«Kizazi Moto: Generation Fire» von Peter Ramsey, Tendayi Nyeke, Anthony Silverston
Mit «Kizazi Moto: Generation Fire» liefert uns Disney zehn animierte Zukunftsvisionen junger afrikanischer Filmemacher*innen. Wer neues und diverses Animationsfilmschaffen sucht, wird hier fündig – auch wenn die Serie erzählerisch noch schwächelt.
Spätestens seit Netflix‘ Überhit «Love, Death & Robots» (2019– ) boomen animierte Anthologie-Serien im Streaming. Mit «Star Wars: Visions» sprang auch Disney 2021 auf den Zug auf und liess in bisher zwei Staffeln 18 Studios und Animations-Regisseur*innen aus aller Welt auf die weit, weit entfernte Galaxie los. Auch vertreten war dort das südafrikanische Studio Triggerfish, das die internationale Trickfilmszene in den vergangenen Jahren gehörig aufmischte und damit auch die afrikanische Animation stärker in den Fokus rückte.
Dieses Momentum will Disney nun für eine neue Anthologie-Serie nutzen: Der von Triggerfish produzierte Science-Fiction-Zehnteiler «Kizazi Moto: Generation Fire» soll das diverse Filmschaffen des afrikanischen Kontinents zelebrieren. Oder genauer gesagt: Dessen junges, diverses Filmschaffen. Mit einem Titel, der an den Swahili-Begriff «kizazi cha moto» angelehnt ist, was so viel heisst wie «Feuer-Generation», rückt die Serie nämlich die vielversprechende aktuelle Generation von Filmschaffenden ins Rampenlicht. Unter der Supervision von Oscar-Gewinner Peter Ramsey («Spider-Man: Into the Spider-Verse») sollten diese wilde Zukunftsvisionen für Afrika entwickeln.
«‹Mkhuzi: The Spirit Racer› ist ein Film, von dem man sich wünscht, dass er auf eine Samstag-Morgen-Cartoon-Serie ausgeweitet wird.»
Wie sehr sich diese jungen Filmschaffenden austoben konnten, beweisen Kurzfilme wie der rasante «Mkhuzi: The Spirit Racer» über einen jungen Alien-Zulu-Rennfahrer, der sich mit einem übermächtigen ausserirdischen Racer messen muss. Malcolm Wope, der bereits bei «Star Wars: Visions» als Animator mitarbeitete, inszeniert zusammen mit Simangaliso «Panda» Sibaya ein unbändiges, atemloses Zeichentrick-Abenteuer irgendwo zwischen «Speed Racer» (2008) und Genndy Tartakovskys «Star Wars: Clone Wars» (2003–2o05), bei dem Menschen, Aliens und Autos regelrecht über den Bildschirm geschleudert werden. «Mkhuzi: The Spirit Racer» ist ein Film, von dem man sich wünscht, dass er auf eine Samstag-Morgen-Cartoon-Serie ausgeweitet wird. Genauso die verspielte Wachstumsfabel «First Totem Problems» von Tshepo Moche («The Unstoppable Yellow Yeti»), die mit ihrem witzigen cartoonigen Look und einem schrilles Sounddesign punktet.
Auch die 3D-Beiträge können überzeugen: «Stardust» von Ahmed Teilab («Suhail Adventures») erinnert mit seinem stilisierten, klobigen Look stark an eine liebevollere Version von «Star Wars: The Clone Wars» (2008–2014, 2020). Der Kurzfilm über ein junges Mädchen, das sich auf der Suche nach einer mystischen Prophezeihung mit Banditen anlegt, ist ein starker Beitrag, der schlau und witzig erzählt ist. Überhaupt zeigt «Kizazi Moto: Generation Fire» gerade im 3D-Bereich seine ganze Vielfalt – etwa mit dem herzigen «Herderboy», der einen jungen Hirten-Aspiranten gegen gruselige Energie-Monster kämpfen lässt. Der charmante Kurzfilm von Raymond Malinga («A Kalabanda Ate My Homework») bietet satte Farben und liebevolles, schnörkelloses 3D.
Ganz anders «Mukudzei» von Pious Nyenyewa und Tafadzwa Hove, der mit eindrucksvollen und hochpolierten Bildern von einem Influencer erzählt, der auf der Suche nach Ruhm das Wesentliche aus den Augen verliert. «Mukudzei» ist nicht der einzige Beitrag, der sich dieser Thematik annimmt: Auch Regisseur Lesego Vorster erzählt in «You Give Me Heart» vom gottgleichen Influencer-Ruhm. Beide Kurzfilme vereint, dass sie es – anders als viele sonstige Beiträge zu diesem Thema – schaffen, eine aufrichtige und berührende Geschichte zu erzählen, anstatt die Moralkeule zu schwingen. Dasselbe gilt für Terence Maluleke und Isaac Mogajanes Kurzfilm «Hatima», der vom Aufeinanderprallen zweier Welten erzählt – und dessen feinfühliger Umgang mit Themen wie Behinderung, Krankheit und Zugehörigkeit besonders gefällt.
«Nicht selten fühlen sich Episoden an wie unfertige Drehbuchskizzen, denen der letzte Schliff – oder zumindest kritische Rückfragen zu offensichtlichen Plot Holes – fehlte.»
Nach drei mal mehr, mal weniger enttäuschenden Staffeln von Netflix‘ selbstverliebter Anthologie-Serie «Love, Death & Robots» beweist das fantasievolle Projekt «Kizazi Moto: Generation Fire» somit eindrücklich, dass Animation durchaus Spass machen darf. Die zehn Kurzfilme sind ungestüm und mutig inszeniert und schöpfen die Möglichkeiten des Animationsfilms grosszügig aus. Doch sosehr die Disney-Serie visuell und insbesondere animationstechnisch zu überzeugen weiss, so ungeschickt stellt sich diese Anthologie bisweilen erzählerisch an. Nicht selten fühlen sich Episoden an wie unfertige Drehbuchskizzen, denen der letzte Schliff – oder zumindest kritische Rückfragen zu offensichtlichen Plot Holes – fehlte.
Das trübt die Freude über diese neuen Bild- und Erzählwelten, die sich uns hier eröffnen, ein wenig, ändert aber nichts daran, dass «Kizazi Moto: Generation Fire» etwas vom Mutigsten und Interessantesten ist, das Disney in den letzten Jahren im Animationsbereich gemacht hat.
–––
Jetzt auf Disney+
Serienfakten: «Kizazi Moto: Generation Fire» / Executive Producers: Peter Ramsey, Tendayi Nyeke, Anthony Silverston / Südafrika, Simbabwe, Uganda, Nigeria, Kenia, Ägypten / 10 Episoden à 12–13 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Disney+
Titelbild: «Mkhuzi: The Spirit Racer»
Trotz Schwächen im Drehbuch überzeugt «Kizazi Moto: Generation Fire» mit fantasievollen und bildgewaltigen Animations-Kurzfilmen aus der Feder von aufstrebenden afrikanischen Regietalenten.
No Comments