Gefühlskino der Extraklasse
Das berührende Drama «Lion» erzählt die wahre Geschichte des fünfjährigen indischen Jungen Saroo, welcher während einem nächtlichen Ausflug von seiner Familie getrennt und daraufhin von einer australischen Familie adoptiert wird. Die bewegende Geschichte in Kombination mit den epischen Klängen und den eindrucksvollen Bildern bietet ein rührseliges Kinoerlebnis, welches auch nach dem Film noch mitschwingt.
Inmitten des turbulenten Subkontinents Indiens streifen der fünfjährige Saroo und sein älterer Bruder Guddu durch die Gegend auf der Suche nach etwas Milch für die ärmliche Familie – die leckeren Süssigkeiten vom Markt wollen sie sich leisten, sobald sie gross und reich sind. Eines Nachts ziehen die beiden los, um durch Nachtarbeit einen Batzen dazu zu verdienen. Als sich der kleine Saroo müde in einem verlassenen Zugabteil schlafen legt, ahnt er nicht, dass dies sein Leben für immer verändern würde.
Als er aufwacht, findet er sich mutterseelenallein in einem fahrenden Zug wieder – Panik. Alles Schreien, Winken und Flehen hilft dem wehrlosen Jungen nicht, sich aus dem seelenlosen Stahlkoloss zu befreien. Erst Tage später öffnen sich die massiven Türen und ihm gelingt es sich durch die chaotische Menschenmassen durchzukämpfen. Doch in der fremden indischen Millionenstadt, in welcher man sein Hindi nicht zu verstehen scheint, erwartet ihn ein erbarmungsloser Kampf gegen Aufseher, Menschenhändler und Pädophile. Über ein Waisenheim, welches eher an eine Zuchtanstalt erinnert, gelangt Saroo schliesslich zu seinen australischen Adoptiveltern, welche sich von nun an herzlich um ihn kümmern und ihm die Chance auf ein erfülltes Leben bieten. Doch zwanzig Jahre später wird der nun fast gänzlich assimilierte Adoptivsohn durch seine traumatische Vergangenheit eingeholt – die Sehnsucht nach seiner echten Familie treibt ihn nahe an den Wahnsinn und droht sein privilegiertes Leben zu zerstören.

„Lion“ ist ab dem 16. Februar 2017 im Kino zu sehen.
Spannender Einblick in die Adoptionspraxis der 1980er Jahre
Über die Vergangenheit von Adoptivkindern erfährt man meist spärlich wenig – zu lange ist es her, zu tief liegt der Schmerz. Das Erstlingswerk «Lion» von Garth Davis, welches auf dem autobiografischen Roman «A Long Way Home» von Saroo Brierley basiert, bietet als Extrembeispiel einen spannenden Einblick in die umstrittene Praxis der transkontinentalen Adoption der 1980er Jahre.
Authentische Schauspieler und raffiniertes Bildkonzept
Die äusserst authentischen Hauptdarsteller Sunny Pawar und Dev Patel (Slumdog Millionaire) schaffen es durch ihr gefühlvolles Schauspiel, uns an der turbulenten Innenwelt der Figuren teilzuhaben. Doch auch das Bildkonzept überzeugt, indem es die Charakteren unterstützt: Selbst die anfänglichen Aufnahmen aus der Vogelperspektive werden im Verlaufe des Filmes raffiniert in statisch-verpixelte Google-Earth Aufnahmen übersetzt und bringen so Saroos verbleichte Erinnerungen optisch zum Ausdruck.
Anspielungen auf das stilisierte Bollywoodkino
«Lion» bietet zudem eine spannenden Mischung aus authentischem Realismus – besonders in der Darstellung der rauen bengalischen Stadt Kalkutta, in welcher nichts beschönigt wird – und dramaturgisch ausgeklügelter Fiktion. Bemerkenswert ist zudem der dezente Einsatz von Anspielungen auf das stilisierte Bollywoodkino: beispielsweise als es zu einem kurzen Intermezzo, einer Art Balztanz, zwischen dem erwachsenen Saroo und seiner Kommilitonin Lucy (Rooney Mara) kommt – die vom Himmel fallenden Rosenblätter und die aus den Büschen springenden Tänzer bleiben uns dabei erspart.
Die bewegende Geschichte in Kombination mit den epischen Klängen und den eindrucksvollen Bildern bietet bewegendes Gefühlskino der Extraklasse. «Lion» ist ab dem 16. Februar 2017 im Kino zu sehen.
Lion / Drama / Regie: Garth Davis / Casting: Dev Patel, Sunny Pawar, Rooney Mara, Nicole Kidman, David Wenham
Die bewegende Geschichte in Kombination mit den epischen Klängen und den eindrucksvollen Bildern bietet ein rührseliges Kinoerlebnis, welches auch nach dem Film noch mitschwingt.
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