Was lange währt, wird endlich gut: 14 Jahre nach dem Superheldenabenteuer «The Incredibles» reicht das Animationsstudio Pixar die lange geplante Fortsetzung nach. Diese bleibt dem Original in praktisch allen Belangen treu.
Im Pixar-Kanon hält «The Incredibles» (2004) eine seltsame Position inne. Erschienen ist er im «goldenen Zeitalter» des Studios – der Zeit vor «Cars» (2006), mit dem Pixars einzigartige qualitative Erfolgssträhne zu Ende ging. Trotzdem ist das Erbe von Brad Birds Actionkomödie ein zwiespältiges: Zwar erfreut er sich nach wie vor grosser Beliebtheit; doch ihm werden keine bahnbrechenden Errungenschaften zugeschrieben wie etwa «Toy Story» (1995), «Monsters, Inc.» (2001) oder «Finding Nemo» (2003). Im Gegenteil: Ästhetisch ist der Film mittelmässig gealtert; als Birds Karrierehöhepunkte gelten eher «The Iron Giant» (1999) oder «Ratatouille» (2007), eine andere Pixar-Produktion.
Doch «Incredibles 2» – das «The» scheint seit 2004 verloren gegangen zu sein – zeigt, wie sehr Birds Superhelden ihm immer noch am Herzen liegen. Der Film setzt da an, wo sein Vorgänger aufgehört hat: Metroville wird von einem Bösewicht angegriffen und es liegt an der Superfamilie Parr, ihm das Handwerk zu legen – obwohl es Superhelden immer noch verboten ist, ihre Kräfte einzusetzen. Bob (Stimme: Craig T. Nelson) lässt als Mr. Incredible seine übermenschlichen Muskeln spielen, seine Frau Helen alias Elastigirl (Holly Hunter) nutzt ihren dehnbaren Körper, während ihre Kinder – die Kraftfelder erzeugende Violet (Sarah Vowell) und der pfeilschnelle Dash (Huckleberry Milner) – auf Baby Jack-Jack aufpassen müssen, dessen unberechenbare Superkräfte sich langsam bemerkbar machen.
Verglichen mit anderen Pixar-Werken, sind die beiden «Incredibles»-Filme nicht mit allzu viel Tiefgang ausgestattet. Der erste Teil enthielt Gedanken über die Problematik einer «Übermenschen»-Klasse; beide Einträge handeln von Familiendynamiken – aber beiden ist offenkundig mehr an nostalgischer Action-Unterhaltung gelegen als an der existenziellen Dimension eines «Inside Out» (2015) oder eines «Coco» (2017).
Insofern ist «Incredibles 2» ein gelungenes Sequel. Auf Einladung eines reichen Philanthropen («Better Call Saul»-Star Bob Odenkirk) versucht Elastigirl, den Ruf von Superhelden zu verbessern, während Mr. Incredible den Haushalt schmeissen muss. So kann Regisseur und Solo-Drehbuchautor Brad Bird immer wieder zwischen kurzweiliger Action (mit neuen und alten Helden) und urkomischem Familien-Slapstick hin- und herschalten.
«So kann Regisseur und Solo-Drehbuchautor Brad Bird immer wieder zwischen kurzweiliger Action (mit neuen und alten Helden) und urkomischem Familien-Slapstick hin- und herschalten.»
Die komödiantischen Höhen des Originals mag «Incredibles 2» so zwar nicht erreichen, geschweige denn die emotionale Kraft von anderen Pixar-Fortsetzungen («Monsters University», «Finding Dory»). Dafür zeichnet er sich mit seiner fein ausgearbeiteten Ästhetik aus. Als besonders beeindruckend bleiben die Schauplätze mit ihrem retrofuturistischen Fünfzigerjahre-Design in Erinnerung. 14 Jahre technische Entwicklung haben dafür gesorgt, dass die Welt von Metroville, anders als noch in «The Incredibles», nun endlich lebendig wirkt. Aus pragmatischem Minimalismus wurde ein anregendes künstlerisches Konzept, das zum Genuss dieses grundsoliden Animationsfilms beiträgt.
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Kinostart Deutschschweiz: 27.9.2018
Filmfakten: «Incredibles 2» / Regie: Brad Bird / Mit: Holly Hunter, Craig T. Nelson, Sarah Vowell, Huckleberry Milner, Samuel L. Jackson, Bob Odenkirk, Catherine Keener, Brad Bird / USA / 125 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Walt Disney Studios Schweiz
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