Larry David hat sich für die neue Staffel «Curb Your Enthusiasm» sechs Jahre Zeit genommen. Ein Zeitraum, in dem sich die Welt als auch Comedy-Serien gewandelt haben – und doch scheint die Formel, genau wie vor 17 Jahren bei der erstmaligen Ausstrahlung der Serie, zu funktionieren; vielleicht sogar noch besser als zuvor.
«Weisst Du, warum ich lache? Es ist die Traurigkeit deiner gesamten Existenz; ein Vakuum an Empathie, Sympathie und Mitgefühl erstreckt sich über praktisch alle Bereiche in deinem Leben.» «Das fasse ich als grosses Kompliment auf!» entgegnet Larry David seinem Freund Richard Lewis, der auch für die neunte Staffel eine überzeichnete Version seiner Selbst spielt. Nicht viel hat sich also Zynismus von Larry David geändert in den sechs Jahren, seit die letzte Folge der achten Staffel «Curb Your Enthusiasm» erschien.
Um ihn herum dagegen schon: Amerika befindet sich im Umbruch und die seit 2016 entfachte Debatte um «political correctness» ist in vollem Gange, ein nicht unerheblicher Faktor, kennt man den Duktus und schwarzen Humor der vorangegangenen «Curb»-Staffeln. Larry David ist jedoch fernab davon, ein Relikt vergangener Zeiten zu sein. Seine rücksichtslose Herangehensweise an das Leben macht ihn zu einem perfekten Charakter um sich den gegenwärtigen identitätspolitischen Fragen anzunehmen. Neugierig, schamlos und unsensibel begibt sich der Co-Produzent der Sitcom-Serie «Seinfeld» in Gefilde, in die sich wenige trauen würden. Ohne bestimmte Agenda oder Intentionen, ausgestattet einzig mit einem unbeholfenen Blick und einer Gleichgültigkeit, die sich wohl erst im reiferen Alter bildet.
Den (pro forma) Handlungsrahmen für die neunte Staffel bildet Larry Davids neues Musical «Fatwa!», eine durch Schriftsteller Salman Rushdie inspirierte Geschichte, über den 1989 aufgrund seines kontroversen Buches «Die satanischen Verse» vom damaligen iranischen Staatschef Khomeini eine Fatwa (ein Urteil einer muslimischen Autorität), in diesem Fall ein Aufruf zur Ermordung Rushdies, verhängt wurde. Als David sein Musical auf «Jimmy Kimmel Live» promoten möchte, schafft er es, den Zorn des Ajatollah auf sich zu ziehen, der eine Fatwa auf David selbst mit dem gleichen Appell an die muslimische Gemeinde verkündet.
Eine der Stärken von «Curb» ist das offensichtliche Desinteresse Larry Davids an politischen Ansichten; nicht einmal Rasse oder Gender scheint ihn sonderlich zu kümmern, denn dies ist nur eine störende Nebelkerze, die vom eigentlichen Fokus abzulenken versucht: menschliche Widersprüchlichkeit und Scheinheiligkeit. Es sind die Lügen, genauso wie die Wahrheiten, die uns immer wieder verfolgen. Davids Formel ist der Welt mit Spott zu begegnen – aber Pietätlosigkeit hat seinen Preis. Und so spiegelt sich Larry David als reicher, weisser Mann der zu alt und müde ist, sich noch zu ändern. Führt man sich jedoch vor Auge, dass die Serie unter anderem die Unmöglichkeit bedeutsamer charakteristischer Veränderung proklamiert, wäre Veränderung – vor allem für Larry David – fadenscheinig.
In der Schweiz erschienen als DVD (UK Version).
Bild- und Trailerquelle: HBO.com
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