«House of the Dragon» von Ryan J. Condal, George R. R. Martin und Miguel Sapochnik: «Second of His Name» (Episode 3)
Ein männlicher Erbe für den König und ein makabrer Pirat stiften in der dritten Folge von «House of the Dragon» Unruhe. Doch auch sonst ist «Second of His Name» eine chaotische Angelegenheit, die schonungslos aufzeigt, wo die grossen erzählerischen Schwächen der «Game of Thrones»-Spinoff-Serie liegen.
Spätestens jetzt, bei der dritten Folge von «House of the Dragon» wird deutlich, dass die Serie – anders als «Game of Thrones» – auf einer Chronik basiert, und nicht auf einer Romanreihe: Das Tempo ist zackiger als noch bei der Vorgängerserie. Wie schon zwischen den ersten beiden Folgen, die sechs Monate auseinanderlagen, wird hier abermals ein Zeitsprung vorgenommen: Zwischen «The Rogue Prince» und «Second of His Name» sind gar drei Jahre vergangen, und tatsächlich hat sich in dieser Zeit einiges getan: König Viserys I. (Paddy Considine) hat endlich seinen gewünschten männlichen Nachkommen: Aegon II. ist nicht nur die Prinz gewordene Erklärung für den Episodentitel, sondern auch gleich das nächste Problem für die Mächtigen in Westeros. Denn mit der Ankunft eines männlichen Erben erwarten die Lords, dass König Viserys seinen Entscheid, seine Tochter Rhaenyra (Milly Alcock) zur Thronerbin zu ernennen, rückgängig machen wird – und mit Aegon dereinst ein Junge auf dem Thron sitzen wird. Das wiederum beunruhigt Rhaenyra und sorgt für zusätzliche Spannungen zwischen dem Regenten und seiner Tochter.

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Anders als der Titel vermuten lässt, dreht sich «Second of His Name» aber vor allem um den amtierenden König. Bei ihm wird zwischen Figur und Darsteller eine Entwicklung erkennbar: Während Paddy Considine («Pride», «The Outsider»), dem die Rolle zu Beginn der Serie eindeutig zu gross war, nun erstmals aufblüht, zeigt sich dafür umso mehr die Überforderung seiner Figur an allen Ecken und Enden: Bei Unterhandlungen mit seinen Gefolgsleuten ist er ungeduldig, beim Töten eines wehrlosen Hirsches unglücklich und hinsichtlich des Krieges, der seit drei Jahren im Süden des Königreichs tobt, schlicht planlos.
«Warum genau sich ein Seeräuber drei Jahre lang gegen eine Armee mit einem feuerspeienden Drachen behaupten kann, kann uns Regisseur Greg Yaitanes nicht schlüssig vermitteln.»
Dort, im Süden, bekämpft die Allianz zwischen Corlys Velaryon (Steve Toussaint) und Viserys‘ Bruder Daemon Targaryen (Matt Smith) mit viel Mühe den makabren Piraten Crabfeeder (Daniel Scott-Smith). Wer dachte, dass diese Angelegenheit mit einem Drachen rasch erledigt ist, irrt – und tatsächlich sind es die Heerscharen von Daemon, die hier in Bedrängnis geraten. Das sorgt auch in den Rängen der Kriegsführer für Spannungen, was vielleicht ein erstes Indiz dafür sein könnte, warum House Velaryon in «Game of Thrones» keine Rolle mehr spielt. Zugegeben: Warum genau sich ein Seeräuber drei Jahre lang gegen eine Armee mit einem feuerspeienden Drachen behaupten kann, kann uns Regisseur Greg Yaitanes («House M.D.»), der bereits die vorherige Folge inszenierte, nicht schlüssig vermitteln – selbst wenn der Crabfeeder, wie die Serie erzählt, von Kräften aus den Free Cities von Essos finanziell unterstützt wird, sind seine Truppen eher überschaubar. Die angebliche Übermacht des Crabfeeders wirkt entsprechend konstruiert und unglaubwürdig.

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Gut also, dass die Folge diese Geschehnisse an der Südküste zur Rahmenhandlung reduziert und sich stattdessen auf die Ereignisse am Königshof von King’s Landing fokussiert, wo Rhaenyra in Anbetracht einer bevorstehenden Vermählung einen auf Pixars «Brave» (2012) macht. Der jugendliche Selbstfindungstrip im Wald ist, wie die ganze Episode zwar etwas schleppend inszeniert, zeigt aber einmal mehr, dass Milly Alcock («Upright») das Herz dieser Serie ist. Und auch Fabien Frankel («Last Christmas»), der zum ersten Mal wirklich etwas zu tun bekommt, kann als loyaler Ser Criston Cole überzeugen.
«Während ‹Game of Thrones› vom steten Intrigieren und langsamen Pläneschmieden lebte, ist ‹House of the Dragon› bislang mehr ein Best-of der wichtigsten Targaryen-Momente.»
Trotzdem: Nach drei Folgen kann man festhalten, dass die Zeitsprünge der Serie nicht guttun – im Gegenteil. Zu virl muss jeweils nacherzählt werden, was sowohl den Erzählfluss, als auch die Figurentwicklung bremst. Während «Game of Thrones» vom steten Intrigieren und langsamen Pläneschmieden lebte, ist «House of the Dragon» bislang mehr ein Best-of der wichtigsten Targaryen-Momente. Ob das bis zum Ende der Staffel – und hinüber in die kürzlich angekündigte zweite Staffel – reicht, wird sich zeigen müssen.
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Seit 22. August auf Sky, neue Episoden jeweils montags
Serienfakten: «House of the Dragon» / Creators: Ryan J. Condal, George R. R. Martin, Miguel Sapochnik / Mit: Paddy Considine, Milly Alcock, Emma D’Arcy, Matt Smith, Emily Carey, Olivia Cooke, Steve Toussaint, Eve Best, Fabien Frankel, Sonoya Mizuno, Rhys Ifans / USA
Bild- und Trailerquelle: © 2022 Home Box Office, Inc. All rights reserved HBO® and related channels and service marks are the property of Home Box Office, Inc.
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