Zum 70. Mal verwandelt sich die Tessiner Filmstadt einmal mehr in ein Mosaik aus Leopardenmuster und Filmplakaten. Highlights des ersten Wochenende auf der Piazza Grande waren bestimmt am Freitag ein zu tränengerührter Adrien Brody bei seiner Ehrung mit dem «Leopard Club» und die Weltpremiere von «Sparring» mit einem hervorragenden Mathieu Kassovitz am Samstag. Das französische Boxing-Drama von Samuel Jouy ist ein solider Erstling, der unterhält und berührt. Für Hartgesottene folgte der Thriller «Good Time» von Josh und Benny Safdie mit einem Robert Pattinson, der wieder einmal beweist, dass er mehr als nur Vampir kann. Wegpennen unmöglich, auch um 1 Uhr morgens, mit sechs Stunden Film in den Augen.
Auch tagsüber bot das Festival nicht nur kühle Säle zur Flucht vor der Sommerhitze, sondern ein facettenreiches Angebot an einzigartigen Filmen aus aller Welt. In «Verão Danado» («Damned Summer») des Portugiesen Pedro Cabeleira, irrt Protagonist Chico durch das heruntergekommene Nachtleben Lissabons und zeichnet ein schwammiges Porträt, einer verlorenen Jugend, die ihre Sorgen in Drogenparties erstickt. Ein visuell intensiver – vielleicht etwas zu langer Film – der die Zuschauer auf einen nachwirkenden Trip mitreisst.
Genau so intensiv, obwohl thematisch völlig anders, ist «Cocote» von Nelson Carlos de Los Santos Arias. Ein evangelischer Gärtner kehrt für das Begräbnis seines Vaters zu seiner Familie zurück, nur um festzustellen, dass er sich mit ihren religiös-spirituellen Ritualen nicht mehr identifizieren kann. Ein Wechselbad zwischen schwarz-weiss und Farbaufnahmen, verschiedenen Einstellungsgrössen und lauten Menschen.
Ruhig daher kommt im Gegenteil der Dokumentarfilm «La Fureur de Voir» von Manuel von Stürler. Der sehbehinderte Filmemacher untersucht in seinem Film, die eigene Behinderung und den Umgang damit. Was vorerst paradox erscheint, entfaltet sich zu einem sinnlichen und berührenden Dok, gespickt mit der perfekten Menge an Humor.
Weitere Eindrücke folgen… Stay tuned! #Locarno70
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