Spätestens seit «Horns» und «Swiss Army Man» weiss man, dass Daniel Radcliffe nicht ungern in besonders schrägen Produktionen mitwirkt. «Guns Akimbo» ist keine Ausnahme und überzeugt mit einer Ästhetik wie gemacht für die Post-Corona-Leinwand. Dass Plot und Politik eher zweidimensional bleiben, wird Fans von wuchtigem Actionkino kaum stören.
Miles Lee Harris (Daniel Radcliffe) lebt das Leben eines durchschnittlichen Game-Designers und verdient sein Geld in einer genauso durchschnittlichen Bürohölle. Seine Heldenfantasien lebt er ganz anonym beim Jagen von Internettrollen aus. Doch dann legt er sich mit den falschen Influencern an und landet in der gewaltsamen Internetsensation Skizm, bei der es heisst: Alles oder Nix (Samara Weaving).
«Never bring a spork to a gun fight.»
Als hätte die deutsch-neuseeländische Produktion die erzwungene Computerbildschirm-Diät der letzten Monate vorhergesehen, beglückt «Guns Akimbo» mit einem kinowürdigen optischen Inferno. Kamera, Spezialeffekte und Setdesign sind genauso überdreht wie der Plot selbst und bedient sich frei bei den ästhetischen Vorbildern von Comics, Videospielen und Actionfilmen. Schulterkamera, Kranfahrten, 360-Grad-Aufnahmen – auch wenn die Geschichte nicht sehr komplex ist, wird es zumindest den Augen nie langweilig, und ein Besuch im Kino lohnt sich auf jeden Fall.
«Schulterkamera, Kranfahrten, 360-Grad-Aufnahmen – auch wenn die Geschichte nicht sehr komplex ist, wird es zumindest den Augen nie langweilig, und ein Besuch im Kino lohnt sich auf jeden Fall.»
Für einen Film, der vor allem visuell gross auftrumpft, enthält «Guns Akimbo» aber auch erstaunlich viel Politik. Allen voran Protagonist Miles, der unangemessene Nachrichten im Internet meldet und sich dafür einsetzt, dass Handicaps nicht als Schimpfwörter verwendet und Frauen nicht als Errungenschaften betrachtet werden. Gleichzeitig sind es genau solche Aktionen, die Miles in Bedrängnis bringen. Auch die vermeintliche Kritik an der Verherrlichung von Gewalt untergräbt sich gleich selbst mit immer noch grossartiger inszeniertem Gemetzel.
«Für einen Film, der vor allem visuell gross auftrumpft, enthält ‹Guns Akimbo› aber auch erstaunlich viel Politik.»
Eine gewisse Selbsterkenntnis kann man «Guns Akimbo» sicherlich nicht absprechen – immerhin gibt es eine perfekt inszenierte Szene im Film, in der sich zwei Frauen über Waffen unterhalten und den Bechdel-Test damit prompt bestehen. Dass es aber auch die einzige (!) Szene ist, in der Frauen miteinander interagieren, lässt einen dann doch etwas ratlos zurück. Insgesamt wirkt die vermeintlich «woke» Sozialkritik also höchstens wie das Sahnehäubchen auf einem abgedrehten Ästhetik-Eis.
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Kinostart: 25.6.2020
Filmfakten: «Guns Akimbo» / Regie: Jason Lei Howden / Mit: Daniel Radcliffe, Samara Weaving, Natasha Liu Bordizzo, Ned Dennehy, Grant Bowler, Rhys Darby / Neuseeland, Deutschland, Grossbritannien / 95 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Madman Entertainment, © Ascot Elite Entertainment Group. All Rights Reserved.
«Guns Akimbo» ist ein visuell interessanter Film, der vor allem auf Durchgeknalltheit setzt, und weniger auf dreidimensionale Charaktere.
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