike Flanagan
Mike Flanagan («Doctor Sleep», «Midnight Mass») nutzt die Erzählung der verfluchten Familie Usher als Gerüst, um die bekanntesten Geschichten und Gedichte Edgar Allan Poes in einer schauerlich-makaber erzählten Miniserie unterzubringen. Dabei stellt er ein grossartiges und auch ziemlich grosses Ensemble vor, bei dem man dank packender Performances nie den Überblick verliert. Klasse-Schauspieler*innen wie Bruce Greenwood, Mary McDonnell, Carl Lumbly, Mark Hamill und Carla Gugino verleihen der Usher-Familie und ihrem Umfeld eine enorme Gravitas. Doch die grösste Stärke in der Horrorserie «The Fall of the House of Usher» liegt, wie auch bei früheren Flanagan-Werken, nicht in billigen Schreckmomenten, sondern im tief verstörenden Familiendrama. Ein Best-of der Poe-Storys, eine gelungene Hommage an das Werk des Horror-Literaten und einfach eine schauerlich-unterhaltsame Serie. / Matthias Ettlin / Verfügbar auf Netflix / Zur Podcast-Diskussion
«Ein ganzes Leben» von Hans Steinbichler
Diese wahrhaftige, wuchtige und dennoch stille Geschichte ist ganz grosses Kino, fernab von jeglichen Heimatfilmen aus den 1950er Jahren, wo man der Nachkriegsbevölkerung eine heile Bergwelt vorgaukeln wollte. «Ein ganzes Leben» beschreibt das wahre entbehrungsreiche Leben am Berg über acht Jahrzehnte des einfachen Mannes Andreas Egger und zeigt die Landschaft, wie sie ist. Mal majestätisch, mal bedrohlich. / Beate Steininger / Verfügbar auf DVD und Blu-ray (ab 17.5.2024) / Zur ausführlichen Kritik
«The Bear» von Christopher Storer (2. Staffel)
Christopher Storers «The Bear» ist eine der meistgelobten Serien des Jahres – und das zu Recht: Auch die zweite Staffel verquirlt den adrenalingeladenen Küchenalltag eines Chicagoer Sandwichladens mit den nicht minder chaotischen Innenleben seiner komplexen Figuren. Das Resultat ist ein köstliches Drama um Sinnsuche und Zugehörigkeit, bei dem einem das Lachen des Öfteren im Hals stecken bleibt. / Sara Bucher / Verfügbar auf Disney+ / Zur ausführlichen Kritik
«L’immensità» von Emanuele Crialese
«L’immensità» ist die liebevoll erzählte Geschichte über die Verbundenheit zwischen einem Kind und dessen Mutter, die beide in einer Welt leben, in der für sie kein Platz zu sein scheint. Während sich die zwölfjährige Adriana (Luana Giuliani) fremd in ihrem Körper fühlt, sieht sich ihre Mutter (Penélope Cruz) in den Konventionen der Ehe im Italien der 1970er Jahren gefangen. In dieser gemeinsamen Einsamkeit finden die beiden ihre Verbundenheit. Eine herzerwärmende Geschichte, die einem vor Augen führt, wie wenig es doch manchmal braucht, um der Schwere des Lebens von Zeit zu Zeit zu entfliehen. / Elena Stern / Verfügbar auf Filmingo, Kino on Demand, blue TV, Apple TV, Google Play, Sky, DVD und Blu-ray / Zur ausführlichen Kritik
«Le otto montagne» von Felix van Groeningen und Charlotte Vandermeersch
Basierend auf einer Romanvorlage des italienischen Autors Paolo Cognetti, erzählen Charlotte Vandermeersch und Felix van Groeningen in «Le otto montagne» die Geschichte vom Stadtjungen Pietro und Bruno, dem Kuhhirten und letzten verbleibenden Kind im Dorf des Aostatals. Es ist eine Freundschaft, die über Jahrzehnte dauern wird, eingebettet in ebendieses Tal und immer wieder begleitet von einem Streben nach oben zu den Gipfeln und ins Innere des menschlichen Daseins. Die viszeralen Darstellungen von Luca Marinelli und Alessandro Borghi hallen noch lange nach. Es bleibt ein bittersüsser Schmerz und die ewige Frage danach, wo jeder Mensch denn seinen Platz in der Welt hat. / Mirjam Schilliger / Verfügbar auf Filmingo, Microsoft Store, Rakuten, blue TV, Sky, Kino on Demand, Apple TV, DVD und Blu-ray
«Dix pour cent» von Fanny Herrero
«Dix pour cent» – auch bekannt als «Call My Agent!» – wurde an sich schon 2015 produziert, wurde in unseren Breitengraden aber erst kürzlich auf Netflix und Prime Video verfügbar und bekannt. Miterschaffen wurde Fanny Herreros Serie über eine Pariser Schauspielagentur vom langjährigen Agenten und Casting-Direktor Dominique Besnehard, dem wohl auch die hochkarätigen Episodenhauptrollen zu verdanken sind. In jeder Folge treten jeweils Stars wie Isabelle Huppert, Charlotte Gainsbourg und Jean Reno als sich selber auf und stellen die Agent*innen vor immer neue Herausforderungen. Ein herausragendes Drehbuch und grossartige Darstellungen sorgen für viele Lacher, aber auch feinere Momente mit ganz viel Herz. / Mirjam Schilliger / Verfügbar auf Netflix, Prime Video, Sunrise TV, Google Play und DVD
«Dead Ringers» von Alice Birch
Elliot und Beverly Mantle (Rachel Weisz) sind Zwillinge, die alles miteinander teilen: ihren Job als Gynäkologinnen, manchmal ihre Liebhaber, aber auch den unbändigen Willen, alles zu tun, was nötig ist, um ihre Ziele zu erreichen. Dazu gehört auch das Überschreiten der Grenzen medizinischer Ethik zugunsten der weiblichen Gesundheit. Inspiriert ist die Serie von David Cronenbergs gleichnamigem Horrorfilm aus dem Jahre 1988, geht aber weit darüber hinaus, einfach nur eine Kopie mit weiblichen Protagonistinnen sein zu wollen. «Dead Ringers» von Alice Birch ist eine amüsant groteske, zeitweise etwas blutige Miniserie, die bis zur letzten Minute fesselt und sich perfekt für einen Binge-Watch-Marathon eignet. / Elena Stern / Verfügbar auf Prime Video
«Godzilla Minus One» von Takashi Yamazaki
Als sie die Remake-Rechte an «Godzilla» vergaben, einigten sich die japanischen Toho-Studios und der US-Konzern Legendary darauf, dass sie nicht beide im gleichen Jahr einen Film mit der Riesenechse machen dürfen. Weil die Amerikaner ihren vierten Film im kommenden Jahr platziert haben – das 70-Jahre-Jubiläum des ersten «Godzilla»-Films –, zog Toho den Geburtstag vor und feierte schon 2023 – und wie. «Godzilla Minus One» ist ein Film irgendwo zwischen Remake und Hommage, der das erschütterte Nachkriegs-Japan mit der Riesenechse konfrontiert. Regisseur Takashi Yamazaki schafft einen aufrichtigen Film mit grossen Emotionen und ganz viel Pathos – auch dank des dramatischen Soundtracks von Naoki Satō. «Godzilla Minus One» ist ein beeindruckender Film, der viel Spass macht und der sich selber so ernst nimmt, dass gar niemand erst auf die Idee kommen kann, dass das Unfug sein könnte. / Olivier Samter / Aktuell im Kino
«The Last of Us» von Craig Mazin und Neil Druckmann
Game-Verfilmungen tun sich erfahrungsgemäss schwer damit, den Reiz eines Videospiels in einen nicht-interaktiven Rahmen zu übersetzen. Doch nach Jahrzehnten der Enttäuschung – von etlichen Uwe–Boll-Machwerken bis hin zu Mainstream-Enttäuschungen wie «Warcraft» (2016), «Tomb Raider» (2018) und «Uncharted» (2022) – hat es nun wenigstens die erste Staffel von «The Last of Us» geschafft, den Fluch zu brechen. Entwickelt von Craig Mazin («Chernobyl») und Neil Druckmann, dem Co-Creator des gleichnamigen Games, entführt die Serie ihr Publikum in eine postapokalyptische Zukunft, in der ein Grossteil der Menschheit von einem Pilz dahingerafft wurde, der die menschliche Hirnstruktur umprogrammiert und seine Opfer wie willenlose Zombies über die Überlebenden herfallen lässt. Vor diesem Hintergrund freundet sich ein grimmiger Söldner (Pedro Pascal) mit einem gegen den Pilzbefall immunen Mädchen (Bella Ramsey) an – doch deren Geschichte, die zu jeder Menge spannender und herzzerreissender Szenarien führt, wird ergänzt durch eine Reihe anderer Schicksale, die in «The Last of Us» aufgearbeitet werden. Das Highlight: Episode drei, «Long, Long Time», in der Nick Offerman («Parks and Recreation») und Murray Bartlett («The White Lotus») die narrativen Konventionen des Zombie-Genres auf tief berührende Art und Weise unterlaufen. / Alan Mattli / Verfügbar auf Sky, Google Play, Microsoft Store, DVD und Blu-ray
«Tschugger» von David Constantin und Mats Frey (3. Staffel)
Bax (David Constantin) hat sich in Bern eine neue Existenz als Smoothie-Verkäufer aufgebaut und verbringt seinen Alltag nun fernab der Polizeiwache mit Atemübungen und Selbstfindungstrips. Doch schon bald wird er wieder im Wallis gebraucht: ein mysteriöser Mord, eine verschwundene Akte – und den Welschen ist eh nicht zu trauen. Die dritte Staffel der Schweizer Erfolgsserie «Tschugger» ist noch wilder, noch lustiger und noch spannender als ihre Vorgängerinnen – und macht grosse Vorfreude auf die kommende vierte (und vorerst letzte) Staffel. / Aline Schlunegger / Verfügbar auf Play Suisse, DVD und Blu-ray
«Only Murders in the Building» von Steve Martin und John Hoffman (3. Staffel)
Auch in der dritten Staffel der Serie «Only Murders in the Building», mitproduziert von Steve Martin, Martin Short und Selena Gomez, stolpern die drei als Charles, Oliver und Mabel wieder über einen Mordfall im New Yorker Arconia. Diesmal geht es um den Mord an Ben (Paul Rudd), einem berühmten Schauspieler, der die Hauptrolle in Olivers neuem Stück hätte spielen sollen. Die drei Amateurdetektiv*innen und True-Crime-Liebhaber*innen verdächtigen bald die gesamte Theatertruppe, was auch für sie ungeahnte Folgen hat, da sie selbst in Liebesaffären mit einzelnen Mitgliedern verwickelt sind. Meryl Streep bezaubert in ihrer Rolle als verkannte Schauspielerin Loretta und das Trio Martin, Short und Gomez ist wie immer unglaublich unterhaltsam. Auch die dritte Staffel ist ein grosses Vergnügen mit Broadway- und New-York-Charme und macht Lust auf mehr. / Franziska Merz / Verfügbar auf Disney+
«Feminism WTF» von Katharina Mückstein
Am Zurich Film Festival protestierte Katharina Mückstein gegen die Einladung von Roman Polanski, gegen den Vergewaltigungsvorwürfe vorliegen. Die Österreicherin kritisiert mit «Feminism WTF» denn auch explizit die Rape Culture, die Tätern noch immer eine Bühne gibt. Doch der Dokumentarfilm ist mehr als nur eine Abrechnung mit dem französisch-polnischen Regisseur: Mit kunstvoll-künstlich inszenierten Talking-Head-Interviews von Expert*innen, Experimenten und Performances beleuchtet die Filmemacherin feministische Anliegen aus unterschiedlichen Perspektiven und zeigt dabei gekonnt die Notwendigkeit einer intersektionalen Herangehensweise auf. / Olivier Samter / Aktuell im Kino
«The Marvelous Mrs. Maisel» von Amy Sherman-Palladino (5. Staffel)
Die hervorragende Retro-Dramedy-Serie «The Marvelous Mrs. Maisel» bleibt auch in ihrer letzten Staffel ein spritzig inszeniertes, clever geschriebenes und schlagfertig-skurril gespieltes Serienjuwel. Der smarte Witz und die rasanten Dialoge von Amy Shermann-Palladino («Gilmore Girls») sind knackig wie eh und je – und sie erzählt die Geschichte um die durch Zufälle und besondere Umstände in die Comedyszene eingetauchte Fünfzigerjahre-Vorzeigehausfrau Midge Maisel (Rachel Brosnahan) mit viel Wärme, Charme und diesmal auch einer grosszügigen Portion Melancholie zu Ende. Die zauberhaft-nostalgische Kulisse und die grossartig gespielten Nebenfiguren laden ein, auch nach ihrem Abschluss wieder und wieder in die Serie einzutauchen. / Matthias Ettlin / Verfügbar auf Prime Video
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