Zwei Elfenbrüder und ein Minivan auf einer Mission. «Onward», der 22. Pixar-Film, erzählt eine neue Geschichte voller Magie und Brüderlichkeit – und macht das überraschend gut.
Das Schaffen von Pixar wurde in den letzten Jahren von eher dürftigen Sequels geprägt – man denke da an «Cars 3» oder «Finding Dory». Tatsächlich ist «Onward» erst der fünfte originale Stoff, den Pixar in den letzten zehn Jahren in die Kinos brachte. Immerhin: Auch der nächste Film des Studios, das vielversprechende Musikabenteuer «Soul» von Pete Docter («Up») wird eine neue Geschichte erzählen. Eines steht jedoch fest: Pixar fährt mit originalen Geschichten noch immer am besten; Docters «Inside Out» (2015) und «Coco» (2017) machten dies in den vergangenen Jahren deutlich. Und so überrascht es wenig, dass auch «Onward» zu den besseren Werken des Studios in den letzten Jahren zählt.
Auf dem Regiestuhl sitzt Dan Scanlon, der schon mit «Monsters University» (2013) bewies, dass er aus kleinen, auf dem Papier eher unattraktiven Stoffen das Maximum herauszuholen weiss und berührende Geschichten erzählen kann. Das gelingt ihm auch hier, nur noch besser. Wie beim unterschätzten College-Abenteuer um Mike und Sully geht es auch in «Onward» um ein ungleiches Duo, das unverhofft zusammenspannen muss. Auch die Prämisse einer kunterbunten Welt, in der Fantasiekreaturen alltäglichen Tätigkeiten nachgehen, erinnert bisweilen an «Monsters, Inc.» (2001).
«‹Onward› ist alles andere als ein bemühter Neuaufguss. Im Gegenteil: Der Film überzeugt durch seine Lust, Neues zu wagen.»
Doch keine Angst: «Onward» ist alles andere als ein bemühter Neuaufguss. Im Gegenteil: Der Film überzeugt durch seine Lust, Neues zu wagen. Der 22. Pixar-Film erzählt von den beiden Elfenbrüdern Ian (Stimme: Tom Holland) und Barley (Stimme: Chris Pratt), die ihren verstorbenen Vater für einen Tag zurückholen wollen – doch der Zauber gelingt nur zur Hälfte und bringt lediglich dessen Beine zurück. Und so begeben sich Ian und Barley in ihrem Minivan auf eine abenteuerliche Reise, um den Zauber noch vor Ablauf der Zeit fertigzustellen und ihren Vater ein letztes Mal zu sehen.
Charismatische Figuren in einer faszinierenden Welt
«Onward» ist ein rasantes Roadmovie, das uns in eine ebenso faszinierende wie absurde Welt entführt: Hier gibt es Zentaurencops, Feen in Bikergangs und sogar einen verstörten Mantikor. Der Film schickt seine beiden Protagonisten auf eine «Quest» (eine sogenannte Heldenreise) und überträgt dabei die gängigen Herausforderungen und Klischees einer solchen Suchmission in die Gegenwart, was für den einen oder anderen herrlich witzigen Moment sorgt. Und wenn Barleys Minivan «Guinevere» zur galoppierenden Stute wird, ist das ebenso komisch wie berührend.
Vor allem lebt «Onward» aber vom Zusammenspiel seiner charismatischen Hauptfiguren Ian und Barley. Während die Rollen zunächst sehr stereotyp besetzt scheinen – hier der schüchterne und schmächtige Ian, dort der grossmäulige Tollpatsch Barley – gewinnen die Figuren mit zunehmender Laufzeit an Tiefe. Und schnell wird klar: Der Tod des Vaters hinterliess bei den beiden Brüdern Spuren. Wie Dan Scanlon diese Dynamik nutzt und schliesslich zum einzig logischen Schluss führt, überzeugt auf der ganzen Linie. Man merkt, dass Scanlon, der seinen Vater ebenfalls früh verlor, weiss, wovon er redet. Da verzeiht man dem Film auch gerne die vereinzelten erzählerischen Bequemlichkeiten – etwa, dass ausgerechnet Ian «der Auserwählte» ist, der Magie beherrscht, oder dass sich alle Cops in einer Grossstadt persönlich kennen.
«‹Onward› hat eine wohltuende Ehrlichkeit und spricht direkt aus dem Herzen. Das abenteuerliche Roadmovie verzaubert mit seiner fantasievollen Welt und einer berührenden Familiengeschichte.»
«Onward» hat eine wohltuende Ehrlichkeit und spricht direkt aus dem Herzen. Das abenteuerliche Roadmovie verzaubert mit seiner fantasievollen Welt und einer berührenden Familiengeschichte. Dan Scanlons zweite Regiearbeit ist ein weiterer Beweis dafür, dass Pixar auch im 34. Jahr seit seiner Gründung noch immer einer der wichtigsten Player im Trickfilmbusiness sein kann. Wenn man denn will.
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Kinostart Deutschschweiz: 5.3.2020 / Streambar auf Disney +
Filmfakten: «Onward» / Regie: Dan Scanlon / Mit den Stimmen von: Tom Holland, Chris Pratt, Julia Louis-Dreyfus, Octavia Spencer, Mel Rodriguez, Kyle Bornheimer, Lena Waithe, Ali Wong / USA / 103 Minuten
Bild- und Trailerquelle: The Walt Disney Company (Switzerland) GmbH, Pixar
Dan Scanlon erzählt im Elfenabenteuer «Onward» eine berührende Geschichte voller Magie und Liebe – nicht Pixars Bester, aber ein sehr aufrichtiges und ehrliches Werk.
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[…] «Onward» von Dan Scanlon (meine Filmkritik) […]