„You know how many people end up missing the one – because they are texting?“
Netflix’ «Easy» nimmt sich bedeutsamen Themen wie Liebe, Sex und Freiheit an, macht dies aber mit einer Gelassenheit, die auf den Zuschauer abfärbt. Filmemacher Joe Swanberg, einer der Urväter des «Mumblecore»-Genres wird seinem Namen gerecht: Dialoge und Schauspiel sind gleichermassen naturalistisch wie unprätentiös, mit einem Fokus auf die Beziehungen der unterschiedlichen Protagonisten.
Einer der Gründe für die erfolgreiche Renaissance von TV-Serien ist der zunehmend cineastische Anstrich, der ihnen verpasst wurde. Serien sind umfassendere Filme, die sich über 8-10 Stunden erstrecken. Das Ganze narrativ detailliert und unentwegt zugespitzt, seinem Publikum so immer wieder den Köder hinwerfend, damit man ja dranbleibt. Konträr dazu stellt sich Netflix’ Serie «Easy» entgegen, deren zweite Staffel seit Dezember 2017 angelaufen ist. Die Serie ist anthologisch aufgebaut und besteht aus insgesamt 16 Episoden, die unabhängig voneinander funktionieren und nur zum Teil lose miteinander verbunden sind. Die Folgen verhandeln Liebe, Sex und Freiheit der heutigen Zeit in einem urbanen Umfeld (Chicago).
Wie liebt man im 21. Jahrhundert?
Obwohl diese Themen wie Damoklesschwerter beharrlich über uns schweben und eigentlich doch schon genügend dazu gesagt wurde (z.B. «Master of None» oder «Love», ebenfalls auf Netflix), verfolgt «Easy» einen anderen Ansatz: Statt sich der unlösbaren Aufgabe anzunehmen, diesen aufgeladenen Themen durch Drama und Tragik gerecht zu werden, sucht «Easy» die Kraft der Ruhe – und findet sie. Hat man sich als Zuschauer erst einmal an das unüblich gemächliche Tempo gewöhnt, bleibt auch Zeit, sich über Gesehenes Gedanken zu machen.
«Easy» läge es fern, zu überdramatisieren. Vielmehr offenbart es Ängste und Hoffnungen des Alltags, dies aber mit einer milden Dringlichkeit. Filmemacher Joe Swanberg hat sich dazu den passenden Cast ins Boot geholt: Aubrey Plaza überzeugt in der ersten Folge der zweiten Staffel als besonnene Stimme inmitten einer Chicagoer Mittelschicht-Quartiers, das aufgrund eines Paketdiebs in Aufruhr ist und Dave Franco überzeugt als sorgloser kleiner Bruder eines Vaters in Spe so sehr, dass ihm sein bisweilen inhärent selbstgefälliger Gestus nachgesehen wird. Dies sind wohl die beiden grössten Namen. Der serienerfahrene Zuschauer wird aber wohl noch das eine oder andere bekannte Gesicht wieder erkennen, wie zum Beispiel Orlando Bloom als Tom in der ersten Staffel.
Sicher ist aber, dass «Easy» ein wachsames Auge für Subkulturen und zwischenmenschliche Reibungen beweist. Die Episoden bieten nicht immer ein zufriedenstellendes Ende – aber wann ist das in Wahrheit schon der Fall?
Auf Netflix Schweiz.
Regie: Joe Swanberg. / Mit: Malin Åkerman, Jane Adams, Andrew Bachelor, Orlando Bloom, Hannibal Buress, Aya Cash, Michael Chernus, Kiersey Clemons, Dave Franco, Jake Johnson, Marc Maron, Gugu Mbatha-Raw, Kate Micucci, Emily Ratajkowski, Elizabeth Reaser
Bild- und Trailerquelle: Netflix.
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