Was wäre, wenn Superman böse wäre? Mit dieser anregenden Frage befassen sich Produzent James Gunn («Guardians of the Galaxy») und Regisseur David Yarovesky im Superhelden-Horrorfilm «Brightburn».
Auf einem Bauernhof am Rande eines kleinen verschlafenen Nests irgendwo in Kansas leben Tori (Elizabeth Banks) und Kyle Breyer (David Denman) mit ihrem zwölfjährigen Adoptivsohn Brandon (Jackson A. Dunn) das beschauliche Leben einer amerikanischen Vorzeigefamilie. Tori ist Künstlerin, Kyle hält das Haus instand, Brandon glänzt in der Schule mit Bestnoten. Doch diesem Idyll liegt buchstäblich ein Geheimnis zu Grunde: Hinter einer verschlossenen Falltür in der Scheune verbirgt sich eine mysteriöse Maschine. Diese sorgt dafür, dass der pubertierende Brandon plötzlich verstörende Stimmen hört und entdeckt, dass er übermenschliche Kräfte besitzt.
Die Namen Superman und Clark Kent mögen in «Brightburn» zwar nicht vorkommen, doch die Parallelen zwischen David Yaroveskys zweiter Regiearbeit und der Herkunftsgeschichte des bekanntesten Superhelden der Welt sind nicht zu übersehen: Ein Kind fällt vom Himmel, wächst im gutbürgerlichen Kansas auf und merkt, dass es für Grösseres bestimmt ist.
Doch anders als der Superman, den man aus Richard Donners «Superman» (1978), Zack Snyders «Man of Steel» (2013) und der TV-Serie «Smallville» (2001–2011) kennt, entspricht Brandon Breyer eher der Schreckensvision, die Supermans Erz-Gegenspieler Lex Luthor gerne bemüht: Er ist nicht daran interessiert, seine Kräfte für das Gute einzusetzen, sondern benutzt sie in erster Linie dazu, jene zu bestrafen, die ihm seiner Ansicht nach Unrecht getan haben.
Das ist denn auch der Fokus des Drehbuchs von Brian und Mark Gunn – James Gunns Bruder respektive Cousin. Frei nach Zack Snyder – «Es ist ein schöner Gedanke, dass Superhelden keine Gräueltaten begehen. Aber wenn du das glaubst, lebst du in einer verdammten Fantasiewelt» – zeigen sie mit geradezu sadistischer Lust, wie sich Brandon einmal quer durch seinen Heimatort mordet. Wem der Sinn nach durchstochenen Augäpfeln und abgetrennten Kiefern steht, ist in «Brightburn» an der richtigen Adresse.
«Vor lauter Blut vergessen Yarovesky und die Gunns das Potenzial ihrer eigenen Geschichte.»
Doch vor lauter Blut vergessen Yarovesky und die Gunns das Potenzial ihrer eigenen Geschichte. Ein böser Superman ist zwar weder im Comic («Overman», «Ultraman») noch im Film («Superman III») eine bahnbrechende Neuheit, doch die Idee hätte im Zeitalter des Marvel Cinematic Universe, des DC Extended Universe und des Niedergangs von Amerikas globalem Ruf nicht von der Hand zu weisende Relevanz. Stattdessen gibt sich «Brightburn» mit den immer gleichen Schockmomenten und einer inkohärenten Charakterzeichnung zufrieden, die eine effektive Genre-Dekonstruktion unmöglich macht.
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Kinostart Deutschschweiz: 20.6.2019
Filmfakten: «Brightburn» / Regie: David Yarovesky / Mit: Elizabeth Banks, Jackson A. Dunn, David Denman / USA / 90 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Sony Pictures Releasing Switzerland GmbH
Mit der Idee eines bösen Superman liesse sich etwas anfangen. Leider weiss «Brightburn» aber nicht, was.
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