Bei Filmen wie diesen weiss man genau, was man erwarten kann, viele Überraschungen gibt es nicht: James Mangold an der Spitze, Matt Damon und Christian Bale in den Hauptrollen, die Geschichte angesiedelt im Rennsport der 1960er Jahre – «Le Mans ’66» ist klassisches Hollywood des 21. Jahrhunderts.
Basierend auf der Biographie «Go Like Hell: Ford, Ferrari, and Their Battle for Speed and Glory at Le Mans» von A.J. Baime, erzählt «Le Mans ’66» (US-Originaltitel: «Ford v Ferrari») die Geschichte der Rivalität zwischen der Ford Motor Company und Ferrari. Diese steigerte sich im Jahr 1963 ins schier Unermessliche, nachdem ein Übernahme-Deal zwischen den Firmen von Henry Ford II und Enzo Ferrari scheiterte. Insbesondere Henry Ford II war so stark in seinem Stolz verletzt («He said Ford makes ugly little cars in ugly factories. And, uh, he called you fat, sir.»), dass er alles daran setzen wollte, Ferrari im Rennsport zu schlagen. Diese hatten das legendäre Rennen von Le Mans in den Jahren 1958 und 1960 bis 1965 stets für sich entscheiden können.
«You need a pure racer behind the wheel of your car. That’s Ken Miles.»
Ford beauftragte also den Autodesigner Carroll Shelby (Matt Damon) damit, ein Auto zu bauen, welches schneller, leistungsstarker und wendiger, kurzum besser ist als ein Ferrari. Shelby wusste, dass er dies nur mit Hilfe des hitzköpfigen Rennfahrers Ken Miles (Christian Bale) schaffen konnte. Ein Umstand, der Ford wiederum nicht gefiel. «Le Mans ’66» erzählt in rund zweieinhalb Stunden von den Anstrengungen, den Ford GT40 zu bauen und ihn konkurrenzfähig zu machen. Mit Ups and Downs auf professioneller und persönlicher Ebene arbeiten Shelby und Miles drei Jahre lang am Fahrzeug. Sie kämpfen mitunter gegeneinander, zusammen gegen Ford als kommerzieller Auftraggeber und zusammen mit Ford gegen den Kontrahenten Ferrari. Wie der Filmtitel antönt, kulminiert das Hin und Her 1966 in Le Mans.
«Le Mans ’66» ist ein tadellos aufgegleister Film, das Talent vor und hinter der Kamera scheint in jeder Einstellung durch. Mit der Regie wurde James Mangold betraut, der in Filmen wie «Walk the Line» und zuletzt «Logan» seine Expertise schon mehrfach unter Beweis stellen konnte. Sein Gespür für ästhetische Bilder, die mit organischen und teils rasanten Kamerafahrten eingefangen werden, kommt auch hier, insbesondere auf den Rennstrecken, über weite Teile zum Ausdruck. Insbesondere Bale stellt seine Wandlungsfähigkeit einmal mehr unter Beweis. Auch die Besetzung der Nebenrollen überzeugt: Caitriona Balfe («Outlander») als Mollie Miles und Tracy Letts («Homeland») als Henry Ford II vermögen in wenigen Szenen – unterstützt von einem subtilen, aber aussagekräftigen Drehbuch – ihren Figuren Profil zu verleihen.
«Le Mans ’66» ist ein tadellos aufgegleister Film, das Talent vor und hinter der Kamera scheint in jeder Einstellung durch.
Enstanden ist ein rundes, trotz Überlänge über weite Strecken kurzweiliges Biopic. Alle Zutaten sind da, doch der Film wirkt auch etwas altbacken. Möglicherweise mit Absicht, da man sich in der Männerdomäne Autorennsport der 1960er Jahre befindet. «Le Mans ’66» ist klassischer Oscar-Bait – auch wenn Mangold noch eine «Extra Mile» hätte gehen können, um einen wahrhaft innovativen Film zu drehen.
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Kinostart Deutschschweiz: 14.11.2019
Filmfakten: «Le Mans ’66» («Ford v Ferrari») / Regie: James Mangold / Mit: Matt Damon, Christian Bale, Caitriona Balfe, Jon Bernthal, Tracy Letts / USA / 152 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Twentieth Century Fox Film Corporation
James Mangolds neuestes Werk vermag über weite Strecken zu überzeugen, verlässt die eigene Komfortzone aber leider nicht.
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