Jacqueline Kennedy und ihr rosa Chanel-Kostüm. Beide sind in die Geschichte eingegangen. Die First Lady unter anderem wegen ihres zeitlosen Stils, das Kostüm wegen eines Augenblick des Schreckens. Eine Stilanalyse.
„Let them see, what they have done,“ sagt Jackie (Natalie Portman) im Film, als sie gebeten wird, ihre Garderobe zu wechseln. Ihr rosa Chanel-Kostüm ist mit Blut befleckt. John F. Kennedy kurz davor in ihrem Schoss verstorben.
So fragil und fast naiv wie sich die Präsidenten-Gattin gibt, könnte man meinen, dass sie am Morgen vor der Abreise nach Dallas einfach zufällig ihr rosa Ensemble mit Pillbox-Hut aus dem Schrank geholt hat. Kennedy soll seiner Frau geraten haben, etwas Simples anzuziehen, dass den Texanern zeigen würde, was wirklich guter Stil ist.
Doch zu bedacht sind ihre Worte, zu perfekt ihre Garderobe. In ihrem Stil steckt keine Willkür, sondern die Zusammenarbeit mit dem Hollywood Modeschöpfer Oleg Cassini. Mit diesem setzte sie ihre Kostüme zusammen, die ihre Verletzlichkeit in stillose Eleganz verpackten. Ihre Liebe zur Mode lässt sich auch mit ihrem Studium in Paris erklären. Die Stadt, wo Jackie französische Literatur studierte und wo Modeschöpfer wie Christian Dior und Coco Chanel gross geworden sind. So verwundert es nicht, dass sie auch später als Präsidentengattin, ihre Garderobe aus Frankreich importieren lässt. Zusammengesetzt wird sie an der 5th Avenue. So wie es sich für eine amerikanische Präsidentengattin gehört.
Ihre Liebe für Mode und Stil zeigt sich auch in ihrem Projekt, das Weisse Haus zusammen mit dem Versailles Restaurator Stephane Boudin in einen Ort zu verwandeln, der mit Kunst und Chic die amerikanische Geschichte atmet. In einem TV-Beitrag zeigt Jackie in ihrem roten Dior-Ensemble das Resultat ihrer Arbeit und lässt Millionen an einem Rundgang durch das Weisse Haus teilhaben. Die Aufnahmen gehen samt Kleid in die Geschichte ein. Im gleichnamigen Film „Jackie“ von Pablo Larrain ist es der letzte kleidertechnisch farbliche Aufschrei, bevor es düster wird.
In der restlichen Laufzeit sehen wir Jackie vor allem in Trauerkleidung. Ihr schwarzer Regenmantel im 60er-Jahre Stil – der nach dem Trauerzug in Washington in allen Farben erhältlich sein wird – avanciert gleich zum Trendobjekt.
5 Mal das Key-Piece
Die Französin Madeline Fontaine hatte für ihre Arbeit als Kostüm-Designerin genügend Recherche-Material zur Verfügung. Von der First Lady gibt es zahlreiche Fotos und Videos. Modehäuser wie Dior und Chanel haben Archive, die Einsicht in Design und Textilien geben. Allerdings haben Zuschauer bei einer Ikone wie Jacqueline Kennedy gewisse Erwartungen. Viele erkennen ihren Stil mit Deux-pièce und Perlenkette wieder. Das macht es für einen Kostüm-Designer schwieriger und erfordert viel Detailarbeit. Doch ist es nicht das erste Mal, dass Fontaine Akteure mit Hilfe von bekannten Roben in authentische Stilikonen verwandelt. Mit ihrer Arbeit beim Biopic „Yves Saint Laurent“ ist sie bereits erfolgreich reüssiert. Der Film wurde nun mit einem Oscar für Costume Design bei den 89. Academy Awards nominiert.
Für den Film „Jackie“ hat die Designerin gleich fünf Mal das Key-piece, das rosa Kostüm, anfertigen lassen. Falls das eine beschädigt, kann ein anderes her.
Jacqueline Kennedy weigerte sich nach dem Attentat, ihr mit Blut beflecktes Ensemble zu wechseln. Sie trug das Rosa-Kostüm als die Air Force One Kennedys Sarg zurück nach Washington brachte, und auch während der Vereidigung Lyndon B. Johnsons zum neuen Staatsoberhaupt. Für einmal sollte die Öffentlichkeit die verletzliche First Lady sehen.
*Nice to know: Das Original-Kostüm ist übrigens immer noch in den National Archives in Washington zu finden. Für die Öffentlichkeit bleibt es bis auf Weiteres nicht zugänglich.
«Jackie», Pablo Larraín, CL/FR/USA, 2016, 100 Minuten. Kostüm-Designerin: Madeline Fontaine
Trailer- und Bildquelle: Pathé Films
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