Wer eine süsse Superheldengeschichte erwartet, muss sich warm anziehen. Die farbenfrohe, hart erkämpfte Inszenierung von «Nimona» ist fantastisch animiert und humorvoll, aber weiss gleichzeitig mit Ernsthaftigkeit zu glänzen.
Ballister Boldheart (gesprochen von Riz Ahmed) wurde zusammen mit seinen Mitschüler*innen ausgebildet, um das mittelalterlich-futuristische Königreich vor Monstern zu beschützen. Doch als erster Nichtadliger am Institut kämpft er mit viel Missgunst und Zweifel an seiner Eignung. Als die Königin (Lorraine Toussaint) während seiner Ritterschlagszeremonie stirbt, wird er natürlich sofort zum Hauptverdächtigen. Auf seiner Flucht wird er von Nimona (Chloë Grace Moretz) aufgespürt, einem unkonventionellen Teenager, dem die mitteralterlichen Strukturen des Königreichs schon lange ein Dorn im Auge sind und der Ballister helfen kann, seinen Namen reinzuwaschen.
«Nimona» hätte es fast nicht vor Publikum geschafft. Ursprünglich wurde der Film von den zu 20th Century Fox gehörenden «Ice Age»-Schmiede Blue Sky Studios produziert. Doch nach dem Aufkauf von Fox durch Disney geriet die Produktion ins Stocken und der Film wurde schliesslich sogar gestoppt. Letztes Jahr aber erhielt «Nimona» dank Netflix eine zweite Chance.
«‹Nimona› zeigt auf, dass (Super-)Heldenfilme, gerade animierte, noch viel mehr können, als man ihnen bis jetzt vielleicht zugetraut hat.»
Dem Endresultat merkt man diese komplizierte Vorgeschichte jedoch nicht an. Animation, Musik und Geschichte sind erstklassig und stehen den grossen Studios in nichts nach. Vielmehr zeigt «Nimona» auf, dass (Super-)Heldenfilme, gerade animierte, noch viel mehr können, als man ihnen bis jetzt vielleicht zugetraut hat.
So schwarzweiss wie die Rüstungen der tapferen Ritter*innen ist die Welt von «Nimona» nämlich nicht. Und Nimona selber noch viel weniger: Obwohl sie sich gerne als freches, punkiges Mädchen präsentiert, sieht sie sich selber als eine Vielzahl von Dingen. Ob Wal, Nashorn oder Otter, Nimona ist immer sich selber. Von aussen betrachtet, liest sich das wie eine Allegorie auf Trans- und non-binäre Personen, deren Identität immer wieder – auch von wohlmeinenden Mitmenschen – infrage gestellt wird. Im Film wird dann auch diese Ungläubigkeit konkret thematisiert und Nimonas «Ursprung» ganz bewusst nicht ergründet. Sie ist einfach so, wie sie ist, und wer nicht damit klarkommt, ist selber schuld.
«Die Inspiration für ‹Nimona› kommt aus dem Leben von ND Stevenson. Er schrieb den mit dem Eisner Award ausgezeichnete Graphic Novel, auf dem der Film basiert, aufgrund eigener Erfahrungen als transmaskuline non-binäre Person.
Ganz so unbeschwert ist «Nimona» aber nicht. Trotz ganz viel Punk und Humor weiss der Film auch seine Schattenseiten ehrlich zu inszenieren. Die Inspiration dafür kommt aus dem Leben von ND Stevenson. Er schrieb den mit dem Eisner Award ausgezeichnete Graphic Novel, auf dem der Film basiert, aufgrund eigener Erfahrungen als transmaskuline non-binäre Person. In den Händen von Nick Bruno und Troy Quane, den Regisseuren hinter der endgültigen Filmversion von «Nimona», wurde daraus eine würdige Umsetzung, die sowohl Direktbetroffene als auch ein breites Publikum begeistern dürfte.
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Jetzt auf Netflix Schweiz
Filmfakten: «Nimona» / Regie: Nick Bruno, Troy Quane / Mit: Chloë Grace Moretz, Riz Ahmed, Eugene Lee Yang, Frances Conroy, Lorraine Toussaint, RuPaul Charles / USA / 114 Minuten
Bild- und Trailerquelle: © 2023 Netflix, Inc. / NETFLIX
DC und Marvel können einpacken. «Nimona» erzählt die unkonventionelle Geschichte einer Gestaltenwandlerin, die jeden Superhelden in den Schatten stellt. Und das mit Herz und Horn.
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