Die Maske ist in Zeiten von COVID-19 ein omnipräsentes und dank ÖV-Maskenpflicht unverzichtbares Accessoire. Doch auch die Filmgeschichte ist voll mit maskierten Menschen – wir zählen acht unvergessliche Masken-Performances chronologisch auf.
«The Phantom of the Opera» von Rupert Julian
Die meisten dürften beim «Phantom der Oper» an das Achtzigerjahre-Musical von Andrew Lloyd Webber und seine diversen Verfilmungen denken. Tatsächlich gibt es die Geschichte des maskierten Operngeists aber schon viel länger: Sie geht auf ein Buch von Gaston Leroux aus dem Jahr 1910 zurück. Deswegen soll die Stummfilmversion von 1925 hier eine besondere Erwähnung finden: Inszeniert wurde «The Phantom of the Opera» von Rupert Julian; die Hauptrolle spielte Lon Chaney – immer noch das unheimlichste Phantom. Wer lieber seltsam schrägen Oldschool-Humor möchte, dem sei die 1943er-Version von Arthur Lubin empfohlen. / Nicoletta Steiger
«Les yeux sans visage» von Georges Franju
Mit dem Bild von Édith Scob, deren ausdrucksstarke Augen durch einen plastikartigen Gesichtsersatz hindurchstarren, hat Georges Franjus Horrorklassiker «Les yeux sans visage» (1960) Filmgeschichte geschrieben. Scob, die hier die Tochter eines plastischen Chirurgen (Pierre Brasseur) spielt, der nach einem Autounfall das Gesicht einer Leiche aufgesetzt wird, stand mit ihrer unheimlichen Leinwandpräsenz Patin für zahlreiche Imitationen: John Carpenter nannte sie als Inspiration für das Design von Michael Myers in the «Halloween»-Filmen, John Woo erweist «Les yeux» in «Face/Off» (1997) seine Reverenz, Pedro Almodóvar drehte mit «La piel que habito» (2011) eine unverhohlene Hommage – und in «Holy Motors» (2012), Leos Carax‘ Maskenfilm schlechthin, setzte sich Scob die Maske sogar selbst noch einmal auf. Das Filmmotiv der Maske als faszinierendes Horrorelement wird für immer in der Schuld «Les yeux sans visage» stehen. / Alan Mattli
«Halloween» von John Carpenter
Keinerlei Schnickschnack, einfach nur das Abbild eines regungslosen menschlichen Gesichts, trägt der Killer Michael Myers als Maske in «Halloween» (1978). Es ist allerdings ein sehr eindrückliches, unheimliches Gesicht, entworfen von Tommy Lee Wallace (und basierend auf einer William–Shatner-Maske). Zusammen mit der fantastischen Inszenierung von John Carpenter und der bedrohlichen Statur und Bewegung von Darsteller Nick Castle hinter der Maske wurde «Halloween» zum Horror-Klassiker. Wallace schlüpfte in der berühmten Schrank-Szene sogar selbst in die Rolle des Killers. / Nicoletta Steiger
«Friday the 13th Part III» von Steve Miner
Selbst wer den Film nie gesehen hat, dürfte die ikonische weisse Eishockey-Maske mit den roten Markierungen des Killers Jason Voorhees kennen. Interessanterweise kommt die Maske im ersten «Friday the 13th» (1980) aber gar nicht vor: Jason hat im ersten Teil nur eine Hintergrundrolle und zieht sich erst im dritten Teil, Steve Miners «Friday the 13th Part III» (1982), die bekannte Hockey-Maske zum ersten Mal an. Seitdem ist sie fester Bestandteil seines Charakters und der (Horror-)Popkultur. / Nicoletta Steiger
«Scream» von Wes Craven
«Was ist dein Lieblings-Horrofilm?», fragt der Ghostface-Killer in «Scream» (1996) sein erstes Opfer und spielt damit bereits auf den Meta-Kommentar der insgesamt vier «Scream»-Filme an. Regisseur Wes Craven ist es mit der Franchise gelungen, bekannte Slasher-Filmmuster aufs Korn zu nehmen, während die Filme selbst gleichzeitig effektive Slasher-Schocker sind. Dazu passt die überzeichnete Maske des Mörders perfekt, deren einprägsames Design, angelehnt an das Gemälde «Der Schrei» von Edvard Munch, mittlerweile in jedem Halloween-Shop zu finden ist. / Nicoletta Steiger
«Eyes Wide Shut» von Stanley Kubrick
Im letzten Werk von Kult-Regisseur Stanley Kubrick spielen Masken eine essenzielle Rolle. In «Eyes Wide Shut» (1999) findet sich der frustrierte Bill (Tom Cruise) an einem geheimen Maskenball in einem abgelegenen Schloss wieder. Zwischen gruslig-verzerrten und venezianisch-eleganten Masken spielen sich unkonventionelle Szenen einer Zeremonie und einer Orgie ab. In diesem surrealistischen Setting irrt Bill durch die Gänge des Schlosses, unschlüssig, ob das, was er – durch seine Maske hindurch – erblickt, Realität oder Traum ist. Die Maske wird in «Eyes Wide Shut» daher vor allem als Stilmittel für eine metaphorische Reflexion über das eigentliche Sehen verwendet und sorgt so für ambivalente und spannende Momente, die dem Film zum Kultstatus verhalfen. / Aline Schlunegger
«Ich seh Ich seh» von Severin Fiala und Veronika Franz
Die Hauptfigur von «Ich seh Ich seh» (2014), gespielt von Susanne Wuest, trägt nach einer Operation einen Komplettverband über ihr Gesicht. Für ihr beiden jungen Söhne (Elias und Lukas Schwarz) ist die Wirkung aber jene einer Maske, hinter der sich genauso gut eine Fremde verbergen könnte. Es folgt ein psychologischer Thriller, der äusserst raffiniert behandelt, welche Ängste das komplette Verdecken eines Gesichts auslösen kann. / Nicoletta Steiger
«Mad Max: Fury Road» von George Miller
Nicht umsonst haben Jenny Beavan und Lesley Vanderwalt 2016 für «Mad Max: Fury Road» jeweils einen Oscar für das beste Kostümdesign respektive das beste Make-Up abgeräumt. Bösewicht Immortan Joe wäre nur halb so einprägsam ohne seine überstilisierte Halbmaske. In der postapokalyptischen Wüstenwelt des Films ist Wasser rar und Krankheiten weit verbreitet. Immortan Joe kann sich, als Diktator und Herrscher einer Wasserquelle, aber eine auf ihn zugeschneiderte Atemmaske leisten. Der genaue Zweck der Maske wird nie erläutert, aber zusammen mit der Schauspielleistung von Hugh Keays-Byrne sieht sie auf jeden Fall abgedreht bösartig aus. / Nicoletta Steiger
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Titelbild aus «Mad Max: Fury Road» © 2015 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved.
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