Es wird nicht viel gesagt in «Closing Time» und viel gibt es auch nicht zu sagen. Nicole Vögeles neuester Dokfilm überzeugt mit stillen Bildern unserer lauten Welt. Ein feiner Film für die Träumer unter den Kinogängern.
Mr. Kuo und seine Frau Mrs. Lin führen eine kleine Imbissbude im Herzen von Taipei. Im hektischen Grossstadtleben steht ihr Restaurant als kleine ruhige Einkehre für diejenigen, die sich durch die taiwanesische Nacht tummeln. Der Film beleuchtet in einem essayistischem Stil Taipei und das alltägliche Leben bei Nacht sowie dessen soziale Strukturen.
“Wenn du nur nachts arbeitest, dann vergisst du irgendwann, dass du jemals einen Schatten hattest“
Vielmehr als die menschlichen Protagonisten ist in Vögeles neustem Film die Nacht selbst die Hauptfigur. Und das in all ihren Facetten; ihre stille und stürmische, bunte und graue, lustige und triste Seite. In einem poetischen Stil setzt Vögele so ein wunderschönes Mosaik zusammen und verwandelt alltägliche Situationen und Objekte in cinematische Bilder, die zum Träumen einladen. Diese Bilder vereinen sich mit der Filmmusik, die wiederum mit dem Klang der nächtlichen Stadt so verschmilzt, dass man auch auf der Tonebene völlig abtaucht. Der Film verführt einen so von Anfang an in eine Art Trance zu verfallen. Vögeles sorgfältige Studie von Strukturen alltäglicher Objekte, wie Brücken oder Nudelsuppen, erinnern ferner an Walter Ruttmanns «Berlin: Symphonie einer Grossstadt». Diese Einstellungen kombinieren sich mit menschlichen Situationen, die einen oftmals auch zum Lachen bringen und so den Unterhaltungswert des Films steigern. Nichtsdestotrotz bleibt «Closing Time» ziemlich handlungsarm und vermag trotz der hohen ästhetischen Qualität die Aufmerksamkeit des Publikums nicht bis ganz zum Schluss zu halten.
Auf «Closing Time» muss man sich einlassen können. Tut man dies aber erst mal, eröffnet sich eine komplexe poetische Welt, die einen auch nicht mehr so schnell loslässt. Absolut sehenswert für Fans des essayistischen Stils und Liebhaber ausgefeilter Filmästhetik.
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Kinostart Deutschschweiz: 21.03.2019
Filmfakten: «Closing Time» / Regie: Nicole Vögele / Schweiz, Deutschland / 116min.
Bild- und Trailerquelle: Xenix Filmdistribution
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