Die 21. Ausgabe des Fantoche – des internationalen Festivals für Animationsfilm – flimmert vom 5. bis 10. September 2023 wieder über die Badener Kinoleinwände. Mit dabei: Punk-Feministinnen, Cyborg-Detektive, Spitzmäuse im Klimawandel – und Globi.
Ganze 345 Filme tummeln sich dieses Jahr im Fantoche-Programm. 21 davon sind aktuelle internationale Spielfilme, die einmal mehr die endlosen technischen und emotionalen Möglichkeiten des Animationsfilms ausloten. Der Eröffnungsfilm «Linda veut du poulet!», der in Cannes seine Premiere feierte, illustriert mit einem farbenfrohen Feuerwerk von Stilen und Techniken die zerrüttete Beziehung eines Mutter-Tochter-Duos. Nicht minder experimentierfreudig ist die chinesische Produktion «Deep Sea», die ein Mädchen auf eine Aquarell-bebilderte, 3D-animierte Unterwasserreise schickt. In «Suzume» wiederum beweist der «Your Name»-Regisseur Makoto Shinkai einmal mehr sein Händchen dafür, starke adoleszente Emotionen mit der japanischen Umwelt zu verbinden.
Und wer auf der Suche nach dem Film mit der wohl längsten Produktionszeit ist, wird bei «Mad God» fündig: 30 Jahre bewegte der Visual-Effects-Spezialist Phil Tippett («Star Wars», «Jurassic Park») seine Stop-Motion-Püppchen im Millimetertakt. Das Resultat ist ein haarsträubender Horrorfilm über körperliche Abgründe, dessen Bilder lange in Erinnerung bleiben dürften.
Einen Schwerpunkt legt das Fantoche dieses Jahr auf das Nonkonforme – sowohl politisch als auch visuell. Denn welches Medium könnte besser geeignet sein, um das Bewährte, Bekannte und Konforme zu überwinden, als die Animation? Das Fokus-Programm «Punk Is Not Dead» zelebriert entsprechend Counterculture von den 1970er Jahren bis heute und versammelt Frustration über das Patriarchat, Rassismus und Gewalt in avantgardistischen Kritzeleien, anarchistischen Collage-Animationen und experimenteller Stop-Motion.
Der geografische Schwerpunkt des diesjährigen Fantoche bereitet das Publikum indes ideal aufs kommende Zurich Film Festival vor, welches ebenfalls das bisher international noch zu wenig bekannte Filmschaffen Südkoreas würdigen wird. Mit dabei ist unter anderem einer von Koreas erfolgreichsten Animationsfilmen, der verträumt-pastellfarbene «My Beautiful Girl, Mari» (2002), sowie der Mystery-Horror-Kletterfilm «Climbing» (2020), dessen düstere, neongetränkte Farbgebung für reichlich Klaustrophobie sorgt.
Auch die Extras, die in keiner anderen Kategorie Platz fanden, sollten auf keinen Fall durch die Maschen fallen: Das Kurzfilmprogramm «Stroke Me Softly» versammelt etwa vielfältige Stimmen aus der LGBTQIA+-Community und gibt unerwartete Einblicke in queere Perspektiven. Passend zum Besuch der Animatorin Julia Pott, die am Donnerstag, 7. September, vor Publikum Rede und Antwort zu ihrer Arbeit steht, wird über Nacht ein Marathon ihrer herzig-skurrilen Serie «Summer Camp Island» (2018–2023) gezeigt. Und zuletzt muss auch der Vogel im Raum angesprochen werden: Zum 20. Geburtstag des albtraumhaften «Globi und der Schattenräuber» bringt das Fantoche das grossartige Debakel noch einmal auf die Leinwand und lässt uns alle «usglöbele».
Das Herz des Festivals sind aber auch dieses Jahr die vier internationalen Wettbewerbe, die zwei Schweizer Wettbewerbe sowie die zwei Kinderfilm-Wettbewerbe. 62 Kurzfilme kämpfen hier in ihren jeweiligen Kategorien für die begehrten Fantoche-Trophäen, die am 10. September verliehen werden. Für jene, denen die Zeit fehlt, um sich im Dschungel von überbordendem Talent und aberwitzigem Handwerk zu verirren, zeigt das Fantoche zudem im Anschluss sein «Best of» der prämierten Kurzfilme, das man auf keinen Fall verpassen sollte.
Das 21. Fantoche findet vom 5. bis 10. September 2023 in Baden statt. Das komplette Programm findet sich auf der Webseite des Festivals.
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Titelbild: «Deep Sea von Tian Xiaopeng / © 2023 Beijing October Media/Fantoche/Berlinale
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