Ein Berner Burger besiedelt eine Insel im Pazifik, 150 Jahre später leben seine Nachfahren immer noch da und fühlen sich der Schweiz verbunden. «Insulaner» fragt danach, was Identität ausmacht – und wird wunderbarerweise von Pedro Lenz erzählt.
Rund 670 km vor der Küste Südamerikas, mitten im Pazifik gelegen, gehört der Juan-Fernandez-Archipel zwar zu Chile, doch in der Geschichte seiner Besiedlung spielte ein Berner Burger eine massgebliche Rolle. Alfred von Rodt kam 1877 als Pächter auf die Insel. Abenteuerlustig und der Heimat überdrüssig geworden, hatte er den Auftrag gefasst, hier als stellvertretender Präfekt, Richter und Minister für Zoll und Post zu walten. Der Film «Insulaner» erzählt von seinen ersten Jahren auf der Insel, vor allem aber auch von seinen Nachfahren, die heute noch hier leben – mittlerweile in der fünften und sechsten Generation.

Der Berner Alfred von Rodt kam 1877 auf der Insel an
Dass die Insel weder Palmen noch Sandstrände hat, sondern eher unwirtlich ist, tut von Rodts Willen zu bleiben keinen Abbruch. Bis zu seinem Tod lebt er auf der Insel, auf der hundert Jahre zuvor das Vorbild für Daniel Defoes «Robinson Crusoe» gestrandet war. Auch das Leben der heutigen Bewohner ist von Einfachheit geprägt: Sie arbeiten hauptsächlich als Fischer und sind von den Schiffen, die ihnen das Lebensnotwendige liefern, abhängig. Sie sind stolz auf ihre Heimat und versuchen im Einklang mit der Natur der Insel zu leben Dazu gehört auch, diese immer wieder in Schach zu halten, zu roden und zu jagen, damit beispielsweise die von den Vorfahren gepflanzten Brombeerstauden und die ausgesetzten Hasen nicht «heimische» Pflanzen und Tieren verdrängen. Kritisch sehen die Alteingesessenen zudem die neueren Bewohnerinnen. Nach einem verheerenden Tsunami waren 2010 zahlreiche Helferinnen angereist, um beim Wiederaufbau zu helfen. Manch einem und manch einer hatte es so gut gefallen, dass sie bleiben wollten. Die Neuankömmlinge werden «Plasticos» genannt – angeblich, weil sie es waren, die Plastikgegenstände wie Einweggeschirr herbrachten.

Zur Einweihung der Von-Rodt-Strasse reist auch ein offzieller Vertreter der Schweiz an
Der Film, der mit der langsamen Kameraführung, der Zurückhaltung der Filmcrew, die als unbeteiligter Beobachter lediglich die Bewohnerinnen zu Wort kommen lässt, das einfache Leben auf der Insel gut einzufangen weiss, nimmt so auch grosse Fragen in den Blick. Einen Kontrapunkt zur Feindseligkeit der Bewohnerinnen den Neuankömmlingen wird beispielsweise dadurch gesetzt, dass der Erzähler Alfred von Rodt – dem wunderbarerweise Pedro Lenz seine Stimme leiht – feststellt, dass seine Gefährten und er alle gleichermassen fremd sind auf der Insel und ihre Gemeinschaft deshalb nicht über Ausschluss definiert werden könne.
Wie wird Identität gestiftet?
Was heisst es fremd oder heimisch zu sein? Wie ist mit Ressourcen und Abhängigkeiten umzugehen? Diese Fragen beschäftigen nicht nur auf der kleinen Robinson-Insel, sondern sie lassen sich – dank der auch heute noch gelebten Verbindung zur Heimat von Rodts – auch für die Schweiz stellen.
Die Verknüpfung der fernen Pazifikinsel und der Alpenrepublik gelingt «Insulaner» ausserordentlich gut – ohne die Parallelen je explizit aufzuzeigen oder die Insel und seine BewohnerInnen für den Film auch nur einmal zu verlassen.
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Kinostart Deutschschweiz: 4.4.2019 / Regie: Stéphane Goël / Mit: Pedro Lenz
Trailer- und Bildquelle: First Hand Films
Unspektakulär wird die unglaubliche Geschichte eines Schweizer Kolonisten erzählt – dem wunderbarerweise Pedro Lenz seine Stimme leiht.
2 Comments
Wie bzw wo kann man diesen Film ansehen?
In der Schweiz kann man den Film via Apple TV oder Playsuisse ansehen!