Der Brite Ken Loach ist bekannt für seine sozialkritischen Filme. Bereits vor zehn Jahren heimste sein Film „The Wind That Shakes The Barley“ eine goldene Palme in Cannes ein. Mit seinem neusten Streich „I, Daniel Blake“ liefert er ein weiteres, höchst erschütterndes und gleichzeitig unterhaltsames Sozialdrama, mit dem er dieses Jahr seine zweite Palme mit nach Hause nehmen konnte. Wir verraten euch hier, warum ihr die Geschichte über einen griesgrämigen Zimmermanns auf Arbeitssuche auf keinen Fall auf der Leinwand verpassen solltet.
Nordengland in der Gegenwart, trüb und regnerisch, wie es sich ein jeder vorstellt, und mittendrin steht er felsenfest, unser Protagonist Daniel Blake (in seiner ersten Kinorolle und überaus überzeugend: Dave Johns). Vor kurzem ist die Frau des alternden Zimmermanns gestorben, er selbst kann nicht mehr arbeiten, da er sich von einem Herzinfarkt erholt. Das Sozialamt erweist sich aber als wenig hilfreiches Mittel, um an das lebensnotwendige bisschen Geld zu kommen und seine aufmüpfigen Nachbarn können nicht einmal den Müll entsorgen. Doch der einsame Witwer lässt sich nicht unterkriegen, kämpft mit der undurchsichtigen Bürokratie und den befremdlichen PCs am Arbeitsamt, bis ihm die Puste auszugehen droht. Im Grunde ist es ganz einfach: Daniel, der zum eingerosteten Alteisen auf dem Arbeitsmarkt zählt und der Gesellschaft nur noch ein Klotz am Bein ist, hat keine Chance, in der absurd-unmenschlichen Arbeitswelt wieder Fuss zu fassen. Doch dann trifft er auf die junge, alleinerziehende Mutter Katy (Hailey Squires) und deren Kinder Daisy (Briana Shann) und Dylan (Dylan McKiernan), die zwar ebenfalls unter Geldnot leiden, ihm aber mit Wärme und Herzensgüte hilft, wo sie können.
Ein berührender Sympathisant
Der noch weitaus unbekannte Dave Johns überzeugt als zwar durchaus vitaler und optimistischer, durch das undurchschaubar kalte Sozialsystem aber langsam zermalmte und immer griesgrämiger werdender Kämpfer mit sarkastischer Punk-Attitüde, der uns in einer Sekunde zum Lachen bringt (auch wegen des unglaublich niedlichem nordenglischen Akzents), in der nächsten bei seinem verzweifelten Kampf ums Überleben wütende Tränen in die Augen treibt. Und trotz der einen oder anderen abfälligen Worten, die Daniel entfahren, bleibt er immer ein berührender Sympathisant, den man als Zuschauer einfach mögen muss. Und richtig warm ums Herz wird uns beim Zusehen, wie sich Daniel um die verzweifelte Katy und ihre Kinder kümmert, während sie ihm geben, was ihm fehlt: Eine Familie. Ken Loach, der bereits seit 50 Jahren Filme dreht, bleibt seinen naturalistisch-tristen Bildern treu und erzählt dabei nur unterschwellig emotional, während er die knallharte und scheinbar unerbittliche Realität aufzeigt, aber schafft es dennoch, die Zuschauer ungemein zu berühren, positiv zu bleiben aber auch – vor allem beim Finale – die Wut gegen die Bürokratie zu schüren.
Unser Fazit: Ein humanistisches Werk gegen jeglichen bürokratischen Nonsense, das gut in die Vorweihnachtszeit passt und am Schluss beim Zuschauer kein Auge trocken lässt.
Kinostart: 8. Dezember / Regie: Ken Loach / Mit Hayley Squires, Dave Johns
Trailer- und Filmquelle: Filmcoopi
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