Schwarz-weiss und im Stile der Französischen Nouvelle Vague behandelt „L’ombre des Femmes“ die Herausforderungen einer Liebe, die sich der Gesellschaft stellen muss und lässt die psychologischen Spannungen mit wenig Dialog ihre Wirkung entfalten.
Die ungewohnte Abwesenheit von Farbe, die intensiven Klänge von Hausklingel, Föhn und Strassenlärm und lange Einstellungen ziehen den Zuschauer in der ersten Minute unmittelbar in die emotionale Welt von Pierre und Manon hinein.
Erst einige Einstellungen später hört man das erste gesprochene Wort, das uns in den Alltag des Zweiergespanns Pierre und Manon einführt. Sie sind ein Paar, das alles zusammen macht. Bis Pierre anfängt, mit Elisabeth zu schlafen. Aber er darf eine Affäre haben, denn er ist nun mal ein Mann und kann sich nicht helfen. So sieht er das zumindest. Trotz der glücklichen Beziehung mit Manon zieht es ihn immer wieder zu Elisabeth ins Bett, mit der er aber nur schläft. Denn mehr will er gar nicht. Das Klischee wird auf die Spitze getrieben als Pierre Manon mit Blumen beschenkt und diese ironischerweise anmerkt, dass das Männer nur machen, wenn die Frau betrogen wird. Das Ungleichgewicht zwischen Pierre und Manon kommt noch mehr ins Schwanken, als Pierre erfährt, dass auch Manon einen Geliebten hat.
Philippe Garrel tangiert mit seinem Film «L’ombre des femmes» Themen wie Liebe, Einsamkeit, Sehnsucht nach Aufmerksamkeit, Vertrauen und Gleichberechtigung ohne dabei zu bewerten. Viel Dialog ist nicht nötig. Den Figuren darf man zuschauen, wie sie innerlich zusammenbrechen. Die langen Einstellungen ermöglichen es, den kleinsten Veränderungen in der Mimik zu folgen. Die Voice-Over-Stimme des Erzählers erinnert stark an Godard und Truffaut und der Schwarz-Weiss-Look bekommt der Geschichte gut. Kein Wunder denkt man an Godard, denn Jean-Claude Carrière – mit dem Garrel hier arbeitete – drehte 1980 mit dem Meister selbst («Sauve Qui Peut (La Vie)»). Gefilmt wurde oft draussen bei natürlichem Licht, sodass man sich auch an den Italienischen Neorealismus erinnert fühlt. Selbst beim Filmmaterial erlaubt sich Garrel auf 35-mm zu drehen. Alles so wie früher also.
Mit «L’ombre des femmes» wartet eine überzeugende und realitätsnahe Geschichte auf den Zuschauer, die nicht nur berührt, sondern auch zum Denken anregt.
Kinostart: 04.08.2016 / Regie: Philippe Garrel / Mit: Clotilde Courau, Stanislas Merhar, Lena Paugam
Bildquelle: xenixfilm.ch
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