Sie sitzt normal bekleidet aber pitschnass zwischen zwei Männern am Seeufer und lacht aus ganzem Herzen. Ihr eigenes Herz scheint befreit, jene um sie herum jedoch brechen reihenweise. Die Dame heisst Lou Andreas-Salome (Katharina Lorenz) und die beiden Herren Friedrich Nietzsche und Paul Rée. In diesem Moment scheint alles perfekt. Ein Moment der Freiheit, der kindlichen Naivität, der aber nicht lange andauert.
Von Kind an wird ihr eingeprägt, welche Rolle sie als Frau in der Gesellschaft hat, was sie zu tun und vor allem zu lassen hat. Sich hübsch machen, schweigen und früh heiraten. So in etwa stellt sich Lous Mutter das vor. Lous Gerede über Unabhängigkeit, Poesie und Rationalität gefällt ihr überhaupt nicht. Doch Lou entscheidet sich trotz allem Widerstand für ein Studium, reist zwischen St. Petersburg, Zürich, Rom und Berlin umher, lehnt amouröse Abenteuer strikt ab und konzentriert sich voll und ganz auf ihre Studien und aufs Schreiben. Bis ihr ein hartnäckiger junger Bursche mit stechend blauen Augen und blumigen Worten begegnet.
Einer faszinierenden Protagonistin, über die man viel zu wenig weiss, wird in diesem Spielfilm die verdiente Aufmerksamkeit geschenkt. Sie war ein Bindeglied zwischen Poesie, Psychoanalyse und Philosophie. War mit Rilke, Nietzsche, Freud und Rée befreundet und lebte jenseits der gesellschaftlichen Moralvorstellungen. Zwar ist die Geschichte als Spielfilm realisiert, jedoch wird die Regisseurin Cordula Kablitz-Post mit sorgfältig recherchierten Details und einer modernen Kameraarbeit auch dem dokumentarischen Anspruch gerecht. Die verwendete Handkamera verleiht dem Film eine Frische, die man sich von historischen Filmen so gar nicht gewohnt ist. „Lou Andreas-Salomé“ ist ein äusserst gelungenes Werk; inhaltlich faszinierend und ästhetisch hochstehend.
Kinostart: 8.9. / Regie: Cordula Kablitz-Post / Mit Katharina Lorenz, Nicole Heesters, Alexander Scheer
No Comments