Missglückte Beziehungen sind seit jeher beliebte Filmsujets. Der Ansatz von „L‘ Économie du Couple“ ist allerdings ein selten gesehener. Durch kontrastreiche Gegenüberstellungen aller Art, wie es bereits der Titel suggeriert, entwickelt sich dieser Film zu einem reizvoll aufgeladenen Drama.
Schon oft gesehen und irgendwie doch nicht
Der Film erzählt die Geschichte des Paares Marie (Bérénice Bejo) und Boris (Cédric Kahn). Nach 15 Jahren Ehe und die Geburt ihrer Zwillingsmädchen ist sowohl die Liebe als auch die Leidenschaft verschwunden. Ihren Kindern zuliebe versuchen sie ein intaktes Familienleben zu führen. Trotz ihren Bemühungen gelingt das nicht wirklich. Die Eltern schlafen in getrennten Zimmern und die Kinderaufsicht ist strikt nach Tagen aufgeteilt. Trotzdem geraten Marie und Boris immer wieder in heftige Streitereien. Zum Beispiel als Boris eines Abends ins Dinner platzt, dass Marie mit den ehemals gemeinsamen Freunden hält. Die Situation ist so unangenehm, dass man auch als Zuschauer das Zimmer verlassen möchte. Dreh- und Angelpunkt dieser Auseinandersetzungen ist fast ausschliesslich das- noch gemeinsame – Apartment. Dieses rückt den entscheidenden Aspekt des Films in den Mittelpunkt. Marie hat die Wohnung komplett finanziert, Boris hat sie aber mit viel Hingabe und Liebe renoviert. Wer darf bleiben, wer muss ausziehen?
Eine Wohnung, viele Probleme
Fast ausschliesslich in besagter Wohnung verläuft auch der ganze Film. Die subtile Kameraführung vermittelt dadurch unaufdringlich intime Einblicke in eine Beziehung, die paradoxerweise fast alles an Intimität verloren hat. Man ist als Zuschauer in der Wohnung gefangen wie Marie und Boris in ihrer gescheiterten Beziehung. Spannend ist vor allem der ökonomische Fokus der Beziehung, die von der Wohnung abhängig zu sein scheint. Schnell wird aber auch deutlich, dass nicht die Wohnung alleine den Streitpunkt darstellt. Viel eher steht sie symbolisch für die über die Jahre angestaute Wut, Enttäuschung und Misstrauen. Der Film hinterfragt ausserdem mithilfe des Apartments den Stellenwert von Geld gegenüber dem von Hingabe und Leidenschaft in einer Beziehung. Als Zuschauer wird man vor allem unentschieden zurückgelassen und kann sich sowohl mit der pragmatischen Marie als auch mit dem impulsiven Boris identifizieren, was diesem Drama einen speziellen Nachgeschmack verleiht.
Ein ruhiger Film, der emotional bedrückt und mit wenig Mittel viel Gefühl auf die Leinwand bringt.
„L’Économie du Couple“ ab 13. Oktober 2016 im Kino. Regie: Joachim Lafosse, Darsteller: Bérénice Benjo, Cédric Kahn, Marthe Keller
Trailer- und Bildquelle: https://outside-thebox.ch
No Comments