Lara Stoll: Die fünf Lieblings-Musikfilme der Wort-, Bild- und Ton-Akrobatin
Lara Stoll in wenigen Worten zu beschreiben, ist, wie Flöte spielen mit einem Baseballschläger – nicht so einfach. Sie ist als Tausendsassa in vielen Kultursparten tätig – von Slam-Poetry über Musik bis Comedy – und in der Schweiz wohlbekannt und preisgekrönt.
Lara Stoll schloss 2015 ein Bachelorstudium Film und Regie an der Zürcher Hochschule der Künste ab und brachte nach mehreren Filmproduktionen 2018 ihren ersten Film ins Kino. Und mit «Das Höllentor von Zürich» ist ihr ein «Satan von einem Film» gelungen. Lest hier unsere Filmkritik und seht euch dort auch gerade den Film in voller Länge an!
Aktuell arbeitet Lara Stoll als Regisseurin an einem neuen Filmprojekt, einer Art alternativem «Tatort» mit Kabarettist Patrick Frey in der Hauptrolle. Wir sind wieder höllisch gespannt! (P.S.: Das Projekt darf man hier unterstützen.)
Wir wollten von Lara Stoll wissen, was ihre fünf Lieblings-Musikfilme sind. Das sind ihre #MaximumFive:
«24 Hour Party People» von Michael Winterbottom (2002)
Dazu kann ich gar nicht viel sagen, diesen Film muss man einfach sehen – unfassbar unterhaltsam und frech in der Machart. Federleicht schlängelt er sich zwischen Wahrheit und Legenden hindurch, wie es dem Film halt gerade so gefällt. Schauspieler Steve Coogan, welcher uns durch Zeit und Szene trägt, macht einfach nur einen grossartigen Job, da bleibt kein Ohr trocken. Mit toller Musik zwischen Mitt-70er -90er Jahre (Joy Division, später New Order, Siouxsie and the Banshees, Happy Mondays, Sex Pistols) dokumentiert und mockumentiert er das wilde bunte Treiben der Manchesterer Musikszene.
«Singin‘ in the Rain» von Gene Kelly und Stanley Donen (1952)
War und ist wohl für immer einer meiner Lieblingsfilme (neben «The Wizard of Oz» – ah, und eigentlich hätte auch noch «Anvil! The Story of Anvil» reingemusst, aber wir wollen hier nicht tricksen). Aaalso, «Singin‘ in the Rain», natürlich bestechend vor allem durch Gene Kellys, Donald O’Connors und Debbie Reynolds‘ performatives Präzisionshandwerk. Das Thema ist zwar altbekannt: Schauspieler unter Existenzängsten durch die Abschaffung des Stummfilms hin zum Tonfilm, nichtsdestotrotz wird sehr leichtfüssig, charmant und ironisiert mit dem trägen Thema umgesprungen. Schlussendlich ist es ein Liebesfilm, Liebe zum anderen Menschen, Liebe zum Filmemachen, Liebe zur Kunst. Wir haben gar mal über ein Remake in Zürich nachgedacht.
«Dig!» von Ondi Timoner (2003)
Dokumentarfilm über den Karriereverlauf, die Freundschaft und Rivalität der beiden Bands The Brian Jonestown Massacre (eine Lieblingsband!) und den Dandy Warhols (nicht so Lieblingsband). 2’500 Stunden verarbeitetes Material voll mit wilden Exzessen, Schlägereien auf der Bühne und Einblicken in das geniale und zerstörerische musikalische Schaffen von BJM-Frontman Anton Newcombe. Zwar nervt das arrogante halbstarke Getue stellenweise, dafür geben sie sich aber auch so richtig auf die Nüsse. Der Film zeigt nebenbei die früheren – zum Teil fragwürdigen – Mechanismen der amerikanischen Musikindustrie der 90er und 00er Jahre. Fetzig geschnitten ist er natürlich auch: Volle Nostalgie.
«Phantom of the Paradise» von Brian De Palma (1974)
Hintergrund des Filmes bildet Brian De Palmas damalige Wut auf Warner Bros., welche sich – ohne sein Wissen – am Schnitt seines ersten Studiofilmes zu schaffen gemacht haben, das Ganze so geheim, dass der Regisseur das Komplott erst bei seiner eigenen Premiere bemerkte. Er wirft nun also das Phantom der Oper, «Picture of Dorian Gray» und Faust in einen Topf und zaubert eine unfassbar bildgewaltige Tragödie. Die inflationär eingesetzte Musik kommt leider nicht ganz an die Qualität von Cast, Kostüm und allgemein brillanter Mise en Scène heran, ja zuweilen ist es gar ein bisschen ein Overkill. Trotzdem strotzt das Ding vor Energie und mich beschleicht nicht zum ersten Mal das Gefühl, Daft Punk haben sich da doch was von ihren späteren Outfits abgeguckt.
«Human Highway» von Bernard Shakey und Dean Stockwell (1982)
Unter der Mitarbeit von Schlingel Neil Young (auch in der Hauptrolle) ist 1982 ein fast vergessener Musikcomedy-Film entstanden. Die teilweise etwas behämmerten Figuren popeln und rumpeln irgendwie um eine Tankstelle herum, die vom bösen neuen Besitzer verkauft werden soll. Eine zusätzliche Bedrohung stellt das fragwürdige, dauernd rotglühende Atomkraftwerk neben der Tankstelle dar. Ah, und Aliens kommen glaube ich auch mal noch vor. Zum Teil etwas anstrengend das Ganze, aber die Ästhetik ist bezaubernd, ebenso die Liebe zum Detail und Dekor, Dennis Hopper am Herd und die Band Devo, welche nuklearen Abfall herumschaufelt – da kann man eigentlich nicht meckern.
Mehr zu Lara Stoll:
Geboren 1987, in Schaffhausen zur Welt gekommen und im Thurgau aufgewachsen. Inzwischen wohnhaft in Zürich. Zeitvertreib: Rotwein (und Rotwein-Shirts) und jedes zweite Jahr stricken im Dezember. Seit mehr als 13 Jahren trifft man Lara Stoll als Slam-Poetin auf verschiedensten Bühnen an. Sie war unter anderem auch schon bei «Aeschbacher», «Giacobbo/Müller» und «Deville» sowie im WDR zu sehen. Von 2011 bis 2015 absolvierte sie ein Filmstudium an der Zürcher Hochschule der Künste. Seit 2013 produziert sie mit dem Kollektiv «Bild mit Ton» verrückte Sendungen und Filme. 2015 war sie Gründungsmitglied der Punkband Pfffff (Songwriting, Gesang, zweite Gitarre) und bestreitet auch Konzerte als Stefanie Stauffacher. Lara Stoll kann man als Slam-Poetin engagieren, sie ist recht pünktlich, und die meisten waren bisher zufrieden. (Text ist geklaut von ihrer Website, weil besser formulieren kann mans nicht).
Mit dem Kurzfilm «Aujourdhui, il ne pleut pas en Suisse» schloss Lara Stoll ihr Bachelorstudium Film und Regie an der Zürcher Hochschule der Künste ab. Unbedingt ansehen, der Film überzeugt durch wunderbare Cadragen und einer kunstvoll inszenierten Geschichte eines Kläranlagenbesuchs.
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