Er brachte Jesus ans Kreuz und Leonardo di Caprio in die Luft – zumindest auf der Leinwand. Seit vielen Jahren dreht Martin Scorsese Kassenschlager wie «Aviator» oder «The Wolf of Wall Street». Zuletzt erschien der etwas pathetische «Silence», während zurzeit gemunkelt wird, dass sein mit grosser Spannung erwarteter nächster Film, «The Irishman», vielleicht nur auf Netflix zu sehen ist. Am 17. November wird Martin 75 Jahre alt. Grund genug, um auf Scorseses interessanteste Phase zu blicken: In den 70ern und frühen 80ern schuf er ganz grosse Meisterwerke. Hier unsere fünf Favoriten:
1. Taxi Driver
Das gelbe Taxi, das im einsamen New Yorker Nachthimmel entschwindet: ein Präsidentschaftskandidat besteigt es genau so wie eine minderjährige Prostituierte und ein eifersüchtiger Mann, der seine Frau umbringen will.
Am Steuer sitzt der an Schlaflosigkeit und einem Kriegstrauma leidende Travis Bickle. Unfähig, zwischenmenschliche Kontakte aufzubauen, zieht er sich immer stärker in seine eigene Welt voller Wahnvorstellungen zurück.
Das alptraumartige Grossstadtdrama ist längst zu einem Leinwandklassiker geworden. Hervorragend sind sowohl Robert De Niro in der Hauptrolle wie auch die damals erst 13-jährige Jodie Foster.
2. Raging Bull
Robert De Niros Paraderolle und der Film, mit dem Scorsese seine Kokainsucht überwand.
Der Boxer Jake La Motta kämpft mit seinen Gegnern im Ring, der lokalen Mafia, seinem Bruder und seiner Frau – vor allem aber mit sich selbst. So zäh er im Ring alle Schläge einsteckt, vermasselt er sich sein Leben mit seinem zerstörerischen Temperament.
«Raging Bull» kombiniert neorealistische Elemente mit stilisierten Boxszenen. Wunderschön, brutal und brutal gut.
3. Mean Streets
Mit der Mafia beschäftigte sich Scorsese schon früh und lange vor «Goodfellas», «Casino» oder «The Departed». «Mean Streets» zeigt Episoden aus dem Leben von Kleinkriminellen, etwas lose aneinandergereiht, dafür mit viel roher Energie.
Charlie (Harvey Keitel) kann als Mafioso aufsteigen, doch seinem Onkel missfällt die Beziehung zur an Epilepsie leidenden Teresa und vor allem die Freundschaft zu Tunichtgut Johnny Boy (einmal mehr hervorragend: Robert De Niro). Der Konflikt spitzt sich unweigerlich zu und endet eindrücklich.
Eine faszinierende Abhandlung über Katholizismus, die Cosa Nostra, Gewalt, Billard, Sex und Drogen – lauter Themen, die bei späteren Filmen Scorseses wiederkehren.
4. The King of Comedy
Scorseses wohl unterschätztester Film. Robert de Niro brilliert in einer für seine frühen Jahre auf den ersten Blick ungewöhnlichen Rolle eines miserablen Comedians. Doch dieser Rupert Pupkin ist vielleicht dümmlich, jedoch keinesfalls harmlos.
Was als Komödie mit seichtem Humor anfängt, entwickelt sich temporeich zu einer rabenschwarzen Satire auf Showbiz, Ruhm und Erfolg.
5. Alice Doesn’t Live Here Anymore
Weibliche Hauptfiguren kommen bei Scorsese selten vor. Die grosse Ausnahme ist Alice, gespielt von Ellen Burstyn.
Vom ehelichen Unglück wird sie durch den jähen Todesfall ihres Mannes zwar erlöst, doch alsbald tauchen neue Probleme auf. Mit ihrem Sohn Tommy macht sie sich auf in Richtung Kalifornien, um sich als Sängerin eine neue Existenz aufzubauen.
Die Welt hat nicht auf sie gewartet, höchstens ein paar Männer, die es nicht alle gut mit ihr meinen. Ein melancholisches Roadmovie, das den American Dream einfühlsam persifliert.
Bildquelle: Flickr
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