Jean Ziegler. Soziologe, Autor, Retter der Armen, Revolutionär, Rebell, Kämpfer, Ideologe, Idealist, Sozialist, Diplomat. Viele Begriffe treffen auf ihn zu, fast noch mehr widersprechen sich. Er ist ein Mann voller Widersprüche. Gelingt dem Regisseur Nicolas Wadimoff diese einzufangen oder erliegt auch er dem Charme und der Utopie Vorstellungen des Che- Verehrers?
Der als Hans Ziegler geborene Thuner wächst in behüteter Umgebung auf und durchlebt eine ruhige Kindheit. Erst nach einem zwei jährigen Afrika Aufenthalt ändert sich seine Grundeinstellung grundlegend und die gefahrenlose Ruhe auf dem Schweizer Land verlässt ihn unweigerlich. Als UN-Experte erlebt er eine prägende Zeit unmittelbar nach der Ermordung des kongolesischen Staatschefs Patrice Lumumba. Das dort gesehene Elend wird ihn sein ganzes Leben verfolgen. Die soziale Ungerechtigkeit und den damit verbundenen weltweit herrschenden Hunger beschäftigen und treiben ihn an. Bei der Weltzuckerkonferenz der UNO in Genf begegnet er Che Guevara, was den Rebell in ihm noch mehr befeuert. Er möchte die Welt retten und vom Bösen befreien. Und zwar im Alleingang.
Die Bösen und die Guten
Eine One-Man-Show ist dieser Film zwangsbedingt. Er zeigt einen Menschen, der mit einnehmender Rhetorik und umfangreichem Denkvermögen beschenkt wurde. Und diese Fähigkeiten auch zu nutzen weiss. Getrieben von Idealismus macht er sich auf den Kapitalismus – «das Grundübel aller Probleme» – zu bekämpfen und schreckt nicht davor zurück, sich auf die Seite radikaler Oppositionen zu stellen. Er bezieht Stellung. Immer. Seine Ansichten sind genau so klar wie radikal. Nach Zielger’s Ansichten ist das Böse dieser Welt zweifellos, deutlich erkenn- und benennbar. Und genau diese Schwarz-Weiss-Malerei dürfte dem einen oder anderen Intellektuellen oder Ökonomen sauer aufstossen. Die Komplexität und Probleme dieser Welt lassen sich weder in zwei Sätzen definieren noch lösen. Umso erstaunlicher, dass dieser intelligente Mann, welcher mit durchaus diplomatischem Geschick ausgestattet ist, eine solch einschichtige Meinung über die Welt vertritt. Toll für den Zuschauer, dass der Regisseur genau dieses Paradoxon so schonungslos auf die Leinwand klatscht.
Der wache Blick des Regisseurs
Die Fähigkeit Wadimoffs, die Komplexität des Hauptdarstellers so unaufgeregt aufzuzeigen, beeindruckt auf ganzer Linie. Als ehemaliger Student Zieglers startete er vorbelastet in das Projekt. Trotzdem zeigt er keine Angst seinen ehemaligen Dozenten auch negativ oder widersprüchlich zu beleuchten. Immer wieder lässt er Charaktere auftreten, welche die Ansichten von Ziegler hinterfragen oder gar anfechten. Dieser Kontrast gibt dem Porträt eine fundierte Tiefe, welche zum Nachdenken anregt. Und sie empfiehlt uns Zuschauern nicht die vermeintlich schwachen Seiten dieses Menschen anzustarren, sondern das Gesamtkonstrukt zu beleuchten. Erst dann werden wir den Glanz Zieglers einordnen können, ohne zu vergessen, dass auch er nur ein Mensch ist. Ein Mensch, der einmal eine Idee hatte und diese bis heute vertritt. Eine Eigenschaft, welche in der heutigen Zeit gefühlt rar gesät ist und somit ein Charakterzug, welcher man sich durchaus im Kino ansehen soll.
Kinostart: 19.1.16. / Regie: Nicolas Wadimoff / Mit: Jean Ziegler
Trailer- und Bildquelle: http://www.frenetic.ch/
2 Comments
Auch nach einem Jahr durchaus noch gültig; Herr Hofmeister: was sind Sie doch für ein überheblicher Kleingeist – so richtig ein typischer schweizerischer Besserwissi aus provinzieller Enge heraus. In einem seiner ersten Bücher nannte Jean Ziegler Betrugssummen der Reichen und Multis in Millionenhöhe, die schon damals von den braven Besserwissi für masslos übertrieben gehalten wurden – es stellten sich dann aber peinlicherweise wesentlich höhere Summen als klar erwiesen heraus.
Lieber Herr Ammann,
welchen Aussagen von Herr Hofmeister treiben sie denn so in Rage? Die Rezension ist meiner Meinung nach sehr objektyves ausgefallen.