Dass mittlerweile nicht jede Person einen Kinderwunsch hegt, ist bekannt und mag gesellschaftlich auch einigermassen akzeptiert sein. In «Ninjababy» zeigt die Norwegerin Yngvild Sve Flikke mithilfe eines animierten Babys auf, wie schwer es trotzdem sein kann, mit sich selbst ins Reine zu kommen, wenn dieser Wunsch fehlt.
Die 23-jährige Rakel (Kristine Kujath Thorp) findet heraus, dass sie nach einem One-Night-Stand schwanger ist – und zwar schon im sechsten Monat. Sie fühlt sich alles andere als bereit, Mutter zu sein, doch da eine Abtreibung aufgrund der fortgeschrittenen Schwangerschaft keine Option mehr ist, kommt für sie einzig eine Adoptionsfreigabe infrage. Nachdem sie diese Entscheidung getroffen hat, taucht ihr ungeborenes Kind als animiertes «Ninjababy» (gesprochen von Herman Tømmeraas) auf. Dieses, so scheint es, nimmt es sich zur Aufgabe, Rakel zur Weissglut zu treiben und ihr vorzuschreiben, von wem es adoptiert werden soll und von wem nicht.
Unterstützung erhält sie von ihrer besten Freundin Ingrid (Tora Christine Dietrichson) und ihrem Aikido-Lehrer Mos (Nader Khademi), mit dem sie auch romantisch involviert ist. Vom Vater des Kindes (Arthur Berning), von ihr «Pimmeljesus» genannt, erwartet sie, dass er ihr hilft, hat er sie doch in diese missliche Lage gebracht. Doch dieser ist wie sie hauptsächlich an Partys und Sex interessiert.
Der innere Konflikt zwischen dem, was ihrer Meinung nach richtig ist – das Kind behalten und eine gute Mutter sein –, und dem, was sie möchte – keine Mutter sein –, wird mit dem Ninjababy gut dargestellt. Monologe, die sich sonst nur in den Gedanken von ihr abspielen würden, werden den Zuschauer*innen so als unterhaltsame Dialoge mit dem Baby präsentiert. Auch wird ihre Distanz zum Mutterwerden ersichtlich, denn es ist ein Ninjababy, das ihr ein schlechtes Gewissen einredet, und nicht etwa sie selbst.
«Der Film bewegt sich in einem anregenden Tempo; der Wechsel von humorvollen Szenen, in welchen Rakel ihrem Schwarm von Verstopfungsproblemen erzählt, zu ernsteren Momenten, wo sie allein ist und ihr die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben steht, wirkt niemals erzwungen.»
Der Film bewegt sich in einem anregenden Tempo; der Wechsel von humorvollen Szenen, in welchen Rakel ihrem Schwarm von Verstopfungsproblemen erzählt, zu ernsteren Momenten, wo sie allein ist und ihr die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben steht, wirkt niemals erzwungen. Verantwortlich hierfür sind unter anderem die Drehbuchautor*innen Inga Sætre, Johan Fasting und die Regisseurin und Co-Autorin Yngvild Sve Flikke, die für unterhaltsame Dialoge und gute Szenenabfolgen sorgen. Sætre ist zudem die Autorin des Comics «Fallteknikk» auf welchem das Ganze lose basiert. Mit dem animierten Ninjababy gelingt es dem Film auch, auf eine charmante und unaufdringliche Art dieses Comic-Gefühl zu vermitteln.
Die Tatsache, dass das Ninjababy nackt ist, über einen derben Humor verfügt und bei weitem nicht als hübsch bezeichnet werden kann, kann am Anfang befremdlich wirken. Mit der natürlichen Art, in der Thorp mit dem Baby umgeht und redet, erstickt sie dieses Gefühl jedoch im Keim. Thorp schafft es, eine zu Beginn naive und egoistisch wirkende Protagonistin so zu verkörpern, dass man am Schluss fast nicht anders kann, als sie zu mögen und ihre Beweggründe für gewisse Handlungen nachvollziehen zu können.
«Zuschauer*innen können sich auf einen Film gefasst machen, der zum Nachdenken anregt, sie zum Lachen bringt und vielleicht sogar zu Tränen rührt.»
Mit «Ninjababy» ist ein Coming-of-Age-Film in unseren Kinos zu sehen, der auf den ersten Blick nicht durch seine originelle Story – Frau ist schwanger, merkt es zu spät und will Kind nicht – besticht. Was den Film ausmacht, ist, wie die Story umgesetzt wird und wie die Protagonistin verkörpert wird. Zuschauer*innen können sich auf einen Film gefasst machen, der zum Nachdenken anregt, sie zum Lachen bringt und vielleicht sogar zu Tränen rührt.
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Kinostart Deutschschweiz: 3.2.2022
Filmfakten: «Ninjababy» / Regie: Yngvild Sve Flikke / Mit: Kristine Kujath Thorp, Nader Khademi, Arthur Berning, Tora Christine Dietrichson, Silya Nymoen, Herman Tømmeraas / Norwegen / 103 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Xenix Filmdistribution GmbH
Naivität und Mutterwerden passt nicht unbedingt zusammen. Das zeigt Yngvild Sve Flikke in «Ninjababy» auf humorvolle und feinfühlige Art und Weise.
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