Mit «Indiana Jones and the Dial of Destiny» holen James Mangold und Disney den peitschenschwingenden Archäologen aus der Versenkung. Das fünfte Abenteuer mit Harrison Ford ist zu keinem Zeitpunkt schlecht – aber leider auch viel zu selten wirklich gut.
Seine Paraderolle als Han Solo hat Harrison Ford («Blade Runner») «Star Wars: The Force Awakens» (2015) wohl endgültig hinter sich gelassen – und nun gilt es, auch vom Archäologen Indiana Jones Abschied zu nehmen. Vor 42 Jahren eroberte der von George Lucas («Star Wars») und Steven Spielberg («The Fabelmans») erfundene Forscher und Entdecker in «Raiders of the Lost Ark» das Kino. Ein Film, der nicht nur für neun Oscars nominiert wurde, sondern auch bis heute unzählige Nachahmer nach sich zieht: Blockbuster wie «The Mummy» (1999), «National Treasure» (2004) oder «Reckless Journey» (2017), aber auch Games (und dazugehörige Verfilmungen) wie «Lara Croft: Tomb Raider» (2001) und «Uncharted» (2022) liessen sich von Fords Archäologen inspirieren.
«‹Raiders of the Lost Ark› wurde nicht nur für neun Oscars nominiert, sondern zieht auch bis heute unzählige Nachahmer nach sich.»
Gleich zweimal kehrte der von Harrison Ford gespielte Held in den Achtzigern zurück – einmal im eher missglückten und düsteren «Indiana Jones and the Temple of Doom» (1984) und ein weiteres Mal im gefeierten Vater-Sohn-Abenteuer «Indiana Jones and the Last Crusade» (1989) – ehe Lucas und Spielberg die Reihe beiseitelegten und sich anderen Projekten widmeten. Fast zwei Jahrzehnte verstrichen, bis sich die beiden dazu entschlossen, noch ein Abenteuer zu inszenieren: «Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull» (2008) stiess mit seinem übernatürlichen Plot bei den Fans jedoch auf wenig Begeisterung, und so schien das Kapitel «Indiana Jones» endgültig abgeschlossen.
Als Disney 2012 Lucasfilm übernahm – und damit auch die Rechte an weiteren «Indiana Jones»-Filmen –, kam wieder Leben in die Sache. Nun, wiederum elf Jahre später, setzt sich der inzwischen bereits 80-jährige Harrison Ford ein fünftes und mutmasslich letztes Mal den Forscherhut auf, erstmals ohne die Beteiligung von Spielberg und Lucas, die lediglich als ausführende Produzenten walten. Für «Indiana Jones and the Dial of Destiny» nimmt stattdessen James Mangold auf dem Regiestuhl Platz – er, der in «Logan» (2017) bereits Hugh Jackmans Wolverine würdevoll in den Ruhestand schickte.
Nun soll ihm dasselbe mit der Figur Indiana Jones gelingen. Dessen neues Abenteuer, angesiedelt in New York anno 1969, einige Tage nach der Mondlandung, konfrontiert den emeritierten Archäologen nicht nur mit dessen Patentochter Helena (Phoebe Waller-Bridge), sondern auch mit einigen finsteren Gestalten. Diese sind unter der Instruktion des übergelaufenen Nazi-Forschers Jürgen Voller (Mads Mikkelsen) auf der Jagd nach einem Artefakt mit ungeheuerlicher Macht.
«Dial of Destiny» beginnt aber nicht 1969 in New York, sondern 1944 in Nürnberg. Dort versucht ein digital verjüngter Ford als Indiana Jones, zusammen mit seinem Kollegen Basil Shaw (Toby Jones) den raubenden Nazis eine wertvolle Lanze zu stehlen. Es entbrennt eine wilde Verfolgungsjagd in und auf einem fahrenden Zug, die uns – auch wenn sie ein paar Seiten zu viel aus dem «Skyfall»-Drehbuch (2012) stibitzt – kopfvoran in diesen Film und zurück in die «Indiana Jones»-Welt schleudert. Es muss an dieser Stelle leider gesagt sein: So grandios und bombastisch wie in seiner 25-minütigen Eröffnungsszene wird «Dial of Destiny» anschliessend leider nicht mehr.
«Das Ergebnis fühlt sich irgendwie bemüht und ermüdet an, fast so, als frage sich der Film selber – ähnlich wie wir –, was das denn alles soll.»
Dabei macht Mangolds Film nicht allzu viel falsch; die Zutaten stimmen: Harrison Ford ist besser gelaunt als noch beim letzten Film, und auch die anderen Darsteller*innen – allen voran Phoebe Waller-Bridge («Fleabag») als nervige Patentochter, Toby Jones («Empire of Light») als ihr schrulliger Vater und Mads Mikkelsen («Another Round») als schmieriger Nazi – können überzeugen. Dazu kommen schöne Locations wie das Sechzigerjahre-New York, Marokko und Sizilien sowie ambitionierte Action-Sequenzen. Und doch fühlt sich das Ergebnis irgendwie bemüht und ermüdet an, fast so, als frage sich der Film selber – ähnlich wie wir –, was das denn alles soll.
Da hilft es natürlich nicht, dass es Mangold und sein Co-Autoren-Team Jez Butterworth, John-Henry Butterworth und David Koepp auch mit der Exposition nicht allzu genau nehmen. Welches Gerät nun mithilfe von welchem Gerät welchen Effekt auslöst und welche Figur in der ganzen Geschichte nun welches Motiv hat, sollen sich die Zuschauer*innen gefälligst schön selber zusammenreimen, derweil «Dial of Destiny» von einer Action-Sequenz zur nächsten hetzt.
Sicher, als Schwanengesang für Fords peitschenschwingenden Archäologen taugt der Film auf jeden Fall. «Dial of Destiny» ist ein würdevoller Abschluss für diese Filmreihe, der soliden Fan-Service mit einer Prise Neuem mischt. Gerade genug, um niemanden wirklich hässig zu machen – aber eindeutig zu wenig, um uns wirklich vom Hocker zu reissen. Besser wird es wohl nicht mehr.
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Kinostart Deutschschweiz: 29.6.2023
Filmfakten: «Indiana Jones and the Dial of Destiny» / Regie: James Mangold / Mit: Harrison Ford, Phoebe Waller-Bridge, Mads Mikkelsen, Antonio Banderas, John Rhys-Davies, Toby Jones / USA / 154 Minuten
Bild- und Trailerquelle: © The Walt Disney Company Switzerland. All Rights Reserved.
«Indiana Jones and the Dial of Destiny» ist ein solides Abenteuer, das selten wirklich grossartig ist. Besser wird diese Reihe wahrscheinlich nicht mehr. Schluss jetzt, bitte.
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