Ab dem 1. Februar sind auf Netflix Schweiz sukzessive die weltberühmten Anime-Filmklassiker des Studio Ghibli zu sehen. Wir haben dies zum Anlass genommen, euch unsere fünf Lieblingsfilme des japanischen Zeichentrickfilmstudios zu präsentieren.
«Princess Mononoke» von Hayao Miyazaki (1997)
1997 erschien in Japan der zehnte Spielfilm des Studio Ghibli. «Princess Mononoke» erwies sich dabei als absoluter Hit an den Kinokassen, und auch nach über 20 Jahren hat dieses Meisterwerk nichts von seinem Charme und seiner Genialität eingebüsst. Die Geschichte um den jungen Prinzen Ashitaka, der von einem Fluch vergiftet wurde und auf seiner Reise durchs Japan der Muramachi-Zeit, dem Mädchen San, die bei den Wölfen im Wald lebt, begegnet, befasst sich dabei vor allem mit dem ernsten und großen Thema der menschlichen Beeinflussung und Ausnutzung der Natur. So gerät Ashitaka in den erbarmungslosen Krieg zwischen den Menschen einer Eisenhütte, die den Wald für ihre Zwecke abholzen, und den Waldgeistern, Tieren und verschiedenen Tiergöttern, die gewillt sind, ihren Lebensraum unter allen Umständen zu verteidigen.
Wie viele seiner Vorgänger besticht auch dieser Ghibli-Titel mit starken weiblichen Charakteren und der perfekten Mischung aus fantasiereichen Komponenten und einer detailreichen und ehrlichen Darstellung realistischer Alltagssituationen. Während Hayao Miyazaki bei seinen anderen Filmen auch gerne kindliche Perspektiven nutzt, um ernstere Themen zu visualisieren, ist «Mononoke» der wohl düsterste und blutigste unter seinen Meisterwerken. Die Ernsthaftigkeit belastet dabei aber zu keinem Zeitpunkt die bezaubernde und verblüffende Bildergewalt dieses Kunstwerks. / Lieblings-Ghibli von Delfina Thon / (Ab 1. März 2020 auf Netflix)
«Kiki’s Delivery Service» von Hayao Miyazaki (1989)
Die kleine Hexe Kiki schwingt sich mit ihrem vorwitzigen Kater Jiji auf ihren Besen, um in der grossen Stadt ihr Glück zu versuchen. Das ist so üblich für 13-Jährige in der Welt von «Kiki’s Delivery Service». In der Stadt angekommen – einem wunderschön detailliert gezeichneten Fantasie-Stockholm –, erwarten Kiki die Tücken des Erwachsenwerdens: Wo soll sie unterkommen? Wie kann sie sich ihren Unterhalt verdienen? Wie baut man sich ein neues soziales Umfeld auf? Und was, wenn man von Depressionen und kreativen Blockaden übermannt wird?
Hayao Miyazakis fünfte Regiearbeit mag wie eine deprimierende Angelegenheit klingen, doch wie auch der Video-Essayist Patrick H. Willems unlängst eindrücklich demonstrierte, ist das Gegenteil der Fall: «Kiki» ist einer der herzerwärmendsten und tröstlichsten Filme aller Zeiten – ein episodisches Coming-of-Age-Fantasyabenteuer, in dessen Darstellung alltäglicher Freuden und Probleme sich so manche*r wiedererkennen dürfte. Zu sehen, wie Kiki und ihre neu gewonnenen Freunde an ihren Herausforderungen wachsen und lernen, mit Rückschlägen und Enttäuschungen umzugehen, stimmt bei jeder Rückkehr zu diesem tief berührenden Stück Filmmagie ungemein hoffnungsvoll. Das ist Miyazakis Brillanz: Seine Werke werden zu Freunden fürs Leben. / Lieblings-Ghibli von Alan Mattli / (Ab 1. Februar 2020 auf Netflix)
«Pom Poko» von Isao Takahata (1994)
Lasst uns in eine geheimnisvolle, magische Welt eintauchen. Auf den Tama-Hügeln direkt vor den Toren von Tokio wohnen seit Generationen die Tanuki, die begabten Marderhunde. Jedoch soll genau dort in naher Zukunft der Wald abgeholzt werden, um Platz für ein gigantisches Bauprojekt zu machen. Das sorgt unter den Tanuki für Unruhe, und sie spalten sich in zwei Gruppen, um untereinander um die immer knapper werdenden Nahrungsmittel zu kämpfen. Nur der Stammesälteste Oroku ist in der Lage, die beiden feindlich gesinnten Lager zu beruhigen und den aufkommenden Streit zu schlichten. Da kommt die Bedrohung erneut auf sie zu – in Form der Menschen. Gemeinsam mit den Füchsen, die wie die Tanuki die Verwandlungskünste beherrschen, wollen sie die Menschen vertreiben und ihre angestammte Heimat zurückerobern. Mithilfe der Weisen aus den entlegensten Waldgebieten Japans würden sie über unvorstellbar magische Kräfte besitzen. Wird ihr Kampf gelingen?
Lange vor «Fridays for Future» machte Regisseur Isao Takahata mit viel Fantasie und unter liebevoller Miteinbeziehung der japanischen Mythologie auf die sinnlose Abholzung der Wälder und die rigorose Ausbreitung der Städte aufmerksam. So viel Spass kann Umweltschutz machen! / Lieblings-Ghibli von Olaf Kah / Ab 1. April 2020 auf Netflix)
«Castle in the Sky» von Hayao Miyazaki (1986)
«Castle in the Sky» – auch bekannt als «Laputa», «Das Schloss im Himmel» oder «Tenkū no Shiro Rapyuta» – erzählt die Geschichte zweier Kinder auf der Suche nach einer sagenumwobenden fliegenden Festung. Ihnen gegenüber stehen sinistre Militaristen und raubeinige Luftpiraten. Hayao Miyazakis dritter Film – der erste des damals noch blutjungen Studio Ghibli – ist ein rasanter und kurzweiliger Abenteuerfilm. Als solcher ist «Castle in the Sky» ein typisches Beispiel für das Frühwerk des Animationsfilmers, das sich speziell in den Achtzigern durch Unbeschwertheit, viel Schalk und unbändige Energie auszeichnete.
Untermalt wird «Das Schloss im Himmel» vom vermutlich besten Soundtrack von Joe Hisaishi. Der Miyazaki-Stammkomponist wartet mit süsslich-symphonischen Themen und heroischen Fanfarenklängen auf, zwischen die sich der eine oder andere brachiale Synthesizer-Zweihänder schleicht. Ein wunderbar runder Soundtrack, der diesen launigen Film perfekt ergänzt. Aber: So familienfreundlich und bezaubernd «Laputa» auch inszeniert ist, so ernst ist es dem Regisseur damit, mit dem Film auch die Anspruchshaltung der Menschheit über die Natur und die Schöpfung anzuprangern. Miyazaki gelingt dieser Spagat zwischen Klamauk und Gesellschaftskritik hervorragend gut. / Lieblings-Ghibli von Olivier Samter / (Ab 1. Februar 2020 auf Netflix)
«The Tale of the Princess Kaguya» von Isao Takahata (2013)
Beim Namen «Ghibli» denkt man gewöhnlich direkt an Hayao Miyazaki – und vergisst dabei die zwar weniger zahlreichen, doch ebenso künstlerisch wegweisenden Werke des Studio-Mitbegründers Isao Takahata. Ein bisschen realistischer, erwachsener, trauriger als Miyazakis bunte Märchen – das sind in der Regel Takahatas Filme, der bekannteste davon wohl das Kriegsdrama «Grave of the Fireflies» (1988).
Eine Ausnahme ist «The Tale of the Princess Kaguya» (2013), Takahatas letzter Film, der auf einer alten japanischen Erzählung basiert und die Lebensgeschichte einer jungen Frau erzählt, die aus einer Bambussprosse geboren wurde. Takahatas melancholische, gesellschaftskritische Handschrift ist jedoch auch hier unverkennbar – und die wunderbaren, an traditionelle Tusche-Zeichnungen erinnernden Bilder sind etwas vom Schönsten, das Ghibli je hervorgebracht hat. / Lieblings-Ghibli von Sara Bucher / (Ab 1. März 2020 auf Netflix)
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Trailer- und Bildquellen: Netflix.
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