Am Sonntagabend endete die 16. Ausgabe des Trickfilmfestivals Fantoche in Baden. Einmal mehr gab es einen Besucherrekord – 27’000 Tickets wurden dieses Jahr verkauft. Auch das Programm wusste – mit einigen Ausnahmen – zu überzeugen.
In Anbetracht des ernüchternden Langfilmprogramms ist dieser Besucherrekord keine Selbstverständlichkeit, aber umso erfreulicher. Dennoch muss man festhalten, dass die Auswahl der Filme, die dieses Jahr gezeigt wurde, dem Format und der Grösse des Festivals nicht gerecht wurde. Mit «Revolting Rhymes» und «Your Name» wurden gleich zwei längst auf DVD erhältliche Filme präsentiert, und was der bereits wieder aus den meisten Kinos verschwundene «Isle of Dogs» im Programm verloren hat, bleibt ebenfalls schleierhaft. Wenn das Fantoche an seinem Anspruch neue, exklusive Langfilme zu zeigen festhalten will, soll sich das zwingend auch im Programm widerspiegeln.
Wer am richtigen Ort schaute, entdeckte aber auch im diesjährigen Programm einige Perlen, so zum Beispiel «The Breadwinner» von Nora Twomey, der von einem jungen afghanischen Mädchen erzählt, das sich gegen das Patriarchat auflehnen muss, um zu überleben. Der Film wurde von Angelina Jolie koproduziert und im vergangenen Frühjahr für den Oscar nominiert. Auffallend war auch, wie stark das Thema Krieg dieses Jahr präsent war: Der berührende Langfilm «Funan» von Denis Do erzählt vom Schicksal einer Familie vor dem Hintergrund des kambodschanischen Völkermords, während sich der bildgewaltige «Another Day of Life» von Raúl de la Fuente und Damian Nenow um einen Journalisten dreht, der über die ersten Tage des angolanischen Bürgerkriegs berichtet. Und in «Chris the Swiss» geht die Filmemacherin Anja Kofmel der Geschichte ihres im Jugoslawienkrieg verschollenen Cousins nach.
Die Preisträger
Trotz zahlreicher unerklärlicher Absenzen («Sog» von Jonatan Schwenk oder «The Box» von Dušan Kastelic) waren die Wettbewerbskategorien – insbesondere der Internationale Wettbewerb – so stark wie lange nicht mehr. Die verdienten Preisträger in der Hauptkategorie sind Nicola Keppens und Matthias Phlips mit ihrer herrlich absurden Redneck-Safari «Wildebeest», während sich «The Cannonball Woman» von Albertine Zullo & David Toutevoix eher überraschend den Hauptpreis im Schweizer Wettbewerb sichert.
Der Publikumspreis im Internationalen Wettbewerb geht verdientermassen an «Enough» von Anna Mantzaris, eine wunderschöne die Ode an die blinde Wut, und im Schweizer Wettbewerb verlieben sich die Zuschauer in eine neugierige Fischschar. «Drôle de poisson» von Krishna Chandran A. Nair soll sich im Publikumsvoting angeblich nur haarscharf durchgesetzt haben – vor welchem Film verrät uns das Festival natürlich nicht.
Während der plakative «SELFIES» von Claudius Gentinetta im Schweizer Wettbewerb gleich zweimal zum Zug kommt, gehen die grossen Favoriten Lorenz Wunderle (mit seinem bunten Präriewolfslasher «Coyote») und Mauro Carraro (mit der erschütternden Liebesgeschichte «59 Secondes») leer aus. Auch im Internationalen Wettbewerb gibt es grosse Verlierer: Der herrlich makabre Publikumsliebling «Flower Found!» von Jorn Leeuwerink muss sich geschlagen geben.
Alle Gewinner im Überblick:
«INTERNATIONALER WETTBEWERB»
Best Film: «Wildebeest», Nicolas Keppens, Matthias Phlips, BE 2017
High Risk: «Fest», Nikita Diakur, DE 2018
New Talent: «Bloeistraat 11», Nienke Deutz, BE 2018
Best Sound: «Solar Walk», Réka Bucsi, DK 2018
Publikumspreis: «Enough», Anna Mantzaris, GB, 2017
«SCHWEIZER WETTBEWERB»
Best Swiss: «The Cannonball Woman», Albertine Zullo, David Toutevoix, CH/FR/CA 2017
High Risk Swiss: «SELFIES», Claudius Gentinetta, CH 2018
New Swiss Talent: «Travelogue Tel Aviv», Samuel Patthey, CH 2017
Fantastic Swiss: «Circuit», Delia Hess, CH 2018
Swiss Youth Award: «SELFIES», Claudius Gentinetta, CH 2018
Youth Jury Special Mention: «Elise», Valentine Moser, CH 2018
Publikumspreis: «Drôle de poisson», Krishna Chandran A. Nair, CH/FR, 2017
«KINDERFILM-WETTBEWERB»
Best Kids: «Fruits of Clouds», Katerina Karhánková, CZ 2017
Kids Jury Special Mention: «Look», Meinardas Valkevičius, LT 2017
Kinderpublikumspreis: «Pinguin», Julia Ocker, DE 2017
Bildquellen: fantoche.ch
3 Comments
Your Name ist zwar schon vor zwei Jahren online und seit einiger Zeit auf DVD/Blu-ray erhältlich, doch wurde der Film meines Wissens bisher in keinem Schweizer Kino gezeigt. Ich weiss nicht warum man den Film nicht schon letztes Jahr im Programm zeigen konnte (die Lizenzenvergabe und Auslandvermarktung ist bei japanischen Produkten nicht immer ganz „einfach“, wie man so hört),
ABER der Film sollte in seiner ganzen Grossartigkeit, sei es plotwise, sei es von der überwältigenden Schönheit seiner Bilder, definitiv einmal im Kino gesehen werden. Das Erlebnis ist mit Home Cinema i.d.R. einfach nicht zu vergleichen. Obwohl ich den Film als 4k/Blu-ray Version besitze, bin ich überglücklich, dass ich durch die Fantoche den Film doch noch im Kino erleben konnte.
Ich habe den Film am Fantoche leider nicht sehen können, aber ich habe nur Gutes gehört. Und ich bin deiner Meinung: Filme gehören ins Kino.
Ich habe auch kein Problem damit, wenn das Fantoche mehr ältere Filme zeigt (und dafür bei den aktuellen Filmen strenger selektioniert), aber wenn Your Name in der heutigen Zeit als neuer Film verkauft wird, ist das schon happig.
Ich hatte vor ein paar Tagen zu diesem Text einen Kommentar geschrieben und gepostet. Was ist damit passiert?