Nach einer fantastischen ersten Staffel setzt Marvel «Loki» nahezu gänzlich in den Sand. Obwohl die Topbesetzung bleibt, können die Stars der Serie in der unebenen Umsetzung kaum glänzen. Einzig das Ende kann etwas an den Erfolg des ersten Teils anknüpfen, doch das macht die zweite Staffel nur marginal sehenswerter.
Schon nach der ersten Episode der ersten Staffel war die (Vor-)Freude über die Fernsehserie mit Marvel-Fanliebling Loki (Tom Hiddleston) gross – auch weil die Voraussetzungen vor und hinter der Kamera vielversprechend waren. Am Ende der ersten Staffel hatten Creator Michael Waldron und Regisseurin Kate Herron dann endgültig bewiesen, dass es im Marvel Cinematic Universe (MCU) auch Platz für figurenorientierte Geschichten gibt, die den Superheldinnen und Göttern Tiefe und Details verleihen und nicht nur ihre Schlagfertigkeit abfeiern. (Dass sie dabei mit der Time Variance Authority TVA eine Instanz schufen, die sämtliche vorangegangenen Blockbuster zu Kindergartengeplänkel macht und die MCU-interne Logik arg strapaziert, sei für den Moment aussen vor gelassen.)
«Anstatt weiterhin auf Figuren und Tiefgang zu setzen, ist die zweite Staffel von ‹Loki› eher dem inzwischen allzu altbekannten MCU-Fast-Food von ‹schlauen› Sprüchen und überhöhten Szenarien zugeneigt.»
Entsprechend hoch waren die Erwartungen für die zweite Staffel – und entsprechend gross ist die Enttäuschung nach dem Release der ersten Episoden. Waldron und Herron wurden von Justin Benson und Aaron Moorhead (Regie) sowie Eric Martin (Skript) ersetzt, die, anstatt weiterhin auf Figuren und Tiefgang zu setzen, eher dem inzwischen allzu altbekannten MCU-Fast-Food von «schlauen» Sprüchen und überhöhten Szenarien zugeneigt sind. Prompt geht es denn auch schon in der ersten Episode vom einen Moment auf den anderen um Leben und Tod der Protagonist*innen. Und die Beziehung zwischen Loki und Mobius (Owen Wilson) wird ebenfalls nicht weiter vertieft, sodass die beiden nicht wie zuvor ihre Stärken ausspielen und einander auf den Zahn fühlen können, sondern zwischen Spezialeffekten und billigen Adrenalinjagden einfach nur blass aussehen.
Überhaupt scheinen Benson, Moorhead und Martin Loki als Figur nur mässig zu verstehen. Seine Motivation für einen Grossteil der Handlungen in der zweiten Staffel bleibt unklar. Einzig Hiddlestons Charisma lässt einen ein halbes Auge zudrücken. Befremdlich bleibt das Ganze aber trotzdem, auch weil die Serie immer wieder auf Handlungsstränge der Filme Bezug nimmt, die aber eigentlich einen ganz anderen Loki zeigen.
«Befremdlich bleibt das Ganze aber trotzdem, auch weil die Serie immer wieder auf Handlungsstränge der Filme Bezug nimmt, die aber eigentlich einen ganz anderen Loki zeigen.»
Erzählrhythmus und -fokus bleiben bis zur Mitte der neuen Staffel ein Problem. Mit der vierten Episode ändert sich der Ton ziemlich abrupt; die Protagonist*innen stehen wieder im Zentrum; und Hiddleston, Wilson und Co. können endlich wieder mehr glänzen. Ganz gerettet wird die zweite Staffel dadurch nicht, aber es ebnet den Weg für ein wenigstens teilweise zufriedenstellendes, emotionales und angemessenes Ende für den Fernsehantihelden, zu dem wir wohl nicht so bald zurückkehren werden. Loki wäre es zumindest zu gönnen.
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Serienfakten: «Loki» / Creator: Michael Waldron / Mit: Tom Hiddleston, Owen Wilson, Gugu Mbatha-Raw, Wunmi Mosaku, Ke Huy Quan, Sophia Di Martino, Tara Strong, Jonathan Majors / USA / 6 Episoden à 45–56 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Disney+ / © Marvel Studios 2023
Auch wenn die zweite Staffel von «Loki» gegen Ende etwas besser wird, lohnt es sich mehr, stattdessen nochmal die erste zu schauen. Figuren und Schauspieler*innen haben Besseres verdient.
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