Die Callcenter-Mitarbeiterin Alice verdient sich einen Zustupf, indem sie leichtgläubigen Grossmüttern vorgibt, deren Enkelin in Geldnot zu sein. Bis zu 50’000 CHF ergattert sie sich mit diesem Trickbetrug. Cyril Schäublins Film «Dene wos guet geit» verknüpft anhand dieses Betrugs verschiedene Alltagseinblicke von Menschen in Zürich, die alle in irgendeiner Weise von diesem Vorfall berührt werden. Eine minutiös inszenierte Trostlosigkeit.
“Dene wos guet geit, giengs besser, giengs dene besser, wos weniger guet geit” sang schon Mani Matter in den 70er-Jahren. Dieses Manifest an soziale Gleichheit endet schliesslich mit dem Fazit, dass es eigentlich niemandem so wirklich gut geht. Genau so scheint es in Cyril Schäublins Film «Dene wos guet geit», Die durch Alices Betrügerei lose verknüpften Figuren scheinen apathisch und teilnahmslos durchs Leben zu tingeln. Und obwohl die Synopsis des Films einen atemlosen und spannungsreichen Kriminalfilm versprechen könnte und eine Ermittlung gegen die Betrügerin aufgenommen wird, erscheint der Film apathisch, grau, teilnahmslos wie zu Beginn.
Eine zeitnahe Dystopie.
Zweifellos ist diese Trostlosigkeit minutiös inszeniert und vorgesehen. Es gelingt Regisseur Cyril Schäublin vorbildlich die Atmosphäre auf Leinwand zu bannen. Auf allen Ebenen wird die Trostlosigkeit gnadenlos durchgezogen: Die Figuren, die nie ihre starre Miene verziehen, das Surren und Rauschen im Hintergrund, das jede Einstellung beherrscht, die Bilder, die uns nie einen Blick auf Himmel oder Horizont gönnen und die Dialoge, die nur aus einem Geflecht von Policenummern, WLAN-Passwörtern und Versicherungsnummern bestehen. Ja selbst Alice scheint das ergaunerte Geld herzlich egal zu sein.
Die Gefahr besteht freilich, der Film möge langweilig werden. «Dene wos guet geit» schafft es aber, dass die Apathie und Gleichgültigkeit den Zuschauer unruhig werden lassen. Man fühlt sich beengt von der Emotionslosigkeit dieser Welt. Angesichts der schmerzenden Leblosigkeit erwacht im Zuschauer das Drängen nach Farbe und Emotionen und gegen die Erschöpfung des Alltags.
Die einen sagen, es sei eine Beobachtung des jetzigen Zeitgeists, für die anderen zeigt Schäublin eher eine zeitnahe Dystopie auf. Argumentieren lässt es sich für beides. Zu hoffen bleibt aber, es möge sich um Letzteres handeln.
Kinostart Deutschschweiz: 11. Januar 2018
Regie & Buch: Cyril Schäublin
Cast: Sarah Stauffer, Margot Gödrös, Liliane Amuat, Daniel Bachmann aka SKOR
Trailer- und Bildquelle: https://outside-thebox.ch
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