Das Spielfilmdebüt «Patti Cake$» von Regisseur Geremy Jasper ist ein HipHop-Märchen mit unwahrscheinlichen Helden. Dabei unterwandert der Film gängige Klischees, bedient sich aber auch so manchem.
Die 23-jährige Patricia „Killa P“ Dombrowski (Danielle MacDonald) hat einen grossen Traum: Als Rapperin ganz gross raus kommen und so der Perspektivlosigkeit entkommen. Dafür kritzelt sie tagein tagaus Rhymes in ihr Notizbuch, übt Posen vor dem Badezimmerspiegel und freestylt mit ihrem besten Kumpel Jheri (Siddharth Dhananjay). Doch der harte Alltag kommt den grossen Träumen immer wieder in die Quere: Patti lebt mit ihrer alkoholkranken alleinerziehenden Mutter Barb (die grossartige Bridget Everett) und ihrer schwerkranken Grossmutter Nana (Cathy Moriarty) in einer Bruchbude in einem farblosen Kaff in New Jersey. Um die kleine Familie über Wasser zu halten, jongliert Patti gleich zwei schlecht bezahlte Jobs, aber auch das reicht nicht aus, um den wachsenden Berg von Arztrechnungen von Nana zu bewältigen. Doch es kommt wies kommen muss und plötzlich ergibt sich für Killa P und ihre Crew die Chance an einem Talentwettbewerb für junge Nachwuchsrapper teilzunehmen.
Das alles tönt nach einer relativ herkömmlichen Geschichte von Aufstieg, dem amerikanischen Traum, nach Hollywoodschema. Ein märchenhaftes Drama bei dem eine unwahrscheinliche Liebesgeschichte auch nicht fehlen darf. Doch die Heldin hier ist kein typisches Hollywoodsternchen. Patti entspricht so gar nicht den Schönheitsidealen, die noch immer die allermeisten (vor allem weiblichen) Filmrollen prägen. Denn sie ist nicht nur ein bisschen mollig, sondern richtig übergewichtig. So ist der fiese Spitzname der Nachbarschaft für sie denn auch „Dumbo“. Und auch sonst folgt «Patti Cake$» nicht den klassischen Schemata: So ist das (Spoiler Alert) Happyend nicht der grosse Durchbruch im Musikbusiness, sondern lediglich dass Killa P’s Song auf einem angesagten Radiokanal gespielt wird. In der kleinen Welt ihrer heruntergekommenen Heimatstadt in New Jersey, am Rande der pulsierenden Metropole von New York ist das aber schon Erfolg genug. Und damit weitaus realistischer und ehrlicher als so manche Hollywoodschnulze.
Amerika jenseits der gängigen Klischees
Mit viel Liebe zum Detail und einem humorvollen Blick zeichnet Regisseur Geremy Jasper ein liebevolles Porträt eines Amerikas jenseits der gängigen Klischees. So finden sich surreale Traumsequenzen in denen sich Patti als erfolgreiche und begehrenswerte Rapperin sieht. Daneben bricht aber auch immer wieder die harte, graue Realität ein, so etwa als die Grossmutter im Spital landet und klar wird, dass sich Patti und ihre Mutter ohne Krankenversicherung die Behandlung nicht werden leisten können. Symbolisch für den Gegensatz zwischen Traum und Realität steht der Soundtrack, der Rapsongs von Killa P und Classic Rock à la Bruce Springsteen einander gegenüber stellt. «Patti Cake$» oszilliert zwischen neorealistischem Gesellschaftsporträt und surrealem HipHop-Märchen, und bricht mit Klischees – durchaus lohnenswert.
Kinostart Deutschweiz: 9. November 2017
Regie: Geremy Jasper / DarstellerInnen: Danielle McDonald, Bridget Everett, Cathy Moriarty, Siddarth Dhananjay, Mamoudou Athie, uvm.
Trailer- und Bildquelle: 20th Century Fox.
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