Für den dritten Durchgang seiner Fantasy-Kurzfilmanthologie versammelt Showrunner Tim Miller zahlreiche Hochkaräter. Leider hilft das «Love, Death & Robots» auch nicht, über die eigene Mittelmässigkeit und die fehlenden Ideen hinwegzutäuschen.
2019 rief «Deadpool»-Macher Tim Miller zusammen mit Kultregisseur David Fincher («Fight Club») für Netflix «Love, Death & Robots» ins Leben: eine Sammlung animierter Science-Fiction- und Horror-Kurzfilme für ein erwachsenes Publikum – die meisten davon adaptiert von Kurzgeschichten. Weil sich Effekte-Spezialist Miller dabei vor allem bei befreundeten Hollywood-Studios Unterstützung holte, war das Ergebnis erwartungsgemäss generisch, repetitiv und leider auch sexistisch.
Die Fans schien das nicht zu stören: Die erste Staffel war ein voller Erfolg, weshalb Netflix unverzüglich eine zweite in Produktion gab. Doch dann kam Corona und stürzte die internationale Produktion mit ihrem fragilen Zeitplan und den zahlreichen beteiligten Studios ins Chaos. Aus diesem Grund entschied man sich bei Netflix, die zweite Staffel zweizuteilen – die Filme, die ihren Zeitplan einhalten konnten, erschienen planmässig im Sommer 2021, alle anderen folgen nun als dritte Staffel. Das schlägt sich auch auf die Episodenzahl nieder: Während die erste Staffel noch über 18 Beiträge verfügte, sind es bei den Nachfolgern acht respektive neun Kurzfilme.
«Was soll bei so viel kreativem Talent denn noch schiefgehen? Nun, irgendwie alles.»
Und eigentlich klingt dieser dritte Durchgang auch ganz vielversprechend: Tim Miller und David Fincher (in seinem Animations-Debüt) steuern beide je einen Kurzfilm bei, und auch Co-Showrunnerin Jennifer Yuh Nelson («Kung Fu Panda 2») ist wie schon in der letzten Staffel erneut mit einem Beitrag vertreten. Dazu kommen die beiden Oscar-Preisträger Patrick Osborne (Bester Animationskurzfilm 2015 für «Feast») und Alberto Mielgo (Bester Animationskurzfilm 2022 für «The Windshield Wiper»). Was soll bei so viel kreativem Talent denn noch schiefgehen? Nun, irgendwie alles.
Zum einen kann diese dritte Staffel kaum Neues erzählen. Die Konzepte sind selbst im Kontext der Reihe selber abgelutscht: Hier der x-te schrullige Bauer, der eine übernatürliche Plage in Schach halten muss, dort die immergleichen Afghanistan-G.I.s, die sich statt wie erwartet mit Dschihadisten mit furchteinflössenden Monstern herumschlagen müssen. Ja, selbst eine auf einem fernen Trabanten gestrandete Weltraumforscherin, die um ihr Überleben kämpft, gibt es – Alex Beatys «Life Hutch» aus Staffel zwei lässt grüssen.

Love, Death & Robots: Volume 3. Cr. COURTESY OF NETFLIX © 2022
Letztgenanntes Beispiel, «The Very Pulse of the Machine» von Emily Dean (eine von gerade einmal zwei Frauen, die bei den mittlerweile 35 Folgen Regie führen durften), mag visuell und erzählerisch unglaublich generisch und fad sein, aber immerhin rückt Dean in ihrem Film eine weibliche Protagonistin in den Fokus. Und das ist eine Ausnahme. Denn auch im dritten Durchgang geht es bei «Love, Death & Robots» in erster Linie um Männer. Männer, die verführt werden, Männer, die kämpfen, und vor allem: Männer, welche die Welt retten. Aber was soll man auch von einer Anthologie erwarten, bei der vorwiegend Männer Kurzgeschichten von Männern über Männer inszenieren?
Leider hat die dritte Staffel von «Love, Death & Robots» auch visuell nicht mehr viel Interessantes zu bieten – es sei denn, man kann sich für den immergleichen Videospiel-Look mit seinen hochpolierten Bildschirmschoner-Welten begeistern. Stilistisch ist das über weite Strecken unfassbar langweilig und frei von der Neugier und Spielfreude, die man von Filmschaffenden erwarten könnte, welche die Möglichkeit – und das Budget – erhalten, um sich kreativ auszutoben. Wenn David Fincher in «Bad Travelling» Seeleute gegen ein Monster kämpfen lässt oder Tim Miller die Menschheit in «Swarm» mit einem durchorganisierten Alien-Schwarm konfrontiert, dann fühlt sich das an wie eine müde Auftragsarbeit.
Natürlich gibt es in dieser Staffel auch Filme, die diesem optischen Korsett entfliehen wollen: «Kill Team Kill» zum Beispiel, der Kurzfilm von Jennifer Yuh Nelson, mag als Versuch, mit Macho-Rollenbildern zu brechen, zwar scheitern, doch mit seinem übersteuerten Samstag-Morgen-Cartoon-Look kann der Film zumindest in optischer Hinsicht überzeugen.
Robert Bisi und Andy Lyon setzen für «Night of the Mini Dead» und ihre durch Friedhofsex ausgelöste Zombie-Apokalypse auf computergenerierte Stop-Motion-Optik in bester «Panique au village»-Manier. Das ist charmant und unerwartet, bleibt erzählerisch aber sehr flach und erschreckend unwitzig.
Auch Alberto Mielgo gibt sich ein zweites Mal die Ehre. In der ersten Staffel machte sich der Regisseur mit dem zumindest optisch beeindruckenden «The Witness» einen Namen und steht inzwischen, nach einem Oscar und mit einem Langfilm in der Pipeline, vor dem grossen Durchbruch. Sein neuer Beitrag, «Jibaro», erzählt vom Aufeinandertreffen eines tauben Konquistadors und einer Sirene in einem Dschungel. Dies inszeniert Mielgo als grosses Ballettstück, mit flüssigen Bewegungen und äusserst dynamischer Animation. «Jibaro» bleibt visuell aber hinter «The Witness» zurück und ist erzählerisch dann doch zu ungelenk, als dass er in Erinnerung bleiben könnte.

Love, Death & Robots: Volume 3. Cr. COURTESY OF NETFLIX © 2022
«Ein Film, der hingegen wirklich heraussticht, ist ‹Three Robots: Exit Strategies› von Patrick Osborne, der die drei zynischen Roboter zurückbringt, die schon in der ersten Staffel allen die Schau stahlen.»
Ein Film, der hingegen wirklich heraussticht, ist «Three Robots: Exit Strategies» von Patrick Osborne, der die drei zynischen Roboter zurückbringt, die schon in der ersten Staffel allen die Schau stahlen. Diesmal versucht das Trio, herauszufinden, warum die Menschheit ausgestorben ist. Das Ergebnis ist eine bissige, satirische Abrechnung mit Tech-Milliardären und anderen Bonzen, Survivalist*innen, und der Gesellschaft im Allgemeinen.
Leider ist Osbornes Beitrag der einzige der neuen Kurzfilme, der irgendwie positiv in Erinnerung bleiben kann. «Love, Death & Robots» ist zu verkrampft und verbissen und erzählt auch im dritten Durchgang die immergleichen Geschichten mit den immergleichen Bildern. Dass bei so viel Potenzial und dieser einzigartigen Plattform, die Netflix bietet, nicht mehr als generischer Hollywood-Kram in Cut-Scene-Optik herausschaut, ist nicht nur enttäuschend, sondern regelrecht skandalös.
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Jetzt auf Netflix Schweiz
Serienfakten: «Love, Death & Robots» (3. Staffel) / Creator: Tim Miller / USA / 9 Episoden à 7–21 Minuten
Bild- und Trailerquelle: COURTESY OF NETFLIX © 2022
«Love, Death & Robots» ist auch im dritten Durchgang eine erschreckend fade Angelegenheit, die mit den immergleichen Geschichten und Bildideen aufwartet.
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