Hier präsentieren wir unsere liebsten Lang- und Kurzfilme der diesjährigen Ausgabe. Am Schluss des Artikels gibt es zudem noch ein paar Impressionen unseres Apéros und weiterer Highlights. (Texte und Bilder: Joel Singh, Simon A. Keller und Aurel Graf)
1. Langspielfilm:
«BlacKkKlansmann» von Spike Lee
Ein wuchtiger Film mit einer starker politischen Botschaft gegen Rassismus in den USA. Spike Lee hat mit «BlacKkKlansmann» nicht nur einen sehr unterhaltsamen, sondern auch einen unverhohlenen «Fuck-Trump»-Streifen gemacht, der viel Spass macht. Und auch auf der Piazza hat der Film das Publikum überzeugt: Es hat ihn direkt mit dem wohlverdienten Prix du Public ausgezeichnet.
Den Film präsentieren wir am 20. August in Zürich, wo man ihn im KOSMOS mit einer Einführung von Christian Jungen (NZZ am Sonntag/Frame) und Elisabeth Bronfen (Professorin für Anglistik, Universität Zürich) erleben darf. Tickets kann man sich hier sichern: http://bit.ly/VPBlackKklansman
«Le vent tourne» von Bettina Oberli
Auf einem Bauernhof im Jura, fernab vom nächsten Dorf, leben Pauline und Alex ihren Traum von einem selbstversorgten Leben im Einklang mit der Natur. Ihr simpler, aber arbeitsamer Alltag schweisst die beiden zusammen und lässt ihnen viel Platz für Ideale und Harmonie. Als die beiden eine Windturbine errichten lassen, um eigenen Storm erzeugen zu können, tritt der weltliche Ingenieur Samuel in ihr Leben und droht das feine Band, das die beiden verbindet, zu zerreissen. Bettina Oberli («Die Herbstzeitlosen», «Tannöd») hat mit «Le vent tourne» wieder einmal einen fein ausgearbeiteten Film geschaffen, welcher durch die herausragende Kameraarbeit von Stéphane Kuthy und durch die authentischen Hauptdarsteller überzeugt.
«Closing Time» von Nicole Vögele
Ein nächtliches Kaleidoskop in den Strassen von Taipeh. Wunderschön fotografiert, zeigt uns Regisseurin Nicole Vögele unterschiedlichste Facetten der Zhongzheng Street um drei Uhr morgens. Ohne Kommentar erleben wir sehr intensiv, wie sich die Anwohner und Arbeiter dieser Strasse durch ihre Arbeit definieren – mechanisches Funktionieren auf kleinem Raum. Ein sehr stimmiger und atmosphärisch dichter Film, der zwar ein wenig zu lange geraten ist, aber durch seine einfache Dramaturgie und die wunderbar ausgesuchten und portraitieren Menschen besticht. Ausgezeichnet wurde der Film mit dem Special Jury Preis in der Sektion Cineasti del Presente. Hochverdient!
«Yara» von Abbas Fahdel
Eine wunderbare Liebesgeschichte in den Bergen des nördlichen Libanon. Abgeschottet in einem kleinen Dorf, lebt Yara mit ihrer Grossmutter. Ihr Alltag besteht aus Wäsche waschen, Tiere füttern und Einkäufe organisieren. Eines Tages verirrt sich ein Junge in ihrem Alter zu den Beiden. Und das ist der Anfang einer herzerwärmenden Liebesgeschichte, die mit sehr wenig auskommt. Ein Film, der flüstert, und mit wenig doch viel sagt, dass es die ganze Welt hören möge. In seiner Einfachheit liegt die grosse Stärke dieses kleinen Märchens. Und umso ergreifender wirken diese leisen Momente, wo Tiere, Bäume, Wände und Winde alle die gleiche Sprache sprechen. Ein poetischer Film, der es verdient gehabt hätte, den goldenen Leoparden mit nach Hause zu nehmen.
«Insulare» von Stéphane Goël
Man glaubt es kaum, aber im Jahr 1877 besiedelte der Berner Alfred von Rodt eine kleine steinige Insel, die einige Schiffsstunden von der chilenischen Küste entfernt liegt. Auch heute wird die Insel namens Robinson Crusoe noch von Fischern und Krabbenfängern bewohnt, die trotz chilenischer Staatsangehörigkeit stolz auf ihre helvetischen Wurzeln sind. «Insulare» von Stéphane Goël ist ein bildgewaltiger Dokumentarfilm, der einen einmaligen Blick in eine fremde Welt mit ihren eigenen Regeln erlaubt und auf kreative Art und Weise die Frage nach der Existenz des Menschen stellt. Zum Trailer.
«Glaubenberg» von Thomas Imbach
Lena und ihr Bruder Noah stehen sich nah – etwas zu nah. Im Bewusstsein, dass die Liebe unter Geschwistern gewisse Grenzen kennt, flüchtet Lena in ihre Gedankenwelt, wo sie uneingeschränkt ihre Gefühle für ihren Bruder ausleben kann. In unzähligen Traumsequenzen versucht man dem Zuschauer zu zeigen, was die junge Protagonistin gerade fühlt. Eigentlich schade, denn eigentlich hätte es gereicht, die beiden talentierten Jungdarsteller Emotionen einfach fühlen zu lassen. «Glaubenberg» ist ein Experiment, eine Collage bestehend aus vielen Stilmitteln, die dem Film leider jegliche Spannung nehmen.
«Searching» von Aneesh Chaganty
David Kim (John Cho) lebt nach dem Tod seiner Frau alleine mit seiner 16-jährigen Tochter Margot (Michelle La). Die Beziehung zueinander ist liebevoll, aber distanziert. Als eines Tages Margot nicht wie versprochen nach Hause kommt – und nachdem David mehrere Anrufe von ihr verpasst hat – nimmt das Drama seinen Lauf. «Searching» ist insofern unglaublich innovativ, weil sich die komplette Geschichte auf einem Computerbildschirm abspielt. David beginnt, zusammen mit Detective Vicks (Debra Messing), eigene Nachforschungen anzustellen, sei es auf Instagram oder Facebook, durch FaceTime-Gespräche mit Freunden von Margot, oder Überwachungskamera-Aufnahmen, die ihm zugespielt werden. Das ganze ist zu einem total stimmigen und organischen Gesamtpaket zusammengeschnitten worden, sodass man 90 Minuten komplett gefesselt ist. Grosses, wegweisendes und originelles Mystery-Kino.
2. Kurzfilm:
«Circuit» von Delia Hess
Ein wunderschön runder Kurzfilm, der sich farbig um sich dreht, als gäbe es kein morgen. Eine faszinierende kleine Welt, ein animiertes Perpetuum mobile und wunderbar poetische Auflösungen von Realität.
«Selfies» von Claudius Gentinetta
SELFIES_TRAILER from Claudius Gentinetta on Vimeo.
«Hier» von Loïc Kreyden
Inhaltlich nahe bei «Selfies», dekliniert auch der Film von Loïc Kreyden das Menschsein auf seine eigene und herausragende Weise. Wir sehen eine menschliche Puppe in einem Theater. Und das Stück, das sie spielt, ist der Animator selber, in unterschiedlichen Situationen des Alltags, die die Tonebene definiert. Und so sehen wir uns selbst und schauen entzückt in den Spiegel.
«Tourneur» von Yalda Afsah
Es ist schön, wenn man Filme sieht, die einen noch staunen lassen. «Tourneur» von Yalda Afsah ist einer von ihnen. Allein das Bild eines merkwürdigen Stierkampfs in Frankreich in einer mit Schaum und Wasser gefüllten Arena ist ein Kunstwerk. Darüber hinaus jedoch fängt auch die Kamera das Treiben der Besucher und des Stiers in der Arena auf sehr poetische Art und Weise ein, indem sie die Gesten und das Spiel zwischen On- und Off-Screen einfängt. Trailer.
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