Franks Riff Rough: 5 essentielle Filme aus 20 Jahren Kinoprogramm des Zürcher Riffraff
Das Kino Riffraff wird dieses Jahr 20 Jahre alt. Das grosse Sommerfest findet am 18. August statt. Seit 1998 leitet Frank Braun das Programm des begehrten Kinos an der Neugasse. Wir wollten von Frank Braun wissen, ob er uns 5 essentielle Filme aus den letzten 20 Jahren nennen kann. So hat er seine Auswahl formuliert:
Oh boy, ich raff’s nicht… Nun grüble ich selber über eine dieser «Best of»-Listen. Dabei fand ich solche immer schon peinlich. Aber seit dafür nur noch Algorithmen zuständig sein sollen, schau ich bei einer handverlesenen Auswahl jeweils genauer hin. Nur schon deshalb, weil ich nun selber weiss, wie schweisstreibend eine solche Auslese sein kann. Das liegt in meinem Fall nicht an der Sommerhitze, sondern an der fiesen Ausgangslage. Wie stell ich es an, um aus einem Fundus von über 1’600 Titeln die richtigen fünf herauszuklauben? Ich siebe, spüle, hacke klein und koche ein… bleibt dann wirklich die Essenz einer 20jährigen Kinoprogrammation übrig? Und wenn ja, riskiere ich die Riffraff-Zauberformel preiszugeben? Dann vielleicht doch lieber auf Nummer sicher gehen, mich hinter dem besten Publikum der Stadt verschanzen und die fünf grössten Kassenschlager aufzählen? Oder alles gegen den Strich bürsten, die Hitliste auf den Kopf stellen und die ärgsten Flops als verkannte Perlen schönreden? Oder doch noch mit jenen fünf Titeln herausrücken, um welche ich die Konkurrenz am meisten beneidet habe, weil sie so trefflich ins Riffraff gepasst hätten? Nichts von dem. Voilà, ein paar Untote, die gerade in guter Tagesform herumgeistern:
«Dene wos guet geit» von Cyril Schäublin
Dieser Film ist noch ganz lebendig. Seit über einem halben Jahr lässt er sich’s im Riffraff gut gehen. Auch wenn der Titel so schön nach Bern Ost klingt… es handelt sich um einheimisches Gewächs und nicht um ein Sequel von «Mani Matter – Warum syt dir so truurig», dem grössten Riffraff-Hit ever. Eine Gemeinsamkeit gibt es immerhin: Der Zürcher Frischling ist aktueller Tabellenleader des Jubeljahres.
«Exit Through the Gift Shop» von Banksy
Streetart-Ghost Banksy mokiert sich über Kunstestablishment, Filmerei und Starkult. Die halbe Filmbranche war anfänglich ziemlich irritiert, zeigte dem Film gar die kalte Schulter. Für mich hingegen war diese Schlaumeierei «a real gift». Ich zögerte keine Sekunde und als der Hype um den Film dann wirklich losging, hatte das Riffraff den Film bereits auf sicher.
«Adam’s Apples» von Anders Thomas Jensen
Riffraffs Liebesgeschichte mit dem skandinavischen Film reicht bis ins Gründungsjahr zurück, als der Dogma-Film «Festen» für Monate Stadtgespräch war. Seither ist im Riffraff der nordische Nachschub nie versiegt. Dass hier diese schwarze Komödie aus einem dänischen Pfarrhaus das Rennen macht, hat auch etwas mit meiner Schwäche für selbstgebackenen Apfelkuchen zu tun.
«Wild» von Nicolette Krebitz
Seitdem ich gesehen habe, wie sich eine junge Deutsche selber auswildert, gehört «Wild» zu den Top-Filmen des befreundeten Nachbarlandes. Sie treibt sich seither im Rudel mit ihren wilden Riffraff-Schwestern herum, zu denen die Wolfsprinzessin Mononoke, eine gewisse belgische Rosetta oder ein Biest aus der südlichen Wildnis gehören.
«Persepolis» von Marjane Satrapi und Vincent Paronnaud
Das mag der Name einer Ruinenstadt sein. Aber so heisst auch Marjane Satrapis filmische Adaption ihrer eigenen «graphic novel». Eine der vielen Geschichten übers Aussenseitersein, die im Riffraff nie aussterben werden. Aber was «Persepolis», wie übrigens noch ein paar andere Animationsfilme auch, besonders gut kann: Momente reinsten Kinoglücks bescheren.
Zur Person: Frank Braun.
Erinnert sich an seine ersten Filmbilder in Schwarzweiss am gewölbten TV-Schirm bei den Nachbarn im Wülflinger Wohnblock: der Ozean und grinsende Astronauten, die einer schwankenden Kapsel entsteigen. 20 Jahre später verlässt er Winti als blutjunger Vater, steigt beim Zürcher Kino «Xenix» ein und lernt das Kinomachen. Anfang Neunziger Jahre wechselt er zum «Morgental», dem letzten Aussenquartierkino und verhilft diesem Lichtblick am Stadtrand zu neuem Glanz. Mit einem Spin-off des Wollishofer Kinos geht er 1998 an der Zürcher Neugasse an den Start. Das «Riffraff» wird zum Signalfeuer. Als Programmverantwortlicher und Teil der Geschäftsleitung der Neugass Kino AG hält er es bis heute am Brennen. Weitere Feuerstellen (!) folgen mit dem Houdini in der Zürcher Kalkbreite und dem Kino Bourbaki in Luzern. Nebenbei zündet er «Fantoche», das Festival für Animationsfilm in Baden, zieht es bis zur Selbstständigkeit gross und dreht in Ko-Regie mehrere animierte Kurzfilme. Heute ist er blutjunger Grossvater und überlegt, ob er vielleicht doch besser zur Feuerwehr oder sich auf den Mars schiessen sollte.
Wofür steht #MaximumFive?
Maximum Cinema (MXC) ist ein unabhängiges Schweizer Online Filmmagazin, das rund um das Thema Film, Kino und Serien informiert und inspiriert. Unter #MaximumFive lassen wir Persönlichkeiten oder Unternehmen fünf besondere Filme vorstellen. Filme, die sie inspiriert haben, sie zum Nachdenken, Weinen oder Lachen gebracht haben oder ganz einfach Meisterwerke, die sie unseren Lesern besonders an Herz legen möchten. Hier gibt es mehr #MaximumFive.
Titelbild: Saskja Rosset
No Comments