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Ein cooler James Franco als Episoden-Regisseur – und in zwei Hauptrollen. Die beiden «The Wire»-Schreiber George P. Pelecanos und David Simon. Maggie Gyllenhal als abgehalfterte Prostituierte und angehende Pornoproduzentin. Funk, Sexfilme und Drogen im Manhattan der 1970er-Jahre – Eigentlich wären die Zutaten der neuen HBO-Serie «The Deuce» sehr vielversprechend. Leider hält die Serie aber nicht ganz, was sie verspricht. Sehenswert ist sie aber allemal, denn eines bringt sie sehr authentisch rüber: Den facettenreichen Mikrokosmos des damaligen Time Square – pulsierend, kaleidoskopisch, laut und leise.
Vincent Martino (James Franco) ist jung und braucht Geld. Dem Schnauzbart tragenden Barkeeper kommt daher die aufblühende Pornobranche gerade recht. Es sind die 70er, gerade eröffnen die ersten Sexkinos in der Stadt, und die Grenzen zwischen Pornografie und Prostitution sind fliessend. Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Frankie (auch James Franco) holt Vincent Prostituierte von der Strasse, die sich nun vor der Kamera räkeln und sich über ein paar zusätzliche Dollar freuen. Doch auch wenn es wie leicht verdientes Geld scheint, es muss auch mit den Schattenseiten dieser Szene – Geschlechtskrankheiten und Drogenprobleme – gekämpft werden.

James Franco vs. James Franco.
Kaleidoksopischer Mikrokosmos
Man würde nach dem funkigen Intro ein Feuerwerk an Musik aus der Zeit erwarten, die Regisseure James Franco und Co. verzichten aber auf dieses Stilelement und so wird sich beim einten oder anderen bald einmal ein wenig Langweile auftun. Unzusammenhängende Geschichten, Figuren und unmotivierte Szenen reihen sich da aneinander wie ein Mosaik, das zunächst kein Ganzes bildet. Nach einer gewissen Zeit erkennt man aber die Qualität dieser Vorgehensweise. Man stellt sich auf die lauten und leisen Momente der Serie ein und taucht langsam in deren Mikrokosmos ein. Dokumentarisch, dabei authentisch, aber wenig spannungsgeladen folgen die Sequenzen, Szenen einer abgekämpften Stadt, einander. Man liest die Serie wie ein Buch, dass man immer wieder Mal hervornimmt, um vielleicht ein wenig Poesie oder Wissen einzuatmen. Und legt es dann wieder weg. Binge-Watching ist bei dieser Serie fehl am Platz, aber ein tägliches Schmöckern in dieser sehr schrillen, wilden und brutalen Welt, in die wir nur ausschnittsweise eintauchen können (so werden die Hintergründe der Figuren kaum gezeigt). So fügt man sich nach und nach das grosse Puzzle zusammen. Der Weg ist das Ziel: Diesen Ansatz verfolgen die Regisseure sehr gut, auch wenn einem beim Sehen ab und an der Gedanke kommen mag, was für eine Geschichte hier eigentlich erzählt wird.

«The Deuce»: James Franco und Maggie Gyllenhaal.
«The Deuce» (zu deutsch „ungünstige Lage“) ist keine Serie für Fans von Prosa, sondern eher von Sachbüchern. Poesie kommt auch nur ganz selten vor, dafür viel NYC-Geschichtskolorit, Sex, Mode und die Erinnerung an eine Zeit, in welcher der Time Square noch verrucht war und nicht wie heute ein Disneyland. Und ganz nebenbei kann man Spass haben an tollen Darstellern: Maggie Gyllenhaal mimt die desillusionierte Dirne perfekt, und James Franco zuzusehen, wie er gleich zwei Brüder spielt, ist sehr witzig. Die kaleidoskopische Erzählung, eine dokumentarische Kamera, die gut geschriebenen Dialoge sowie das authentische Setting sind weitere Gründe, der Serie eine Chance zu geben. Und wer Martin Scorses‘s alte Filme mag, ist mit dieser Serie auch gut bedient. Go for it!
Creators: David Simon, George Pelecanos / Mit: Kevin Breznahan, Maggie Gyllenhaal, Margarita Levieva, James Franco
Bilder- und Trailerquelle: HBO.

The Deuce HBO Series Poster
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